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Tannhäuser-Erstschrift ersteigert: Wichtiges Wagner-Manuskript jetzt „zuhause in Bayreuth“
Siebzehn Seiten Musikgeschichte unter Glas: Richard Wagners früheste „Tannhäuser“-Fassung ergänzt nun die Sammlung im Bayreuther Nationalarchiv und ist nun endlich für die Öffentlichkeit zugänglich.
Auf einem Samtkissen in einer Glasvitrine im Haus Wahnfried liegt sie: Richard Wagners Erstschrift des Librettos zum Tannhäuser, Ursprungstitel „Der Venusberg“. Mit kleiner, sauberer Handschrift geschrieben. „Die wichtigste in den letzten 20 Jahren auf den Markt gelangte Handschrift Richard Wagners“, sagte Oberbürgermeister Thomas Ebersberger in seiner Rede bei der feierlichen Präsentation.
Am 22. Mai 2025, dem 212. Geburtstag Richard Wagners, wurde die Handschrift erstmals öffentlich im Haus Wahnfried vorgestellt.
Mit zitterndem Finger ersteigert
Museumsleiter Sven Friedrich hat das bis 1996 verschollene Manuskript im Dezember 2024 bei Christie’s für rund 95.000 britische Pfund für die Richard-Wagner-Stiftung ersteigert. Mit über der Enter-Taste zitterndem Finger habe er bei der Online-Ersteigerung vor dem Computer gesessen, so Friedrich.
Mit Aufgeld und Steuern ergibt sich ein Preis von 140.000 Euro. Finanziell unterstützt wurde der Ankauf von der Kulturstiftung der Länder und der Oberfrankenstiftung zu je einem Drittel. „Es gibt gar keine Zweifel, wohin diese Handschrift gehört: nach Bayreuth“, sagte Regierungspräsident Florian Luderschmid.
Ein Geschenk an einen Freund – und die Forschung
Das Dokument umfasst 17 Seiten auf zehn Doppelblättern, inklusive Originalumschlag und zahlreicher handschriftlicher Korrekturen, Streichungen und Ergänzungen – eine „Urschicht der Dichtung“, wie Sven Friedrich in seiner Rede erklärte.
Dank Wagners genauer Datierungen könne die Entstehungszeit des Librettos damit exakt bestimmt werden: vom 29. Januar bis zum 22. März 1843. Im Gegensatz zur Reinschrift, die bereits im Bayreuther Archiv liegt, unterscheidet sich dieses frühe Manuskript deutlich in Regieanweisungen, Szenenaufteilung und Textinhalten. Besonders bemerkenswert: Auf dem unteren Deckblatt findet sich eine frühe Fassung des berühmten „Gesangs der älteren Pilger“ sowie eine Widmung an den Zürcher Musiker Wilhelm Baumgartner, dem Wagner das Manuskript zum Neujahr 1852 schenkte.
Manuskript galt als verschollen
140.000 Euro für ein Wagner-Manuskript: „Für so ein Dokument eigentlich ein Schnäppchen“, sagte Sven Friedrich. Die Frage nach der Rechtfertigung für einen Kauf mit einer solchen Summe, sei aber natürlich berechtigt:
„Wir sind kein Krankenhaus, retten keine Menschenleben. Aber wir haben als öffentliche Sammlung und als Archiv einen Auftrag: Es ist wichtig, dass dieses Manuskript Öffentlichkeit und Forschung zur Verfügung steht und nicht irgendwo in einem Tresor verschwindet.“
Das Autograph galt bis 1996 als verschollen und wurde damals bei Sotheby’s versteigert, bevor es in die Sammlung des Stuttgarter Kunstsammlers Helmut Nanz gelangte. Nach dessen Tod kam es nun erneut auf den Markt. „Nun ist das Manuskript endlich bei uns in Bayreuth, zuhause sozusagen“, sagte Sven Friedrich.