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Bundestagskandidaten

Bundestagswahl 2025 – Kandidatin Inken Bößert (Bündnis 90/Die Grünen) im Interview

Die Bundestagswahl am 23. Februar 2025 rückt näher. In unserer Interviewreihe mit den Bayreuther Kandidatinnen und Kandidaten spricht Inken Bößert heute über Veränderungen, Migration und grüne Politik. 

Im Gespräch mit Inken Bößert, die für die Grünen in den Deutschen Bundestag einziehen will, geht es um zentrale Herausforderungen unserer Gesellschaft und die Frage, wie diese angegangen werden können. Inken Bößert sieht Veränderungen positiv und vertraut auf Innovation und den Input kluger Köpfe. Natürlich haben wir außerdem über Klimaschutz, Inflation, Migration und Kommunikation in der Politik gesprochen.

Schon gesehen? Hier sind Interviews und weitere Inhalte aller Kandidaten zur Bundestagswahl 2025 aus Bayreuth.

Veränderungen positiv bewerten

bt: Gerade haben wir Sie im Video gefragt, was die größten Probleme in unserem Land sind. Sie haben gesagt: Fehlendes Vertrauen und fehlender Mut. Wie kann man diese Probleme lösen?

Inken Bößert: Vieles kann durch das Zusammenleben und Offenheit in der Kommunikation gelöst werden. Wir leben in einer Zeit, in der sich Werte ganz stark verändern und wo auch oft der Halt fehlt. Lösungen aus der Vergangenheit funktionieren nicht mehr. Das ist aber auch nicht schlimm, weil wir uns gesellschaftlich schon immer verändert haben. Gerade fehlt aber, glaube ich, der Mut zur Veränderung und wir suchen noch zu oft nach Lösungen aus der Vergangenheit.

Das ganze Leben ist eine ständige Veränderung.

Wir kommen auf eine neue Schule, zack, Veränderung. Wir verlieben uns, zack, Veränderung. Wir fangen einen neuen Job an, zack, Veränderung. Und das schaffen wir ja auch. Wir müssen uns gesellschaftlich von alten Dingen lösen, um die Zukunft gestalten zu können.

bt: Verstehe, das ist ja aber noch ziemlich abstrakt. Was ist denn Ihre konkrete Strategie, zum Beispiel beim Umweltschutz?

Inken Bößert: Ich finde, dass unsere Wirtschaft die Chance nutzen muss, in der Zukunftsgestaltung wieder führend zu werden. Robert Habeck hat 2019 gesagt: “VW hat ein Problem, wenn es nicht ein bezahlbares E-Auto macht.” Ja, VW hat ein Problem. Gut, das ist jetzt nicht die einzige Ursache für das Problem, aber es trägt doch dazu bei. Wir haben kluge Köpfe, wir haben gute Technologien und sollten auf Märkte setzen, die vielleicht erst morgen entstehen werden oder die heute erst klein sind, aber von denen wir wissen: Das sind Wachstumsmärkte. Um das Klimaproblem zu lösen, brauchen wir neue Formate, wir brauchen neue Batterien, wir brauchen Innovation. Und ich vertraue unseren klugen Köpfen im Land. Wir können das schaffen.

Inflation

bt: Wie ist es bei anderen Problemen, wie der Inflation zum Beispiel?

Inken Bößert: Wir müssen uns die Frage stellen: Was macht das Leben eigentlich teuer? Ich glaube, hier müssen wir ansetzen, als das an einer Zahl festzumachen. Wir müssen uns fragen: Wo können wir strukturell eingreifen, um das Leben bezahlbar zu machen? Bei der klimaneutralen Energie durch Sonne und Wind haben wir jetzt die Technik. (Anmerkung der Redaktion: Wirtschaftsweise Veronika Grimm dazu: Die Ressourcen Wind und Sonne sind kostenlos, die Kosten für die erforderliche Technik gleichen diesen Vorteil allerdings oft aus). Eine Menge haben wir schon getan, jetzt können wir es auch günstiger machen. Das ist etwas, was sich tatsächlich im Geldbeutel auszahlen wird.

Migration und Asyl

bt: Wie ist es bei einem Thema wie Migration?

Inken Bößert: Wir müssen stark unterscheiden zwischen den Leuten, denen wir Asyl geben müssen, weil sie uns brauchen, und zwischen denen, die wir brauchen. Diese Unterscheidung machen wir im Moment sehr wenig, das sind aber zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. Wir sind ja auch teilweise Mitverursacher von Problemen in anderen Ländern, auch wenn uns das nicht immer ganz bewusst ist. Aber selbst wenn das nicht so wäre, ist es ein Gebot der Menschlichkeit, Menschen in Not aufzunehmen und zu integrieren. Integration ist eine Notwendigkeit der Gesellschaft und sie funktioniert über Sprache. Damit meine ich nicht Sprachkurse, sondern ein Lernen vor Ort im Land, im Alltag, wo man sich miteinander unterhält. Wir müssen Begegnungsstätten schaffen, wo wir in Kontakt kommen. Es gibt Menschen, die hier bleiben werden, und das ist gut so. Und es gibt Menschen, die wieder in ihre Heimatländer zurückgehen wollen.

bt: Gibt es etwas, wovor Sie Angst haben?

Inken Bößert: Ich hätte Angst, wenn eines meiner Kinder rechtsradikal werden würde. Das wäre für mich das Schlimmste. Vor so einer Entwicklung habe ich auch für unsere Gesellschaft Angst.

bt: Viele Menschen sind von Politikern genervt. Können Sie das verstehen? Woran liegt das und wie lässt sich das ändern?

