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Geschichten aus Bayreuth

Casanova und seine Bayreuther Tochter

von Stephan Müller

Giacomo Girolamo Casanova, geboren am 2. April 1725, ist bis heute ein Synonym für Abenteuer, Verführung und literarisches Talent. Anlässlich seines 300. Geburtstags rückt eine weniger bekannte Facette seines Lebens in den Fokus: seine nachweisliche Vaterschaft einer Tochter in Bayreuth. Diese überraschende Enthüllung, festgehalten in seinen Memoiren, wirft ein neues Licht auf den berüchtigten Herzensbrecher.

Die Enthüllung in Casanovas Memoiren: Sophie, die Bayreutherin

In seinen Memoiren schildert Casanova die Begegnung mit Teresa Imer, die ihm offenbart, dass die kleine Sophie seine Tochter sei. Der Taufschein und die frappierende Ähnlichkeit lassen Casanova keinen Zweifel an seiner Vaterschaft. Er übernimmt bereitwillig die Vaterrolle und sorgt für Sophies Erziehung.

„Sophie, so hieß die Kleine, schlief bis zum Morgen fest in meinem Bette; ihre Mutter sparte den besten Bissen ihrer langen Geschichte bis zum Schluß auf: sie sagte mir, Sophie sei meine Tochter, und zeigte mir ihren Taufschein.“

Teresa Imer: Eine gefeierte Künstlerin am Bayreuther Musenhof

Teresa Imer, eine talentierte Tänzerin und Sängerin aus Venedig, war ab 1750 ein Star am Hof der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth. Ihr Auftritt in der Uraufführung von „L’Huomo“ im Markgräflichen Opernhaus, in Anwesenheit von Friedrich dem Großen, zeugt von ihrem künstlerischen Rang.

Eine stürmische Jugendliebe in Venedig

Die Beziehung zwischen Casanova und Teresa Imer begann bereits in ihrer Jugend in Venedig. Eine leidenschaftliche, aber auch turbulente Affäre, die durch einen eifersüchtigen Senator jäh unterbrochen wurde.

Vom Musenhof zur Mätresse: Teresas Leben in Bayreuth

Teresa Imers Weg führte sie über Wien, London und andere europäische Städte wo sie heiratet und sich wieder scheiden lässt nach Bayreuth, wo sie zur Mätresse des Markgrafen wurde. Eine Wendung, die Casanova in seinen Memoiren festhält.

Eine kurze, aber folgenreiche Begegnung in Venedig

Ein kurzes Wiedersehen in Venedig im Jahr 1753 führte zur Geburt von Sophie in Bayreuth. Casanova bekennt sich zu seiner Tochter, verliert den Kontakt zu ihr aber weitestgehend wieder.

„Wir hatten uns zu Beginn des Himmelfahrts-Jahrmarkts 1753 geliebt, und Sophie war in Bayreuth am letzten Tag des Jahres zur Welt gekommen.“

Ein Leben zwischen Theater und Schulden: Teresas wechselhaftes Schicksal

Casanova zufolge kehrte Teresa nach Bayreuth zurück, wo er sie entgegen seinem Versprechen nicht besuchte. Wann Teresa Pompeati Wilhelmines Hof verließ ist unbekannt. Im Jahr 1755 wird sie zumindest noch in einem Bayreuther Adressbuch geführt.

Nach einem Aufenthalt in Paris eröffnete sie ab 1756 zwei Theater in Antwerpen und Gent. In den Niederlanden begegnete ihr um 1759 Casanova wieder. In finanziellen Nöten gestand sie ihm die Vaterschaft von Sophie. Casanova ließ sich jedoch dazu überreden, ihren Sohn Giuseppe wegen einer besseren Erziehung mit nach Paris zu nehmen.

Am Ende sind beide verarmt

In Amsterdam heiratet Teresa den Kaufmann Jan Rijgerboos Cornely. Als Teresa Cornelys eröffnet sie im Herbst 1760 in London das „Carlisle House“ am Soho Square. Dort gibt sie große Gesellschaften und Konzerte mit bekannten Künstlern. Als ihr Casanova am 13. Juni 1763 ihren Sohn zurückbrachte, fand er Terese, die sich mit den anderen Londoner Theaterbetrieben angelegt hatte, aufgrund ihrer hohen Schulden in Hausarrest vor. Finanziell erholte sie sich bis zu ihrem Tod nicht mehr. Sie starb am 19. August 1797 zurückgezogen und verarmt als „Mrs Smith“.

Nur wenige Monate später starb Casanova im Alter von 73 Jahren am 4. Juni 1798 ebenfalls verarmt, einsam und wegen einer Prostata-Erkrankung unter starken Krämpfen leidend, im böhmischen Schloss Dux.

Casanovas Erbe: Zwischen Liebe, Lust und literarischem Ruhm

Casanova, der Verführer und Schriftsteller, hinterließ ein Erbe, das bis heute fasziniert. Seine Memoiren, ein Spiegelbild des 18. Jahrhunderts, zeugen von einem Leben voller Leidenschaft und Abenteuer. Beinahe 150 Frauen – die genaue Zahl wird er wohl selbst nicht gewusst haben – hat der Venezianer, der später als Schriftsteller und französischer Geheimdiplomat in ganz Europa unterwegs war, in seinem Leben verführt. Sein Name, Casanova, steht nach wie vor für Liebe, Lust und Leidenschaft. Er war kein billiger Aufreißer, also kein Don Juan. Casanova war nie verheiratet, er hatte eine unbestimmte Zahl eigener Kinder, von denen er nur teilweise etwas erfuhr. Von Sophie, seiner Bayreuther Tochter, wusste er.

Casanovas kulinarische Vorlieben: Mehr als nur ein Frauenheld

Casanova war ein Genussmensch, der nicht nur die Liebe, sondern auch gutes Essen zu schätzen wusste. Seine Memoiren enthalten sogar Rezepte, wie die für Spinatgnocchi in Gorgonzolasauce.

Stephan Müller

Stephan Müller

Stephan Müller ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.