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Ein Problem, eine Lösung: Ein Ring
von Michael Christensen
Beim Musizieren darf das Blättern beim Notenlesen die Musikalität nicht stören. Auch beim Einsatz von Tablets darf das Wischen den Fluss der Musik nicht unterbrechen. Ein Ring von Pirmin Hinderling soll genau dieses Problem lösen. Nun möchte er mit seiner Idee den Sprung auf den Markt wagen.
In Hermannstadt, Rumänien, absolvierte Pirmin Hinderling ein freiwilliges Jahr. Dort war er in einer Kirchengemeinde im kalten Monat Februar 2023 tätig. Die Kantorin der Gemeinde, Brita Falch-Leutert, beschaffte ein iPad und setzte es zum Notenlesen ein. Dies war für Pirmin nichts Unbekanntes, da er selbst musiziert und dabei auch das Tablet von Apple verwendet.
Es ist durchaus praktisch, tausende von Musikstücken überall hin mitzunehmen. Doch das Blättern entfällt nicht – man wischt nun. Musiker müssen immer eine Hand für einen kurzen Moment freimachen, was bei manchen Instrumenten sicherlich schwieriger ist als bei anderen, um die Seite zu wechseln. Und das, ohne den Musikfluss zu unterbrechen. Ein zusätzlicher Schlag, den das Leben in die Musik wirft.
„Was stört, will ich einfach lösen“
„Zusammen sind wir auf die Idee gekommen, dass man irgendwie etwas am Finger haben könnte, das man drücken kann“, erzählt Pirmin. Im selben Monat setzte der Erfinder aus Berlin sich nicht nur mit der Idee auseinander, sondern konnte auch direkt den ersten Lösungsentwurf testen. Bestehend aus einem batteriebetriebenen Mikrocontroller, „quasi das Gehirn“, und einem Knopf, den er an einen bestehenden Ring anbrachte.
Beim ersten Versuch klappte es noch nicht, aber im selben Monat hatte er ein funktionierendes Gerät. Das Wissen für diese Lösung hatte er sich in der Corona-Zeit als „Corona-Hobby“ angeeignet. Er hatte mit einem kleinen Starter-Set von Arduino-Mikrochips angefangen, das er nun für seinen Ring mit Knopf anwenden konnte.
„Ich gehe einfach gerne Probleme an, und wenn mich etwas stört, dann will ich das einfach lösen“, sagt Pirmin.
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Einen Preis und Geschäftspartner reicher
Der erste Prototyp des TapTurners, „groß und klobrig“, erweckte erste Aufmerksamkeit. Der Name? „Chat-GPT, gib mir 20 Namen, wie man so ein Produkt beschreiben kann.“ Viele Namen hat die KI vorgeschlagen, doch „TapTurner“ musste mit menschlicher Hilfe aus Varianten wie „Tap“ und „Turn“ zusammengesetzt werden.
Pirmin studiert derzeit Informatik im 3. Semester an der Universität Bayreuth. Vor einem Jahr nahm er dort an einem Ideenwettbewerb des Instituts für Entrepreneurship & Innovation (IEI) teil. Er gewann und erhielt 1.000 Euro für seinen wischen-ersetzenden, 3D-gedruckten Smart-Ring. Timo Schäfer lernte er dort ebenfalls kennen.
Aus Karlsruhe kommt Timo Schäfer. Er studiert auch an der Universität Bayreuth, allerdings Sportökonomie. Die beiden Studenten verstanden sich gut und entschieden sich, das Produkt gemeinsam weiterzuentwickeln.
„Wir ergänzen uns sehr gut“, sagt Timo Schäfer. Während Pirmin die technische Seite beherrscht, stellt Timo die Verbindungen zu anderen her. „Networking mache ich total gerne, oder auch Strategien für Social Media. Für betriebswirtschaftliche Themen und als Partner, um das Ganze zusammen durchzusprechen, können wir auf dieser Ebene gut zusammenarbeiten und kommen gegenseitig gut voran.“
Weiterentwicklung des TapTurners
Der Marketing-Motor Timo und der Chief Technology Officer Pirmin verbrachten das letzte Jahr mit Beratung. Sie holten sich Unterstützung bei der IHK, verschiedenen Beratungseinrichtungen der Uni und auch bei Bayern Innovativ. Es ging um Finanzierung, Zertifizierung und Patentierung, um das Produkt auf ein stabiles Fundament zu stellen. Für das kleine Team war dies eine große Herausforderung, aber auch eine wertvolle Lernerfahrung.
Nebenbei musste Pirmin noch weiter an dem Modell arbeiten. Auf seinem Workbench liegt eine kleine Kiste voller 3D-Abdrücke von Ringmodellen. Es ging nun darum, den Ring zu verkleinern und alle Teile darin zu integrieren – dabei gab es viele Versuche mit kleineren Mikrocontrollern, flexiblen Mikrocontrollern. Pirmin zeigt eine Schachtel mit verschiedenen Knöpfen. Er wollte das perfekte „Knopf-Gefühl“ finden.
Ein Ring mit einem Knopf, viele Möglichkeiten
All das, das Studium und die Entwicklung, führte nun zu einem stolzen Ergebnis: TapTurner – ein eingetragener Markenname mit einer eigenen Kickstarter-Seite. Der Ring mit einem Knopf findet nicht nur beim Blättern auf einem iPad Anwendung. Er kann auch bei „handfreien“ Präsentationen, dem Lesen von E-Books oder dem Weiterschalten von Songs eingesetzt werden. Also überall dort, wo man mit einem Knopf zur nächsten Seite, zur nächste Folie, ja zum Nächsten kommen muss.
Pirmin und Timo haben noch viele Ideen für die Weiterentwicklung des Produkts, jetzt sind sie gespannt, wie die Resonanz auf ihr Projekt ausfällt.