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Demokratie leben

Kommentar zu Demokratie leben!: Wie sich Politik selbst unglaubwürdig macht

Das Beispiel von Demokratie leben! lässt viele engagierte Menschen in Bayreuth ratlos zurück. Die Mittel für das Projekt sind überraschend gestrichen worden. Hätte man das nicht anders lösen können?

Es war ein großer Schock in der letzten Woche: Die bundesweite Initiative Demokratie leben! wird in Bayreuth nicht mehr fortgesetzt. Das Aktionsbündnis hat in den letzten Jahren jede Menge wertvoller Projekte angestoßen. Nun ist es de facto tot. Es gibt keine rechtliche Grundlage mehr weiterzuarbeiten. Denn das Bündnis ist nicht etwa ein Verein, sondern es ist eine lose Partnerschaft vor Ort, die nur im Bundesprogramm Demokratie leben! existiert.

Verein oder Partnerschaft vor Ort – wo ist der Unterschied?

Ein Verein kann aus sich heraus wirtschaften. Es gibt eine Struktur, die es auch dann erlaubt Veranstaltungen zu organisieren und Projekte zu planen, wenn wenig oder kein Geld da ist. Man kann Spenden sammeln um sich selbst zu finanzieren. Die Initiative Demokratie leben! dagegen ist anders aufgestellt: Die Partnerschaft steht auf drei Säulen: Das federführende Amt – bei uns ist das die Stadt Bayreuth in Person von Manuela Solley, die Koordinierungs- und Fachstelle, in Bayreuth ist die bei Kerstin Guthmann beim Trägerverein Schoko e.V. angesiedelt und einen Begleitausschuss. In diesem kommen Vertreter verschiedener Vereine und Verbände und privater Akteure aus Bayreuth zusammen. Diese drei Säulen sind die Grundlage für die Partnerschaft vor Ort aus der bundesweiten Initiative Demokratie leben!.

Bundesmittel werden restlos gestrichen

Dieser Hintergrund ist wichtig um zu verstehen, warum die Streichung der Mittel so gravierende Folgen hat. Es ist nämlich nicht nur so, dass da nun ein Verein ist, der gerade kein Geld hat, aber dessen Struktur erhalten bleibt. Es ist vielmehr so, dass die drei Säulen einfach verschwinden. Das Haus das auf ihnen gebaut wurde, wird zerstört. Das ist es auch, was die Ehrenamtlichen, die sich seit Jahren für Demokratie leben! engagieren, so aufreibt. Einer von ihnen ist Peter Müller, der für den Verein „Bayreuth ohne Gewalt“ im Begleitausschuss sitzt und ihm vorsteht. „Es wird hier mit einem Federstrich zerstört, was wir über Jahre aufgebaut haben. Willkürlich und unvorhergesehen!“ so betont er. Die Planungen für die nächsten Jahre seien schon fortgeschritten gewesen. Nun lande das alles im Müll. Das Problem sei eben nicht nur, dass Projekten nicht mehr gefördert werden, sondern vor allem, dass den mühsam aufgebauten Strukturen der Boden unter den Füßen weggezogen wird. „Das Programm war darauf ausgelegt nachhaltig Strukturen zu schaffen“, betont Kerstin Guthmann. Wenn die jetzt wegfallen, seien sie unwiederbringlich verschwunden. Eine Verschwendung von Steuergeldern, wenn man es genau nimmt.

Nachfragen unerwünscht

Was die Betroffenen auch noch ärgert: „Wir dürfen noch nicht einmal nachfragen woran es lag!“, sagt Peter Müller und zeigt das Ablehnungsschreiben. Formlos ist es und mit dem Hinweis versehen, dass „weder das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend noch das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgabe konkrete Auskünfte oder Erläuterungen über die jeweiligen Entscheidungsgründe im Einzelfall geben könne(n).“

Es herrscht Unverständnis in Bayreuth. Hätte man den Akteuren vor Ort erklärt was die Gründe sind, hätte man diese vielleicht ja sogar nachvollziehen können. Hätte man die Mittel gekürzt, aber zumindest einen Sockelbetrag überwiesen – vielleicht hätte die Partnerschaft vor Ort eine Weile auch auf Sparflamme überleben können. Und dazu kommt: Hätte die Bayreuther Partnerschaft vor Ort nicht bisher offensichtlich gute Arbeit geleistet – vielleicht hätte man die Entscheidung die Mittel zu streichen ja verstehen können. Aber so? Die Politik zeigt an dieser Stelle leider einmal mehr, wie es nicht geht.

Abgeordnete gegen GRÜNEN-Ministerium

Der Fall von Demokratie leben! ist nur einer von vielen, der das Vertrauen der Menschen in die Politik empfindlich stört. Vor Ort brüstet man sich mit Initiativen wie Demokratie leben! und von „oben“ werden dann von einem Ministerium gerade dort Mittel gekürzt, wo das eigene Klientel vermutlich engagiert ist. Die Politik schafft es hier mit beinahe beeindruckender Zielstrebigkeit sich selbst zu schaden. Dabei ist natürlich klar, dass Ministerin Paus nicht selbst und aus Boshaftigkeit die Mittel für Bayreuth gestrichen hat. Dennoch offenbart sich doch ein genereller Mangel an Verständnis, an Kommunikation und an Langfristigkeit. Das Ministerium muss sich fragen lassen: Wäre das nicht auch in nachhaltig gegangen? Hätte man die Partnerschaften nicht auch auf Füße stellen können, die auch ohne die Fördermittel des Bundes funktionieren können? Und hätte man nicht mit den Abgeordneten vor Ort reden können, damit nicht sogar die eigenen Leute scheinbar überrascht werden von der Entscheidung die Mittel für Bayreuth zu streichen? Fragen über Fragen.

Am Ende werden sich in Bayreuth neue Strukturen bilden. So viel Zuversicht wollen wir an dieser Stelle verbreiten. Wer sich in der Vergangenheit engagiert hat, wird das auch in Zukunft tun und bestimmte Verbindungen sind geknüpft und bleiben. Und dennoch: Um bei dem Bild mit den Säulen und dem Haus zu bleiben: Es muss jetzt wo die Säulen weg sind eben erst wieder mühsam ein neues Haus gebaut werden. Unnötig.