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Kinderbetreuung in Bayreuth: Großtagespflege als Teillösung?
von Michael Christensen
Bayreuth kämpft mit einem Mangel an Kinderbetreuungsplätzen. Stadtrat Torsten Lange (BG) schlägt Großtagespflege als flexible Lösung vor. Doch ist das Modell realistisch?
In Bayreuth gibt es zu wenige Betreuungsplätze für Kinder. Das ist längst bekannt. Doch das Problem betrifft nicht nur Eltern – auch Arbeitgeber spüren die Folgen. Besonders das Klinikum Bayreuth hat Schwierigkeiten, dringend benötigte Fachkräfte zu gewinnen, weil Betreuungsmöglichkeiten fehlen. Eine Lösung könnte das Modell der Großtagespflege (GTP) sein.
Überlastete Betreuungsplätze – 200 Kinder auf Warteliste erwartet
Laut der Stadt Bayreuth ist das System weitgehend ausgelastet. Freie Plätze entstehen nur vereinzelt und werden sofort wieder belegt. „Familien mit besonders dringendem Bedarf werden von der Stadt unterstützt“, so eine Sprecherin der Stadt.
Zum Stichtag 15. Februar endet die Anmeldefrist für das Kita-Jahr 2025/26. Danach rechnet die Stadt mit rund 200 Kindern auf der Warteliste. „Wir versuchen, individuelle Lösungen zu finden, aber das wird nicht in allen Fällen gelingen“, so die Stadt weiter. Neubauprojekte wie die Erweiterung der KiTa Hammerstatt sollen langfristig Entlastung bringen, aber das dauert.
Klinikum Bayreuth: Fehlende Betreuungsplätze erschweren die Personalsuche
„Aus vergangenen Beispielen wissen wir, dass fehlende Betreuungsplätze die Entscheidung von Bewerbern beeinflussen“, erklärt Stadtrat Torsten Lange (BG). „Das betrifft alle Berufe, besonders aber den medizinischen Bereich – von der Pflege bis zu Leitungspositionen.“ In seinem Antrag vom 5. Januar 2025 fordert er die Stadtverwaltung auf, eine mögliche Lösung zu prüfen.
Großtagespflege als schnelle und flexible Lösung?
Eine Möglichkeit zur Entlastung wäre die Großtagespflege, so Lange. Dieses Modell erlaubt es, insgesamt 16 Betreuungsverhältnisse pro Einrichtung einzugehen, wobei bis zu zehn Kinder gleichzeitig von drei Betreuungspersonen betreut werden können. Es wäre flexibler als klassische Kitas und könnte mit weniger Aufwand realisiert werden. „Explizit wurde von leitender Stelle im Klinikum eine vermehrte Unterstützung durch Tagesmütter angeregt“, so Lange weiter.
Bayern fördert Großtagespflege-Einrichtungen, wenn sich die Stadt an der Finanzierung beteiligt. Die Gemeinde muss dabei mindestens denselben Betrag beisteuern, den sie als Förderung vom Staat erhält. Stadtrat Lange fordert daher eine umfassende Prüfung dieser Option: „Ich beantrage, diese Möglichkeit nicht nur oberflächlich, sondern grundlegend zu untersuchen – sowohl hinsichtlich der Infrastruktur als auch der möglichen Fördermaßnahmen durch den Freistaat.“ Was könnte außer einem Mangel an Raum und finanziellen Mitteln noch für die Stadt im Weg stehen?
1. Qualifikation der Betreuungskräfte – ein Kritikpunkt?
Ein möglicher Kritikpunkt an diesem Modell ist das Qualifikationsniveau der Betreuungskräfte. „In unserer Stadt betreuen derzeit rund 22 fachlich qualifizierte Tagesmütter über 70 Kinder im Alter von 3 bis 12 Jahren – mit einem pädagogischen Konzept, das dem einer Kindertagesstätte ähnelt“, so Lange. Er zieht damit einen Vergleich zwischen dem pädagogischen Konzept von Tagesmüttern und der Betreuung in Kitas, was für den Ausbau des Tagesbetreuungsmodells spricht.
Die Ausbildung zur Tagesmutter dauert in der Regel 6 bis 18 Monate. Zum Vergleich: KinderpflegerInnen, die in Kindertagesstätten arbeiten, durchlaufen eine 2-jährige Ausbildung. ErzieherInnen brauch noch etwas länger 3-5 Jahre Ausbildung oder Studium der Sozialpädagogik.
Dennoch ist die Kindertagespflege durch Tagesmütter gesetzlich als gleichwertige Betreuungsform anerkannt. In Bayern können Tagespflegepersonen sogar als Assistenzkräfte in Kitas eingesetzt werden, wenngleich sie meist nicht als Hauptbetreuungskräfte (ErzieherInnen) tätig sein dürfen.
2. Arbeitsbelastung und Vergütung: Herausforderungen für Tagesmütter
Hohe Arbeitsbelastung und eine oft niedrige, regional unterschiedlich geregelte Vergütung machen den Beruf der Tagesmutter wenig attraktiv. Auch die Frage, ob in Bayreuth genügend Tagesmütter für eine Großtagespflege zur Verfügung stehen, könnte eine weitere Herausforderung darstellen.
In Bayern liegt das durchschnittliche Jahresgehalt einer Tagesmutter bei etwa 27.144 Euro, während KinderpflegerInnen im Durchschnitt 37.461 Euro und ErzieherInnen 42.656 Euro verdienen.
- KinderpflegerInnen und ErzieherInnen haben durch ihre Festanstellung ein stabiles Einkommen.
- Tagesmütter sind meist selbstständig, was zu Einkommensschwankungen führt.
- ErzieherInnen und KinderpflegerInnen profitieren von Tarifverträgen und Gehaltssteigerungen mit steigender Berufserfahrung.
- Tagesmütter in Bayern erhalten pro Kind eine monatliche Pauschale von 400 Euro für Betriebsausgaben. Zusätzliche Kosten müssen sie selbst übernehmen.
Insgesamt verdienen bereits KinderpflegerInnen mehr und profitieren von besseren Arbeitsbedingungen als Tagesmütter. Auch bei Urlaubs- und Krankentagen haben Tagesmütter oft Nachteile. In Bayreuth wurde jedoch im November 2024 – auf Antrag der Bayreuther Gemeinschaft (BG) – die Zahl der betreuungsfreien Tage ohne Kürzung der Bezüge von 20 auf 30 Tage erhöht. Ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Berufsattraktivität für Tagesmütter in Bayreuth.
Wird die Stadt diesen Weg gehen?
Bayreuth braucht dringend mehr Betreuungsplätze. Der Vorschlag der Großtagespflege könnte eine Teillösung sein, um Engpässe zu überbrücken. Ob die Stadt und das Klinikum diesen Weg gehen werden, bleibt abzuwarten. Die Stellungnahme der Stadtverwaltung wird mehr Licht auf die Vor- und Nachteile des Vorschlags von Torsten Lange werfen. Klar ist aber: Ohne neue Ideen wird sich das Problem nicht von selbst lösen.