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Unter vier Augen

Unter vier Augen mit Nicole Kalemba: Die Geschäftsführerin der SpVgg über Ehrgeiz und blöde Sprüche

In unserer Reihe „Unter vier Augen“ treffen wir Menschen aus Bayreuth, die die Öffentlichkeit meist nur über ihren Beruf kennt. Wir wollen mehr wissen. Bei Gesprächen unter vier Augen teilen Menschen Persönliches: Wünsche, Gewohnheiten, Dinge, die sie freuen und über die sie nachdenken.

Nicole Kalemba ist seit diesem Sommer Geschäftsführerin der Spielvereinigung Bayreuth. Gleichzeitig arbeitet sie in einem Ingolstädter Konzern als Führungskraft. Eine echte „Tausendsassarin“ und die offenbar einzige Frau als Geschäftsführerin eines deutschen Fußballclubs. Wir haben „unter vier Augen“ mit ihr gesprochen: Über ihre Arbeit, den Alltag und die Rolle, die der Sport spielt.

Was machst Du morgens als Erstes?

Ich trink zuerst meinen Kaffee. Einen großen schwarzen Kaffee ohne Milch und Zucker. Einfach pur. Mein Handy hab ich nachts im Flugmodus. Das mach ich erst später an.

Sind Dir Rituale wichtig?

Früher schon, im Sport – ich hab ja in Spanien erste Liga gespielt. Da waren mir Rituale schon wichtig. Wenn ich mich konzentriert habe, war es mir wichtig bestimmte Dinge immer gleich zu machen. Es gibt schon heute auch Momente, in denen mir Rituale wichtig sind, aber nicht mehr so wie früher.

Sport spielt ja immer noch eine große Rolle in Deinem Leben…

Ja, absolut. Ich hab aktuell natürlich weniger Zeit dafür, aber ich hab zum Beispiel mein Spinning-Bike im Keller. An meinem höhenverstellbaren Schreibtisch ist auch ein Laufband, das kann ich total empfehlen, das ist super. Man steht früh auf und setzt sich nicht gleich wieder hin. Da geht das Gehen nebenbei und man merkt gar nicht, wie die Zeit vergeht und wie lange man dann plötzlich gelaufen ist.

Aber ja: Der Sport hat immer eine große Rolle in meinem Leben gespielt. Ich glaube auch, dass ich wegen des Sports so bin wie ich bin. Ich bin ein Team-Player und ich bin immer positiv und schau nach vorne. Das ist auch in meiner Arbeit so.

Schon gesehen? Nicole Kalemba hat an unserer Schnellfrage-Runde teilgenommen. Abgrenzen oder Anpassen? Sie hat sich für Anpassen entschieden – weil sie sich gerne ins Team einordnet. Das ganze Video mit der Schnellfragerunde ist hier zu sehen.

Was machst Du, wenn Du schlechte Laune hast?

Dann hör ich gerne Musik und mach auch gerne Musik oder ich beweg mich. Sport tut immer gut. Oder wenn ich Lust habe zu reden, dann ruf ich Familie oder Freunde an. Wobei es nicht oft vorkommt, dass ich schlechte Laune hab.

Das glauben wir sofort. Du strahlst ja richtig. Fällt es dir leicht, andere mit Deiner positiven Art anzustecken?

Ich denke schon. Es gibt so viele negative Dinge im Leben: Krankheiten, Krebs und andere Dinge, warum Menschen es nicht so leicht haben. Da versuch ich positiv zu sein.

Ist das auch Deine geheime Superkraft?

Ich denk schon, dass das ein Teil davon ist. Ich bin auch ein sehr empathischer Mensch. Die Menschen öffnen sich mir gegenüber schnell. Leider kann ich nicht fliegen. Wie Stadtwerke-Chef Markus Rützel diese Frage beantwortet hat, lesen Sie hier.

Wäre das die Superkraft, die Du wählen würdest?

Ja, ich glaube schon. Ich fliege eh gerne und hätte ich das Geld, würde ich einen Pilotenschein machen. Also ja: Fliegen wär schön. Die Vogelperspektive ist manchmal ganz gut: Das große Ganze sehen.

Was ist Dein Lieblingsort in Bayreuth?

Das Stadion ist schon ein toller Ort. Hier fühl ich mich sehr wohl. Ich war ja viele Jahre nicht in Bayreuth. Und das Landesgartenschaugelände ist schön, ich bin gerne in der Natur unterwegs. Ich bin auch gerne in der Innenstadt oder am Opernhaus. Wenn ich da vorbeilaufe, denk ich mir manchmal: Es ist schön, dass wir das haben. Ich hab ja mein Abi auch am Markgräfin Wilhelmine-Gymnasium gemacht und bin musikaffin. Und natürlich: Es gibt auch schöne Restaurants mit tollem Bier in Bayreuth.

