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Auswandern
Auswandern: wo es Deutsche wirklich hinzieht
Die deutsche TV-Landschaft ist voll von Auswanderformaten. Hoch im Kurs stehen “Drehorte” wie Mallorca, Thailand oder die USA. Doch was im TV zu sehen ist, spiegelt nicht die Realität wider. Denn die meisten Auswanderer zieht es von Deutschland in die Schweiz – dicht gefolgt von Österreich.
Was die Statistik sagt
Sommer, Sonne und Meer? Weit gefehlt: Obwohl Spanien auf Platz drei der beliebtesten Ziele von Auswanderern aus Deutschland steht, zieht es die Masse an Menschen in die Schweiz. Beliebt sind vor allem Regionen wie Zürich. Die letzte Erhebung des statistischen Bundesamts für das Jahr 2021 zeigt, dass alleine im Jahr Pandemiejahr 2021 309.000 Deutsche ihren Wohnsitz in die Schweiz verlagert haben. Im Vergleich: Nach Spanien (Platz 3 der Rangliste) sind aus der Bundesrepublik im gleichen Jahr lediglich 140.000 Menschen ausgewandert.
Viele gute Gründe für die Schweiz
Doch warum zieht es so viele Deutsche in unser Nachbarland statt in die Ferne? Seitens des Statistischen Bundesamtes besteht die Annahme, dass zum einen die räumliche Nähe zur “Heimat”, zum anderen aber auch die fehlende Sprachbarriere den Wohnortwechsel enorm erleichtert.
Jasin Isik, ein oft zitierter Schweizer Finanzexperte, bestätigt dies: “Unsere Klienten aus Deutschland geben immer wieder an, dass die Schweiz für sie persönlich das beste Gesamtpaket darstellt”. Isik zufolge spielen neben der Sprache und für viele Menschen attraktiven Landschaft auch die hohen Verdienstmöglichkeiten bei zugleich niedrigeren Steuern eine entscheidende Rolle beim Entschluss, sich von Deutschland aus in die Schweiz aufzumachen.
Klarer Blick statt rosa Brille
Wer das Netz durchstöbert, muss nicht lange suchen: Schnell findet man Fakten, die einen die ganzen letzten Jahre infrage stellen lassen: “Wieso bin ich nicht längst in die Schweiz gezogen? Schließlich verdiene ich dort im Durchschnitt 70 Prozent mehr als in Deutschland und zahle weniger Steuern“, mag manch einer denken.
Und tatsächlich gibt es Vorteile: Die Krankenkassenbeiträge sind nicht ans Einkommen gekoppelt, das Lohnniveau ist ein anderes und die Steuer- und Abgabenlast im Durchschnitt geringer. Doch Vorsicht: Durch die hohe Autonomie der Kantone kann es hier enorme Abweichungen geben. Statt nur auf Bundesebene wird die Einkommensteuer in der Schweiz sowohl auf Bundes- als auch auf kantonaler und Gemeindeebene erhoben. Außerdem ist die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung an ausreichend finanzielle Mittel geknüpft. Zwar ist es möglich, kurzzeitig ohne Job in die Schweiz auszuwandern und sich um einen solchen zu bemühen – wer länger bleiben will, muss aber zwingend einen Arbeitsvertrag oder privates Vermögen nachweisen.
Hohe Ausgaben oder alles halb so wild?
Obwohl die Preise im Supermarkt und anderswo in Deutschland aufgrund der Inflation schier atemberaubende Höhen erreicht haben, bleibt das alltägliche Leben in der Schweiz nach wie vor teurer. Auf ein Bier in einer kleinen Bar mit Freunden? Unter 6 Franken pro Glas geht in der Regel nichts – ein einfacher Cocktail verschlingt 15 Franken und mehr.
Allerdings nähern sich Deutschland und die Schweiz auch hier stellenweise an: Die Mitgliedschaft im Fitnessstudio gibt es schon ab 39.90 Franken / Monat. Der Kilopreis für die beliebte Hähnchenbrust im Supermarkt (kein BIO) schlägt gerade einmal mit rund 14.50 Franken zu Buche. Lediglich die Mietpreise sind fast flächendeckend auf Münchner Niveau. Der Franken-Euro-Umrechnungskurs ist aktuell fast eins zu eins.
Verpflichtende Sozialabgaben beachten
Hinzu kommt, dass die Sozialabgaben in der Schweiz auch Selbstständigerwerbende treffen. Während ein selbständiger Unternehmer in Deutschland nicht pauschal sozialversichert ist, muss in der Schweiz jede dort wohnhafte Person Beiträge zur staatlichen Sozialversicherung leisten. Für Unternehmen ist der Standort Schweiz aufgrund der niedrigen Unternehmensbesteuerung jedoch nicht nachteilig.
Quellen- und Vermögenssteuer
Ebenfalls wichtig zu wissen: Solange man keine dauerhafte Aufenthaltsbewilligung C besitzt (frühestens nach fünf Jahren), müssen Zuwanderer genau wie Grenzgänger Quellensteuer von etwa 4,5 Prozent des Bruttolohns abführen. Tatsächlich gibt es außerdem eine Vermögenssteuer in der Schweiz. Zur Fairness sei jedoch erwähnt, dass diese lediglich zwischen 1,3 und 10,1 Promille, also 0,13 und 1,01 Prozent beträgt und erst ab einem Vermögen von etwa 1 Millionen Franken wirklich relevant wird.
Gute Informationsbasis statt Schnellschuss
Damit nicht schnell Ernüchterung eintritt und das Ticket zurück gebucht wird, sollten Auswanderwillige sich vorab gut informieren und nicht einfach blauäugig die Sachen packen. Sei es nun, weil sie mit einem Wegzug aus Deutschland in die Schweiz – vielleicht aufgrund der hohen Gehaltsmöglichkeiten – liebäugeln oder ein anderes Land favorisieren. Wertvolle Informationen stellt unter anderem das Bundesverwaltungsamt zur Verfügung.