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Die Zukunft unserer Wälder: Herausforderungen, Chancen und Lösungen
Da sich das Klima schneller verändert, als die Wälder sich anpassen können, sei menschliches Eingreifen notwendig, um Wälder in Zukunft zu erhalten. Diese Ansicht vertritt der Verein „Forum Zukunftswald“, der sich mit dieser Problematik beschäftigt.
„Kulturwälder“
„Wir haben keine Naturwälder,“ erklärt Andreas von Heßberg, Forscher für Störungsökologie an der Universität Bayreuth, „sondern Kulturwälder“. Der Großteil der Wälder in Mitteleuropa ist eine von Menschen geschaffene Kulturlandschaft, die regelmäßige Pflege benötigt. Von Heßberg betont: „98 Prozent der Waldflächen Bayerns sind Kulturlandschaften, die in erster Linie menschlichen Bedürfnissen dienen“.
In dieser Woche kamen im Waldrevier von Mengersdorf Experten und Waldbesitzer zu einer Exkursion und einem fachlichen Austausch zusammen. Die Veranstaltung, organisiert vom „Forum Zukunftswald“, diente dazu, Strategien zur klimafreundlichen und nachhaltigen Waldumgestaltung zu diskutieren.
Zu den Teilnehmern zählten unter anderem der Forscher Andreas von Heßberg, die Waldbesitzer Wolf von Aufseß und Olaf Legeler, der Bundestagsabgeordnete Niklas Wagener und der Waldbautrainer der LWF Ottmar Ruppert. Sie besprachen die nachhaltige Waldnutzung, Schwierigkeiten bei Förderprogrammen und die Rolle des Waldes im Klimaschutz.
Fast die Hälfte des Landkreises Bayreuth ist Wald
Wälder bedecken laut Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bayreuth-Münchberg rund 46 Prozent der Fläche des Landkreises Bayreuth, wobei ungefähr die Hälfte dieser Flächen in Privatbesitz ist. Die restlichen Waldflächen entfallen auf Staats- und Kommunalwälder.
Die Funktionen des Waldes
Wälder sind nicht nur Lebensraum, sondern erfüllen auch essenzielle Funktionen für Mensch und Natur. Von Heßberg hebt hervor, dass Pflege notwendig ist, um diese Funktionen zu erhalten:
- Luftqualität und Klimaschutz: Wälder speichern Kohlenstoff und tragen zur Luftreinigung bei.
- Wasserspeicherung und -filterung: Wälder speichern und filtern Regenwasser, wodurch sie zur Trinkwasserversorgung beitragen. „Die meisten unserer Quellen befinden sich in Waldnähe“, erklärt von Heßberg.
- Bodenschutz und Erosionsvermeidung: Wälder halten den Boden stabil und verhindern seine Abtragung.
- Kühlung und Mikroklima: Die Baumkronen sorgen für ein kühleres, feuchteres Klima im Wald, was gerade angesichts des Klimawandels an Bedeutung gewinnt.
- Biodiversität und Lebensraum: Wälder bieten einer Vielzahl von Arten einen Lebensraum und fördern die Biodiversität.
- Erholungsraum für Menschen: Neben ökologischen Leistungen bieten Wälder auch Platz für Freizeit und Erholung.
Herausforderungen durch den Klimawandel
Durch den Klimawandel stehen Wälder vor weiteren Herausforderungen. Bäume, die heute als klimaresistent gelten, könnten in naher Zukunft an ihre Grenzen stoßen. Von Heßberg und Ruppert warnen, dass eine alleinige Selbstregeneration der Wälder unzureichend ist, während übermäßiges Eingreifen ebenfalls problematisch sein kann. Die Natur reagiert zwar auf Veränderungen, doch die Geschwindigkeit des Klimawandels macht es schwierig.
Ein kritischer Blick auf die Fichtenmonokulturen der Nachkriegszeit
Die Diskussion über die heutige Waldbewirtschaftung führt auch zu einer kritischen Betrachtung der Fichtenmonokulturen, die nach dem Zweiten Weltkrieg verbreitet wurden. Waldbesitzer Olaf Legeler erklärt, dass Fichten und Kiefern zwar eine schnelle Aufforstung ermöglichten, sich langfristig jedoch als ungeeignet erwiesen haben.
Die aktuellen Herausforderungen liegen darin, klimaresistentere Baumarten zu fördern und die Baumartenvielfalt zu erhöhen, um den Wald widerstandsfähiger zu machen. „Heute weiß man, dass eine Diversifizierung der Baumarten notwendig ist“, betont Waldbautrainer Ruppert.
Ein ökologischer Ansatz für die Waldbewirtschaftung
Ottmar Ruppert unterstreicht die Bedeutung eines ökologischen Ansatzes in der Waldbewirtschaftung. Schnell wachsende Pionierarten wie Weiden, Birken und Vogelbeeren schaffen ein „Wald-Innenklima“, das anderen Baumarten Schutz bietet. Unter ihrem Blätterdach haben Bäume wie Eichen und Elsbeeren bessere Überlebenschancen.