Was bedeutet Heimat für Dich?

Bayreuth ist meine Heimat, Barcelona ist auch meine Heimat geworden. Ich fühle mich hier und dort angekommen, kann mich fallen lassen, genießen. Heimat ist was ganz Großes: da wo Freunde und Familie sind.

Woran glaubst Du?

Ich würde gerne sagen: „An das Gute im Menschen“, aber bei vielen Menschen muss man schon lange suchen, bis man was Gutes findet (lacht).

(Sie überlegt lange) Ich glaube, dass fast alles im Leben einen Sinn hat. Auch wenn mal was Schlechtes passiert, dann glaub ich trotzdem, dass man was rausziehen kann, was einem weiterhilft. Und auch, dass es aus einem Grund passiert. Ich glaube also ans Schicksal.

Was würdest Du Deinem 18-jährigen Ich sagen?

„Genieß das Leben ein bisschen mehr!“ Ich war immer sehr ehrgeizig und sehr verantwortungsbewusst. Ich hab mich schon früh um viele Dinge gekümmert, um die ich mich in dem Alter vielleicht nicht hätte kümmern müssen. Deshalb würde ich meinem jüngeren Ich raten es leichter zu nehmen. Aber wer weiß: Alles passiert aus einem Grund.

Was ist Deine schönste Kindheitserinnerung?

Das ist schwer, weil es wirklich viele gibt. Viele kleine Momente. Ich würde sagen: Mein erster Stadionbesuch im Olympiastadion in München. Da war ich sieben Jahre. Bayern hat gegen Schalke gespielt und 4:1 gewonnen. Das weiß ich noch. Wir waren mit Freunden unterwegs und ich war schon vorher ganz aufgeregt das live zu erleben, was ich vorher nur aus dem Fernsehen kannte. Ich war ja von klein auf fußballverrückt. Ich bin mit einem fünf Jahre älteren Bruder aufgewachsen, der mich quasi zum Fußballspielen genötigt hat.

Warum Fußball?

Das hat eben viel mit meinem Bruder zu tun. Ich konnte noch gar nicht richtig laufen und er hat mich ins Tor gesetzt und geschossen. Meine Mama war nicht begeistert, aber ich hab gelacht und dann hat sie uns gelassen. Mich fasziniert Sport allgemein. Nicht nur Fußball. Ich hab auch Feldhockey gespielt und Tennis; auch Pádel in Spanien, in der Liga. Skifahren und Wasserski mag ich auch. Aber der Fußball ist einfach was besonderes: Das sind so viele Emotionen. Strategie und strategisches Denken – das mag ich. Genauso wie die Tatsache, dass es ein Teamsport ist. Ich bin auch gerne mal allein, aber im Team ist ein Erfolg einfach noch viel schöner.

Warum ist Fußball so eine Männerdomäne?

Das ist historisch einfach so. Nicht nur im Fußball, sondern auch im Handball und im Basketball. Es ändert sich ja langsam, aber ich finde auch, man muss das nicht erzwingen. Ich seh das vielleicht ein bisschen entspannter als andere Frauen. Ich werde oft gefragt, wie es ist, als Frau in einer Männerdomäne zu arbeiten. Mir ist das völlig egal, ob ich jetzt eine Frau oder ein Mann bin. Ich liebe meinen Job und das, was ich hier mache und ich denke, ich mach es gut. Die Leute akzeptieren mich.

Wäre es Dir lieber, Geschlecht wäre gar nicht so  ein Thema?

Klar. Aber das ist nicht nur im Fußball so. Auch in Unternehmen. Je höher es geht, desto mehr Männer sind da. Das ist einfach unsere Gesellschaft. In Spanien war das noch viel krasser.

Ich mach da nicht so ein Thema draus. Ich nehm mir das nicht so zu Herzen. Natürlich kommt auch hier mal ein blöder Spruch. Aber dann mach ich einen noch blöderen Spruch zurück und dann ist wieder Ruhe. Ironie oder Humor hilft meistens.

Ist es ein Vorteil oder ein Nachteil eine Frau zu sein?

Für mich ist es ein Vorteil. Wir Frauen haben mehr emotionale Intelligenz. Männer sind impulsiver. Ich weiß, dass es viele Skeptiker gab, als ich hier angefangen habe. Ich glaube, ich hab die Menschen mit meiner ruhigen Art und mit guter Laune überzeugt.

Was magst Du an der Spielvereinigung?

Wir haben hier in Bayreuth ein großes Potenzial und ein überragendes Wir-Gefühl. Deshalb bin ich gerne hier.

Worauf freust Du Dich gerade?

Auf Weihnachten. Wenn ich mein Telefon in die Ecke legen kann und ein paar ruhige Tage mit der Familie habe. Ich habe ein paar herausfordernde Monate hinter mir, da tun ein paar freie Tage gut.