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Konditorin beklagt unfairen Wettbewerb in Bad Berneck
von Michael Christensen
Seit anderthalb Jahren ist Nicole Stuhlmüller mit ihrem „Café Zuckerhörnchen“ in Bad Berneck selbstständig. Doch das Geschäft läuft nicht gut. Ihrer Meinung nach liegt das vor allem an den Sonntagskonzerten im Bernecker Kurpark.
Musik im Kurpark, hausgemachte Kuchen und duftender Kaffee – alles vor der „Neuen Kolonnade“. Ein idyllischer Sonntag in Bad Berneck. Die Sonntagskonzerte gibt es schon lange, doch das Café-Angebot ist eine liebevolle Ergänzung, die entscheidend zu ihrer neuen Beliebtheit beiträgt.
Mit Hingabe backen und servieren ehrenamtliche Helfer hausgemachte Köstlichkeiten, der Erlös fließt direkt in ihre Vereinsarbeit. Die Atmosphäre ist lebendig, die Musik lockt immer mehr Besucher an – eine wunderbare Bereicherung für den Kurort.
Doch nicht weit gelegen, am Marktplatz, kämpft eine andere Neubelebung um ihren Platz. Vor anderthalb Jahren zog eine Konditormeisterin in die Stadt, renovierte ein Café und brachte mit modern interpretierten Klassikern frischen Wind nach Bad Berneck. Ihr „Zuckerhörnchen“ in der Kolonnadenstraße 11 liegt nur 300 Meter vom Kurpark entfernt – und genau darin liegt das Dilemma.
Zwei schöne Neuerungen, zwei Orte, die Bad Berneck bereichern – doch sie stehen in direkter Konkurrenz. Die Gäste der Sonntagskonzerte genießen ihren Kuchen bereits im Kurpark. Wer satt ist, schlendert zwar noch am Zuckerhörnchen vorbei – doch ohne anzuhalten. Ein bittersüßer Wettbewerb in einer Stadt, die eigentlich von beidem profitieren könnte. Nicole Stuhlmüller vom Zuckerhörnchen sucht nach einem Kompromiss.
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Konkurrenz durch günstige Vereins-Kuchen
Die Sonntagskonzerte finden fast jeden Sonntag von Mai bis September am Neuen Kolonnade im Kurpark statt. Besucher können dort Musik genießen und – hier liegt das Problem für Konditormeisterin Nicole Stuhlmüller – für rund fünf Euro ein Stück Kuchen und eine Tasse Kaffee vom veranstaltenden Verein erwerben. Zudem geben die Vereine übrig gebliebene hausgemachte Kuchen zu stark reduzierten Preisen oder sogar kostenlos an die Konzertbesucher ab. Mit solchen Preisen kann Stuhlmüller nicht mithalten.
„Ich warte jetzt diesen Sommer ab und werde dann die Zahlen anschauen. Wenn es so weitergeht, kann ich das nicht mehr – ich habe deshalb auch Bürgergeld beantragt, weil ich meinen Lebensunterhalt nicht bestreiten kann“, sagt Nicole Stuhlmüller, Betreiberin der Café Konditorei Zuckerhörnchen.
Hochwertige Zutaten und Handarbeit
Qualität ist ein wichtiger Bestandteil ihres Konditorei-Handwerks. Die Milchprodukte stammen aus der Region. Ihre Spezialität ist der Käsekuchen, aber sie bietet auch klassische Torten und Kuchen an – pro Stück für 4,40 bzw. 4,00 Euro. Der Kaffee kommt von einer Rösterei aus Nürnberg und kostet 3,00 Euro pro Tasse. Die Konditormeisterin stellt alles selbst her und übernimmt unter der Woche sogar den Service allein.
Zusätzlich bietet sie Torten auf Bestellung an, darunter Motivtorten für Geburtstage oder Hochzeiten. Sie verwendet Dinkelmehl und backt bewusst weizenfrei. „Es gibt so viele Unverträglichkeiten, dass es für mich Sinn gemacht hat.“ Sie stellt außerdem zuckerreduzierte und vegane Produkte her.
Finanzielle Sorgen: Darlehensrückzahlung steht an
Für Nicole Stuhlmüller ist der Sonntag der wichtigste Tag der Woche. Und die Monate von Mai bis September sind Hochsaison. Eine weitere verpasste Hochsaison könnte das Aus für ihr Café Zuckerhörnchen bedeuten – denn in diesem Jahr muss sie ihr Darlehen zurückzahlen. Doch aktuell fehlen ihr die Einnahmen, um das zu tun.