Dieser Ansatz ermöglicht nicht nur eine stabile Waldentwicklung, sondern sichert auch eine wirtschaftliche Nutzung des Waldes, ohne dessen natürliche Balance zu gefährden. „Durch eine Zusammenarbeit mit der Natur erreichen wir langfristig stabile und zukunftsfähige Wälder“, fasst Ruppert zusammen.
Herausforderungen: Natur und Gesetzgebung
Die Bewirtschaftung von Wäldern ist mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert, die sowohl aus der Natur als auch aus der Gesetzgebung resultieren.
Herausforderungen der Natur
Anpassungsfähigkeit heimischer Baumarten
Der Klimawandel sorgt dafür, dass heimischer Pflanzen nicht mehr die passenden Bedingungen vorfinden. Ruppert weist darauf hin, dass Bäume über Anpassungsstrategien verfügen, die sich jedoch über viele Generationen entwickeln müssen. So benötige eine Baumgeneration zwischen 80 und 300 Jahren, um sich natürlich zu regenerieren.
Dennoch gibt es heimische Baumarten wie Speierling und Elsbeere, die höheren Temperaturen und Trockenheit widerstehen können. Ruppert betont jedoch die Notwendigkeit, auch Baumarten aus wärmeren Klimazonen wie submediterranen Regionen in Betracht zu ziehen, um künftigen Herausforderungen besser begegnen zu können.
Naturverjüngung
Die Naturverjüngung ist zentral für die Waldbewirtschaftung, da junge Bäume in ungenutzten Flächen heranwachsen sollten. In vielen Gebieten gelingt dies jedoch nicht zuverlässig, da Arten wie die spätblühende Traubenkirsche und Brombeersträucher die jungen Setzlinge bedrohen.
Ein weiteres Problem stellt der Wildverbiss dar. In vielen deutschen Wäldern gefährden hohe Bestände an Rehwild die Walderneuerung, da sie bevorzugt junge Triebe und Setzlinge fressen. Dies macht Schutzmaßnahmen wie Zäune oder den gezielten Einsatz von Abschreckungsmitteln notwendig.
Herausforderungen in der Gesetzgebung und Förderung
Die Rolle des Jagdgesetzes
Ein kritischer Punkt in der Diskussion ist das Jagdgesetz. Ruppert kritisiert, dass die notwendigen Maßnahmen zur Waldpflege oft nicht richtig umgesetzt werden. Anderseits fordert Legeler eine Reform des Jagdgesetzes, inklusive der Streichung bestimmter Paragrafen, um effektivere Jagdpraktiken zu gewährleisten.
Förderung der Forstwirtschaft
Olaf Legeler fordert eine gerechtere Förderung privater Forstbetriebe, da diese im Vergleich zu staatlichen Betrieben benachteiligt seien. Private Waldbesitzer kämpften oft um finanzielle Unterstützung, obwohl sie wichtige Ökosystemleistungen erbringen.
Die Förderung durch die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) sei lediglich ein kleines „Zubrot“ und decke kaum die realen Kosten, die für den Waldschutz und die Anpassung an den Klimawandel nötig seien. Ruppert schlägt vor, alternative Einnahmequellen für Waldbesitzer zu schaffen, indem Leistungen wie Wasserreinhaltung und Erholung berücksichtigt werden.
Wie könnte ein neues Waldgesetz aussehen?
Die Grünen wollen das bestehende 1970er Bundeswaldgesetz erneuern. Bundestagsabgeordneter Niklas Wagener erklärt, dass das neue Gesetz ökologische Leistungen und Modernisierungen integrieren soll. „Wir wollen einen klimaresilienten Mischwald mit überwiegend heimischen Baumarten fördern“, erläutert Wagener. Entscheidungen über spezifische Baumarten sollen allerdings den Waldbesitzern und Förstern vorbehalten bleiben, wobei die Standortanpassung im Vordergrund steht.
Integration von Wildbeständen und Besuchermanagement
Ein weiterer Aspekt des Entwurfes betrifft die Neuregelungen für Wildbestände und das Besuchermanagement im Wald. Wagener erläutert, dass Wildbestände besser an die jeweiligen Lebensräume angepasst werden müssen, um die Naturverjüngung zu unterstützen. Zudem wird ein digitales Waldmonitoring eingeführt, um die verschiedenen Ansprüche an die Waldnutzung besser koordinieren zu können.
Zusätzliche Einnahmequellen schaffen
Wagener schließt mit der Aussage, dass das neue Gesetz darum geht, den Waldbesitzern das notwendige Handwerkszeug zur Verfügung zu stellen, um die Wälder nachhaltig zu bewirtschaften. „Wir wollen die Ökosystemleistungen stärken und eine zusätzliche Einnahmequelle schaffen“, betont er, um die Abhängigkeit vom Holzverkauf zu verringern.
Nächste Schritte zu klimaresilienten und artenreichen Wälder
Das Treffen des „Forum Zukunftswald“ verdeutlicht die aktuellen Herausforderungen unserer Wälder, aber auch die Chancen. Ein Ziel ist klar: Ein klimaresilienter Mischwald, der durch Biodiversität die Ansprüche der Natur und der Menschen erfüllt. Um dies zu erreichen, sind weitere Treffen und ein engerer Austausch zwischen Politik und Forstwirtschaft erforderlich.