Zuletzt aktualisiert am

Unter vier Augen

Unter vier Augen mit Florian Wiedemann: Der Landrat über Vermächtnisse und Lektionen aus dem Sport

In unserer Reihe „Unter vier Augen“ treffen wir Menschen aus Bayreuth, die die Öffentlichkeit meist nur über ihren Beruf kennt. In diesem Fall: Landrat Florian Wiedemann. Wir wollen ihn kennenlernen – unter vier Augen verrät er was ihn motiviert, woran er sich gern erinnert und was er frühstückt.

Florian Wiedemann ist seit dem Jahr 2020 Landrat des Landkreises Bayreuth. Zuvor war er Berufsschullehrer für BWL, Sozialkunde, Deutsch und Sport. Vor allem letzteres kommt beim unter vier Augen-Gespräch in seinem Zuhause in Muthmannsreuth immer wieder zur Sprache.

Was machst du morgens als Erstes?

Das ist immer gleich. Rasieren, Zähneputzen, duschen und dann gibt’s Müsli mit Obst und Milch und einen Tee dazu. Und dann lese ich Zeitung.

Und was machst du, wenn du mal schlechte Laune hast?

Wenn ich mal einen schlechten Tag habe, dann hilft mir Musik. Ich habe da gar keine spezielle Vorliebe, aber dann starte ich etwas anders in den Tag. Und eine Dusche hilft auch. 

Sind dir Rituale wichtig?

Ja. Das ist etwas, was man im Sport lernt. Da gibt’s ja so Mythen von Sportlern, die eine bestimmte Linie betreten, wenn sie auf den Tennisplatz kommen. Morgens brauche ich schon eine Struktur, aber das ist nicht den ganzen Tag so. Dann geht’s auf die Arbeit und da ist jeder Tag neu. Damit hab ich kein Problem, aber gewisse Rituale brauch ich schon, um meine Topleistung abrufen zu können.

Was ist deine geheime Superkraft?

Eine Superkraft habe ich nicht, aber ich konnte durch den Sport lernen, dass man immer alles geben muss. Dann schafft man auch etwas. Diese Disziplin ist das, was mich auszeichnet. Das ist die Grundvoraussetzung dafür, dass man erfolgreich sein kann. 

Welche Rolle spielt denn der Sport? 

Der Sport war jahrelang ein wahnsinnig wichtiger Teil meines Lebens. Das ist immer noch so, aber auf eine andere Art und Weise. Jetzt verbringe ich meine Freizeit lieber mit meiner Familie.  (Florian Wiedemann hat mit seiner Partnerin Sandra Meister zwei kleine Töchter. „Paw Patrol oder Bibi und Tina?“ Haben wir ihn zum Beispiel in unserem Entweder/Oder-Spiel gefragt, das es als Video auf Instagram zu sehen gibt.)

In meiner Jugend habe ich meine Schulferien auf den Tennisplätzen in Bayern verbracht. Das war das Größte, als ich mal in der bayerischen Meisterschaft mitspielen durfte. Ein Jahr lang war ich im Verein beim TC Postkeller-Weiden. Unter der Woche bin ich nach der Schule zum Training nach Weiden gefahren und danach ins Fitnessstudio. Und am Wochenende hab ich dann im Hotel in Weiden gelebt. Ich hab mich rangepirscht: Wie wäre das, wenn man Profi wäre? Da hat aber doch noch einiges gefehlt und ich bin wieder zurück nach Bayreuth. Aber der Sport hat mich sehr geprägt. Ich habe gemerkt: Wenn man sich gut vorbereitet, dann kann man gute Ergebnisse erzielen. Das hat mir für die Schule geholfen, für’s Studium oder jetzt im Beruf. Wenn ich diese sportliche Erfahrung nicht gemacht hätte, hätte ich diese Resilienz nicht, die man in der Politik braucht. Das ist eine wichtige Erfahrung, zu der ich jedem raten kann. Das stählt ungemein für’s Leben. Wenn man ein paar Spiele verloren hat, muss man sich wieder aufraffen und weitermachen. Das ist mein Motto: never, never give up.