Stuhlmüller hat rund 80.000 Euro in ihr Café investiert – finanziert durch Privatkredite und Bankdarlehen. Sie renovierte den kleinen Laden, erneuerte die Wände, baute ein WC ein und modernisierte die Strom- sowie Wasserleitungen. Ihr Café ist liebevoll im Stil der Mitte des 20. Jahrhunderts eingerichtet, von den 20er bis 60er Jahren, und passt perfekt zum zentral gelegenen Marktplatz. Trotz finanzieller Schwierigkeiten wächst das Geschäft. Doch ab August wird die Rückzahlung fällig: „500 Euro muss ich dann jeden Monat stemmen. Es tut mir leid, weil ich merke, dass das Geschäft wächst, aber ich bin auf diese Sonntage angewiesen.“
Konkurrenzsituation trotz weniger Cafés
In Bad Berneck gibt es nur wenige Möglichkeiten, Kuchen zu kaufen. „Es gibt das Café Berneck, aber das ist meistens nur abends geöffnet“, sagt Bernecker Stadtrat Karlheinz Lauterbach (Die Grünen). „Man kann auch bei Edeka Kuchen kaufen, aber das Zuckerhörnchen ist hier einzigartig, was Kuchen und Torten angeht. Ich bin selbst Stammkunde dort.“
Trotz sonst geringer Konkurrenz sieht Stuhlmüller die Sonntagskonzerte als unfairen Wettbewerb. „Die Vereine sind nicht gesprächsbereit. Deshalb habe ich vor dem Stadtrat gesprochen, um das Problem anzugehen.“ Wie liefen die Gespräche? „Ernüchternd. Sie haben mir gesagt, ich könne keine Unterstützung von der Stadt erwarten. ‚Das ist die Konkurrenz, mit der ich leben muss.‘ Aber ich kann mit ihnen nicht konkurrieren – ich bin Gastronomin, ich habe ganz andere Kosten. Allgemein hatte ich das Gefühl, auf sehr dünnem Eis zu stehen.“
Entstehungsgeschichte des Vereins-Cafés
Die Stadt stellt den Vereinen die Räumlichkeiten kostenlos zur Verfügung. Alles begann 2021, als der Kneipp-Verein gefragt wurde, ob er Kaffee und Kuchen für die Sonntagskonzerte bereitstellen könne. Die Vorsitzende des Kneipp-Vereins, Johanna Enache-Wigger, erinnert sich: „Die Küche in der neuen Kolonnade war verschimmelt und verdreckt.“ Mit Erlaubnis des Bürgermeisters investierte der Verein rund 7.000 Euro in die Renovierung und Ausstattung.
Zum 200. Jubiläum von Sebastian Kneipp im Mai 2021 wurde die Küche eröffnet, und das Café war sofort ein Erfolg. „Es hat so viel Begeisterung geweckt, dass die Leute wollten, dass wir noch häufiger das Café betreiben.“
Inzwischen organisieren verschiedene Vereine das Café in der neuen Kolonnade an Sonntagen über die Tourist-Info Bad Berneck.
Das Konzept der Sonntagskonzerte ist ein großer Erfolg. Immer mehr bekannte Musikgruppen treten auf, und die Zuschauerzahlen steigen stetig. „Es hat sich in Oberfranken herumgesprochen. Endlich ist in Bad Berneck wieder etwas los“, sagt Johanna Enache-Wigger.
Ab diesem Jahr wird zum ersten Mal eine Nutzungsgebühr von rund 35 Euro für die Küche erhoben. Ob sich dadurch die Preise für Kuchen und Kaffee ändern, bleibt den Vereinen überlassen.
Lösungsversuche und fehlende Perspektiven
Bürgermeister Jürgen Zinnert kann Stuhlmüllers Forderung nicht nachvollziehen. „Die Konzerte sind seit Jahren etabliert und ziehen zahlreiche Besucher an“, erklärt er. Laut ihm profitieren nicht nur Musikliebhaber, sondern auch andere Betriebe in der Stadt. „Jeden Sonntag kommen 150 bis 200 Gäste – das belebt Bad Berneck insgesamt.“
Stadtrat Karlheinz Lauterbach (Die Grünen) hält es für denkbar, dass das Café Zuckerhörnchen unter bestimmten Bedingungen in der Kolonnade verkaufen darf – „ob dies eine langfristige Lösung ist, bleibt jedoch fraglich.“ Lauterbach sieht wenig Spielraum für Alternativen. „Ich finde es toll, dass es dieses Café gibt, zumal viele andere Lokale in Bad Berneck geschlossen haben“, sagt er.
Ein Angebot kam aus den Gesprächen vor dem Stadtrat: Stuhlmüller könnte über die Tourismusstelle in Bad Berneck einige Sonntage übernehmen, hieß es. Von 24 Terminen wurden laut Stuhlmüller ihr drei angeboten. „Das hilft mir gar nicht. Ich habe nicht das Personal, um die Sonntagskonzerte alleine zu bewirtschaften. Ich muss mein Personal bezahlen – die Vereine haben keine Kosten.“
Wunsch nach mehr Kommunikation
Stadträtin Sandra Schiffel (FW) schlägt vor, ein moderiertes Gespräch zu organisieren, um eine Lösung zu finden. „Die sonntäglichen Konzerte im Kurpark zogen vor der Einrichtung des Kolonnaden-Cafés oft nur wenige Dutzend Besucher an. Zum allseits beliebten Sonntags-Treffpunkt trägt das Kolonnaden-Café ganz entscheidend bei.“ Schiffel hat jedoch absolut Verständnis für das Anliegen von Stuhlmüller:
„Ich denke, die Stadt sollte unbedingt nochmals ein moderiertes Gespräch mit allen Betroffenen organisieren. Dies liegt auch im Interesse der Stadt, denn das Kolonnaden-Café ist zwar ein sonntägliches Highlight, aber für uns ist auch wichtig, dass es an allen anderen Wochentagen ein Angebot von ‚Kaffee und Kuchen‘ gibt!“
„Unser Ziel ist es, Bad Berneck voranzubringen, und wir freuen uns über das Café am Marktplatz“, betont Enache-Wigger, Vorsitzende des Kneippvereins. Sie meint damit das Café Zuckerhörnchen – von Stuhlmüllers Beschwerden erfuhr sie jedoch erst indirekt.
„Sie hätte zuerst mit uns sprechen sollen, bevor sie zur Stadt ging“, sagt Enache-Wigger. „Sie hätte uns um Unterstützung bitten können.“
Nicole Stuhlmüller hält mehr Kommunikation ebenfalls für notwendig: „Ich freue mich ja, dass es die Konzerte gibt. Ich wünschte mir einfach nur, dass wir einen Kompromiss finden würden.“
Mehr Kommunikation, mehr Verständnis, mehr Gespräche – das scheint der Schlüssel zu sein.
Vor Mai gibt es noch Zeit für Lösungen.
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