Inken Bößert: Ganz ehrlich:

Ich bin ja auch von Politikern genervt. Es nervt mich, wenn Politiker in abgedroschenen Bausteinen sprechen, von denen man weiß, dass sie relativ gehaltlos sind. Und es nervt mich, wenn mit Emotionen gespielt wird, statt Fakten darzulegen.

Ich bin genervt, wenn es vorher heißt: Mit der oder der Partei auf gar keinen Fall und dann kommt es doch anders. Also, ich kann es verstehen, wenn Menschen genervt sind.

Innovation für Bayreuth

bt: Vom Bund fließt viel Geld ja auch nach Bayreuth. Wo würden Sie sich da noch mehr wünschen?

Inken Bößert: BayBatt! BayBatt soll intensiv gefördert werden, damit wir in der Batterieindustrie richtig vorwärts gehen können mit dem ganzen Know-how, das schon da ist. (Anmerkung der Redaktion: Die Förderung für das Bayerische Zentrum für Batterietechnik (BayBatt) an der Uni Bayreuth läuft 2025 aus.) Es ist wirklich schade: Erst kommen so viele Forschungsgelder, es wird etwas aufgebaut und Know How gesammelt und dann wird gekürzt. Diese Unsicherheiten machen die Leute nervös. Ich finde, es sollte einer Regierung egal sein, wer ein Projekt angestoßen hat. Wenn es gut ist, sollte es weiter gefördert werden. Das gibt Sicherheit.

bt: Was haben denn die Grünen in der letzten Regierung falsch gemacht?

Fehler der Grünen

Inken Bößert: Sie haben so viel richtig gemacht… Ich finde es immer schwierig zu sagen, was wir falsch gemacht haben, weil die Regierung nun mal so aufgestellt war, wie sie gewählt worden ist. Man muss unter den Bedingungen, die da sind, das Bestmögliche daraus machen und ich finde, da haben sie einen guten Job gemacht.

Was die Grünen falsch gemacht haben, wenn man das so nennen möchte, ist, dass sie nicht immer rausposaunt haben, was sie jetzt wieder Tolles umgesetzt haben. Manche machen viel kleinere Dinge und posaunen das raus, als hätten sie gerade das Fahrrad neu erfunden. Bei uns gibt es eher die Ansicht: Das ist unser Job, Dinge umzusetzen.

bt: Das haben die Grünen ja schon häufig selbstkritisch erkannt, dass sie nicht gut genug kommunizieren. Sie haben also nicht gut genug erklärt?

Inken Bößert: Es geht mir eher um ein Sichtbarmachen als ums Erklären. Ein Beispiel wäre das Deutschland-Ticket. Das ist eine Erfolgsgeschichte und muss weitergeführt werden. Das hat so viele positive Effekte. Da müsste man sagen: “Wir haben das erfunden und mit durchgesetzt. Wenn Ihr das weiter haben wollt, dann müsst Ihr die Grünen wählen.”

Frage einer anderen Kandidatin

bt: Jetzt hätten wir noch eine Frage von einer anderen Kandidatin: “Wie bewerten Sie zum jetzigen Zeitpunkt das Heizungsgesetz?”

Inken Bößert: Das Thema Heizungsgesetz hat so viele Ebenen. Weil wir eben von Kommunikation gesprochen haben: Auf einer Ebene stellt sich für mich die Frage: Wie arbeitet man in der Politik zusammen? Das hat mit Vertrauen zu tun.
Wenn Projekte noch in Arbeit sind und noch nicht für die Veröffentlichung fertig sind und dann durchgestochen werden und so getan wird, als ob das der fertige Entwurf wäre, dann ist das kein faires Spiel.

Die zweite Ebene hat mit der Kommunikation von unserer Seite zu tun. Es war nicht gut, dass Robert Habeck nicht sofort mitkommuniziert hat, welche Laufzeiten es gibt und wie die Finanzierung ermöglicht werden kann. Ich weiß aber auch nicht, ob er das schon konnte, weil das Gesetz ja noch nicht fertig war.

bt: Das Problem bei der Kommunikation rund um das Heizungsgesetz war für viele Menschen die Verlässlichkeit. Vor wenigen Jahren gab es noch hohe Fördergelder für Gasheizungen. Dann baut man sich das ein und ein, zwei Jahre später hört man, dass das schlecht sei…

Inken Bößert: So eine Gasheizung können Sie ja auch noch jahrelang nutzen. Was mich total gefreut hätte wäre, wenn gleichzeitig mit diesem Heizungsgesetz auch die Energieberatungstätigkeiten von Menschen erhöht worden wäre. Ein Energieberater kann, wie ein Heizungsbauer oder eine Heizungsbauerin, sagen: “Deine Heizung läuft noch zehn Jahre, lass sie drin.” Oder: „In zwei Jahren musst du sie sowieso erneuern, diese Förderungen gibt es derzeit.” Aber ich verstehe, dass die Verlässlichkeit bei diesem Thema gefehlt hat.

Es war viel “Hoppla-Hopp”, die letzten Jahre, und ich glaube, davon sind wir müde.

Frauen in der Politik 

bt: Jetzt dürfen Sie noch eine Frage an einen anderen Kandidaten stellen. Was möchten Sie denn gerne von Thomas Schmid (Freie Wähler) wissen?

Inken Bößert: Nehmen wir doch mal das Thema Gleichberechtigung. Die Grünen haben ja das Frauenstatut. Das heißt, wir haben schon per Eigenorganisation ein ausgeglichenes Männer-Frauen-Verhältnis. Mich würde interessieren: Wie wichtig ist das denn für die Freien Wähler und wie setzen Sie das um?

bt: Danke für das Gespräch.