Was ist dein Lieblings-Ort in Bayreuth oder im Landkreis?

Das ist leicht! Weil ich hier in Muthmannsreuth geboren und aufgewachsen bin, ist mein Lieblingsort hier.

Was bedeutet denn Heimat für dich?

Das ist da, wo man sich wohlfühlt und wo man Menschen hat, die man mag und die einen mögen und so nehmen, wie man ist. Da gehört für mich auch unsere Feuerwehr dazu. Die Feuerwehrkameradinnen und -kameraden werden sich jetzt denken: “Jetzt erzählt er wieder von der Feuerwehr, aber bei den Übungen ist er nicht da.” Und das stimmt schon, dass die Übungen aktuell leiden. Ich habe vor vielen Jahren die modulare Truppausbildung gemacht, das war eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Bei den Übungen bin ich „schlampert“, aber was ich mir nicht nehmen lasse, ist die Jahreshauptversammlung, da bin ich auch Schriftführer. Da fällt mir grad ein, ich muss unbedingt das Protokoll schreiben, weil die war dieses Jahr schon. 

Warum ist dir die Feuerwehr so wichtig?

Mein Opa war auch schon Feuerwehrkommandant, deswegen hatte ich da einen Zugang. Es ist mir wichtig, dieses Erbe aufrechtzuerhalten, zu pflegen und weiterzuentwickeln. Das gilt im Privaten wie im Politischen. Ich denke da jetzt zum Beispiel an die Seilbahn am Ochsenkopf. Wenn manche sagen, da haben wir zu viel Geld reingesteckt, dann denke ich: Unsere Vorgänger haben da was aufgebaut! Dafür sollten wir dankbar sein und jetzt ist es an uns, den Ochsenkopf attraktiv zu halten.

Was ist denn deine schönste Kindheitserinnerung?

Da gibt’s ganz viele, aber sie haben in der Regel mit Sport zu tun. Ich durfte viel Zeit bei meiner Oma verbringen, wir haben im selben Haus gewohnt. Ich war früher beim Fußball Torwart und hatte einen Gummiball, den ich gerne an die Wand geworfen habe. Dann bin ich gehechtet und hab geschaut, dass der Ball nicht ins Tor geht. Da bin ich auch mal an den Fernseher gestoßen, sodass er nicht mehr ging. Das wurde mir aber nie übel genommen und ich durfte meine Kindheit da ausleben. Das war sehr wichtig für mich.

Woran glaubst du?

Ich glaube an Gott. Meine Eltern sind beide Religionspädagogen. Ich bin jetzt nicht fromm erzogen worden, aber es ist wichtig, etwas zu haben, woraus man Kraft schöpfen kann. Ich bin dankbar, dass ich als Landrat so viel in Gottesdiensten sein kann. Dafür hätte ich sonst nicht die Muße, aber in dem Fall kann ich meine Arbeit mit etwas verbinden, was mir privat wichtig ist. Auch die Gespräche mit den Pfarrern sind immer schön. Der Gedanke, dass es etwas gibt, was nach dem Leben auf der Erde kommt, gibt mir Kraft. 

Schon gelesen? Wir haben auch mit der Geschäftsführerin der SpVgg Nicole Kalemba und dem Leiter der Stadtwerke Markus Rützel unter vier Augen gesprochen.

Was würdest du deinem 20-jährigen Ich sagen?

Wenn ich zurückschaue, bin ich sehr zufrieden damit, wie mein Leben bisher gelaufen ist. Deswegen würde ich sagen: Leb dein Leben immer fokussiert, hab klare Ziele und versuche, sie zu erreichen. Das habe ich in der Regel hinbekommen und deswegen stehe ich da, wo ich heute stehe.

Worauf freust du dich?

