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Stadtwerke Bayreuth

„Windräder abreißen? Blanker Unsinn!“ – Stadtwerke-Chef Rützel zur Energiewende

Während im Wahlkampf viel über Migration gestritten wird, gibt es auch in Sachen Energie und Mobilität brennende Fragen. Stadtwerke-Chef Markus Rützel spricht über Atomkraft, Windenergie, Wasserstoff und das Deutschland-Ticket – und erklärt, warum er Technologieoffenheit kritisch sieht.

Das Thema Migration scheint den Wahlkampf zu dominieren. Dabei gäbe es bei den Themen Energie- und Mobilitätswende angesichts des Klimawandels auch einiges zu diskutieren. Wie blickt man eigentlich in Bayreuth auf diese Themen? Stadtwerke-Chef Markus Rützel bezieht Stellung. Mehr Informationen zur Bundestagswahl gibt es hier.

Wenig überraschend: Kein Kernkraftwerk für Bayreuth

Beim Thema Atomkraft ist die Antwort für Rützel klar. „Ein Revival der Kernenergie auf Dauer oder auf Zeit kann es nicht geben. Ein Kernkraftwerk ist eben nicht wie ein Auto, das man nach 20 Jahren in der Scheune mal eben so wieder zum Laufen bringt.“ Außerdem sei der Bau neuer Kraftwerke enorm teuer, die Endlager-Frage nach wie vor ungelöst. Ein Kernkraftwerk in Bayreuth kann sich Rützel, wie wohl die meisten in Bayreuth, nicht vorstellen.

Netzentgelte reduzieren: Sinnvoll, so Rützel

Alle Parteien wollen die Netzentgelte, also sozusagen die Maut für die Nutzung der Stromautobahnen der Netzbetreiber, reduzieren. Die Stromkosten zu senken, sieht Rützel grundsätzlich als Schub für die Verkehrs- und Wärmewende. „Jeder wird sich genau durchrechnen, wieviel Strom das E-Auto verbraucht und wie die Kosten im Vergleich zum Verbrenner ausfallen“, so Rützel. Von den Stromnetzbetreibern sollen die Mittel dafür aber nicht kommen, wie es zum Beispiel die Linke fordert. Sollte es nicht mehr refinanzierbar sein, erneuerbare Anlagen ins Netz einzubringen, werde das die Energiewende hemmen, so Rützel. 

„Windräder niederzureißen ist blanker Unsinn!“

Die Abkehr von Windenergie, wie ihn beispielsweise die AfD will, findet Rützel nicht sinnvoll. „Würde man alle Windkraftanlagen abschalten, würden in Deutschland rund 140 Terrawattstunden Strom fehlen“, so Rützel. „Das wären über 26 Prozent des gesamten Stroms, in etwa so viel wie die Kernenergie zu ihren Höchstzeiten in Deutschland je erreicht hat. Windräder niederreißen und Kernkraft aufzubauen ist daher blanker Unsinn.“

Differenziert betrachten: Technologieoffenheit und grüner Wasserstoff

Auch das Thema Technologieoffenheit sieht Rützel kritisch. „Technologieoffenheit ist in erster Linie eines: teuer! Eine Tankstelle, die Benzin, Diesel, Super, HVO100, Biomethan, Strom, Wasserstoff, E-Fuels oder ähnliches anbietet, kann nicht günstiger sein als eine Ladesäule.“ Entscheidet sich eine Straßenseite für Wasserstoff in der Wärmeenergieversorgung, die andere für Erdgas, müssten zwei Leitungen verlegt werden. Doppelte Infrastrukturmaßnahmen seien aber schwer finanzierbar. 

Ein weiterer Vorschlag, der zunächst besser klingt als er ist, ist für Rützel grüner Wasserstoff. Diesen mithilfe von Überschussstrom aus Wind- und Photovoltaikanlagen zu erzeugen, klinge zunächst verlockend. Allerdings arbeite eine Elektrolyseur am liebsten gleichmäßig. Wichtig sei, dass der Wasserstoff auch in Bayreuth ankomme. Nach den aktuellen Planungen des Wasserstoffkernnetzes sei das noch nicht der Fall, die nächstgelegene Stadt ist Wunsiedel. „Damit schauen Städte wie Bayreuth, aber auch Coburg, Bamberg, Schweinfurt und Würzburg in die Röhre“, sagt Markus Rützel.

Mehr Planbarkeit für das Deutschland-Ticket

Überzeugt ist Markus Rützel allerdings vom Deutschland-Ticket. „Einfach in jeden Bus, jede Tram und jede U-Bahn einsteigen zu können, ist genial. Das ganze Konstrukt aus Ringen, Wagen oder Zonen ist damit hinfällig. Einfachheit ist Trumpf!“, so Rützel. Dass der Kaufpreis immer wieder neu verhandelt werde, erschwere den Nutzern aber den kompletten Umstieg auf den ÖPNV. Mehr Planbarkeit wünscht er sich auch für die Verkehrsbetriebe. Es sei noch längst nicht klar, ob die Ausgleichszahlungen die Einnahmeausfälle bei den restlichen Ticketverkäufen auffangen. Mehr zum Nahverkehrskonzept der Stadt Bayreuth gibt es übrigens hier, mehr zur Barrierefreiheit der Haltestellen hier.