Ich freu mich drauf, dass ich das Leselust-Festival besuchen darf. Die 11 Freunde kommen. Ich lese das Magazin leider viel zu selten, aber ich freue mich darauf, mit Sandra hinzugehen und einfach mal wieder etwas zum Thema Fußball zu hören, und zwar ganz ungezwungen als Privatperson. 

Weil wir viel über Sport gesprochen haben: Was heißt es, als Landrat zu gewinnen?

Ich selber kann eigentlich nicht gewinnen. Ich bin ja kein US-Präsident, der Dekrete schreiben kann, ich brauche immer meinen Kreistag. Wir haben im Landkreis verschiedene Ziele. Wir als Landkreis sind immer in der Zwickmühle, bei allem, was wir tun. Denn: wir haben keine eigenen Einnahmen. Wir kriegen zwar Schlüsselzuweisungen vom Freistaat Bayern, aber darüber hinaus haben wir nicht viel. Unsere Haupteinnahmen bekommen wir über die Kreisumlagen von unseren Gemeinden.

Ich möchte erreichen, dass wir gut ausgestattete Schulen haben. Außerdem machen wir gerade viel an den Straßen. Da holen wir aktuell nach, was in der Vergangenheit nicht möglich war, das ist überhaupt kein Vorwurf. Das Grundziel ist, dass wir eine gute Basis-Infrastruktur für die Bürgerinnen und Bürger haben. Natürlich schauen wir, dass wir uns auch touristisch weiterentwickeln. Ein letztes wichtiges Projekt ist das RIZ. Da halte ich es für ganz wichtig, dass wir bei der unsicheren wirtschaftlichen Lage ein Zeichen gesetzt haben, dass wir hinter der Wirtschaft stehen.

Wenn es um dein Amt als Landrat geht: Warum wolltest du das eigentlich machen? 

In der Schule, ich war am GCE in Bayreuth, hatte ich immer Lehrer, die uns dazu angehalten haben, Dinge zu hinterfragen und uns Lust auf die Politik gemacht haben. Ich hab mich dann mit den Parteien beschäftigt und geschaut, was am besten zu mir passt. Mein Ziel war, für die Menschen da zu sein und für sie etwas besser zu machen. Ein bisschen was Egoistisches ist da aber auch dabei: Ich möchte nicht, dass nur andere über mich entscheiden, sondern ich möchte selbst mitgestalten. Ich hatte das große Glück, dass ich gewählt worden bin und jetzt mit gesundem Menschenverstand etwas für die Bürgerinnen und Bürger erreichen kann. Wenn etwas gelingt, gibt mir das Kraft für neue Projekte. Eine Schule, eine Therme einzuweihen versorgt mich mit dem nötigen Feedback, ich höre dann: „Das habt ihr gut gemacht“ oder „Das müsste anders werden“ und dann versuche ich, das umzusetzen.

Mitgestalten heißt Verantwortung und die kann ja auch belastend sein. Wie erlebst du das?

Das ist eine riesige Verantwortung, die man trägt. Das ist nicht immer ganz leicht, damit zurechtzukommen. Es ist nicht so, dass ich mich jeden Tag freue, weil es überragend gelaufen ist. Das ist eher die Ausnahme. Es gibt eigentlich an jedem Tag im Landratsleben mindestens eine Sache, die mich richtig bewegt und beschäftigt und dann muss ich die richtige Entscheidung treffen. Was eine richtige Entscheidung ist, ist ganz ganz schwierig abzuwägen. Da höre ich mir meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an, da höre ich mir die juristischen Ausführungen des Geschäftsbereichsleiters an, aber am Ende muss ich entscheiden. Das ist eine große Verantwortung, die ich auch mit nach Hause nehme, aber ich bin bereit, mich dieser Verantwortung zu stellen. Es braucht Menschen, die das tun. Ich bin einer davon und ich möchte es auch weiter sein.

Mehr über Florian Wiedemanns Start als Landrat und seinen Arbeitsalltag gibt es hier auf YouTube nachzuhören: