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Barrierefreiheit

Demografischer Wandel in Bayreuth: Pflege, Wohnen und Barrierefreiheit im Fokus

Externer Redakteur

Deutschland wird immer älter: Bis 2035 wird voraussichtlich jeder dritte Mensch hierzulande 65 Jahre oder älter sein.

Pflegenotstand: Bayreuth im demografischen Wandel

Auch Bayreuth spürt diesen demografischen Wandel deutlich. Schon jetzt sind knapp 4.800 Menschen in Bayreuth auf Pflege angewiesen – Tendenz steigend. Rund 78 % der Pflegebedürftigen werden zuhause von Angehörigen versorgt, was viele Familien an ihre Grenzen bringt. Fast 6 von 10 pflegenden Angehörigen leiden laut einer städtischen Erhebung bereits selbst unter gesundheitlichen Problemen. Zugleich sind Pflegeplätze Mangelware: 9 von 10 Bayreuther Pflegeheimen können keine neuen Bewohner mehr aufnehmen, und es fehlen Fachkräfte – derzeit bleiben rund 48 Stellen im Pflegebereich unbesetzt.

Die Lage führt zu einem spürbaren Pflegenotstand in Bayreuth. „Der Pflegenotstand ist real und wird oft von Angehörigen abgefedert“, betont Klaus Wührl-Struller, Stadtrat der Grünen. „Aber wir können uns nicht darauf verlassen, dass das so bleibt. Die Stadt muss jetzt aktiv werden“. Genau das hat Bayreuth bereits begonnen: Im November 2024 wurden Ergebnisse einer Untersuchung des BASIS-Instituts im Sozialausschuss vorgestellt. Dieses Gutachten beleuchtet den künftigen Pflegebedarf und schlägt Maßnahmen vor, damit Bayreuth der Entwicklung gewachsen bleibt. Unter anderem empfiehlt das Institut den Ausbau von Kurzzeit- und Tagespflegeplätzen bis 2040, um Versorgungslücken zu schließen. Zudem soll die Unterstützung für pflegende Angehörige verbessert werden – bisher stehen dafür seit 1999 unverändert nur 6.100 Euro jährlich bereit, was als völlig unzureichend gilt. Die Botschaft ist klar: Bayreuth steht vor großen Herausforderungen in der Pflege und muss frühzeitig gegensteuern, damit ältere Menschen auch in Zukunft gut versorgt sind.

Barrierefreie Wohnungen dringend gesucht

Eng verknüpft mit der Pflegesituation ist der Wohnungsmarkt für Senioren. Immer mehr Bayreuther erreichen das Rentenalter – bis 2035 dürfte die Zahl der Ruheständler in der Stadt auf etwa 16.300 Personen anwachsen. Doch schon heute fehlt es hinten und vorne an geeignetem Wohnraum: Rund 2.700 seniorengerechte Wohnungen fehlen aktuell in Bayreuth. Das hat das hannoversche Pestel-Institut in einer Studie Anfang 2025 alarmierend deutlich gemacht. „Es gibt einen massiven Mangel an altersgerechten Wohnungen – und das Problem wird sich noch verschärfen“, warnt Institutsleiter Matthias Günther. Der Wohnungsmarkt sei mit der kommenden Rentnergeneration überfordert.

Viele der wenigen barrierearmen Wohnungen, die es in Bayreuth gibt, werden zudem gar nicht von Senioren bewohnt, sondern von jüngeren Familien. Schwellenlose Zugänge, breite Türen und Aufzüge sind auch für Familien mit Kinderwagen attraktiv, sodass sie diese Wohnungen belegen – was den Mangel für Ältere weiter verschärft. Für mobilitätseingeschränkte Senioren bleibt damit noch weniger passender Wohnraum übrig. Das Pestel-Institut fordert deshalb eine Sanierungsoffensive und Neubauten, um mehr altersgerechte Wohnungen zu schaffen. Bislang fehlt es aber an entsprechenden Programmen und Förderungen. „Die Bundesregierung ignoriert die graue Wohnungsnot“, kritisiert Günther mit Blick auf die bundesweite Untätigkeit. Fachleute mahnen, das Thema bezahlbarer, barrierefreier Wohnraum politisch zur Priorität zu machen. Andernfalls drohen soziale Probleme: Immer mehr ältere Mieter könnten sich ihre Wohnungen nicht mehr leisten und auf staatliche Hilfe angewiesen sein, prognostiziert die Studie. Bayreuth steht also unter Druck, rechtzeitig gegenzusteuern – durch Förderung von seniorengerechtem Wohnungsbau und Unterstützung für Wohnraumanpassungen.

Öffentliche Infrastruktur: Barrierefreie Mobilität

Nicht nur Wohnen und Pflege, auch die öffentliche Infrastruktur muss mit dem demografischen Wandel Schritt halten. Bayreuths Senioren sollen mobil bleiben können – ob mit Rollator, Rollstuhl oder einfach etwas langsamer zu Fuß. Deshalb treibt die Stadt den barrierefreien Umbau von Bushaltestellen voran. Seit Januar 2022 gilt bundesweit die Vorgabe, Haltestellen im ÖPNV barrierefrei zu gestalten. Bayreuth hat dazu einen Plan aufgestellt: Auf Antrag der CSU-Stadträte Mirko Matros und Christian Wedlich wurden sämtliche Stadtbushaltestellen auf Barrierefreiheit überprüft. In einer gemeinsamen Rundfahrt machten Vertreter der Stadtwerke den Stadträten die Problemstellen deutlich. Beispiel Haltestelle Mühlhofer Stift: Dort versperrt eine ungünstig platzierte Straßenlaterne dem Bus den Weg zum Bordstein, was den Einstieg mit Rollstuhl erschwert. Der Gehsteig ist zu schmal für Rollatoren, die Rampe zu steil – kurzum, hier müssen Umbauten her, damit auch Menschen mit Einschränkungen gefahrlos ein- und aussteigen können.

Solche Hindernisse finden sich an mehreren Haltepunkten in der Stadt. Die Herausforderung: Im dichten Straßenraum Bayreuths fehlt oft Platz. Als Lösung wird diskutiert, Busbuchten zu verlängern oder Haltestellen auf die Fahrbahn zu verlegen. Zwar müssten Autos dann kurz hinter haltenden Bussen warten, „aber wir sind der Überzeugung, dass das zu verschmerzen ist“, erklärt Jan Koch, Pressesprecher der Stadtwerke Bayreuth. Ein Bus hält durchschnittlich 20 Sekunden – diese Zeit kann man zugunsten älterer oder mobilitätseingeschränkter Fahrgäste investieren. Barrierefreiheit im Verkehr nützt am Ende allen: „Wir alle profitieren von diesen Entwicklungen“, betont Koch. Breitere Einstiege und abgesenkte Bordsteine helfen nicht nur Rollstuhlfahrern, sondern z.B. auch Eltern mit Kinderwagen.

Der Umbau der Haltestellen läuft schrittweise und erfordert Planung sowie Geld. 40.000 bis 50.000 Euro kostet die Umrüstung pro Haltepunkt im Schnitt. Immerhin gibt es Zuschüsse – etwa 3.000 Euro pro Meter umgebauten Bordstein – doch den Großteil der Kosten muss die Stadt stemmen. Bis eine Haltestelle komplett barrierefrei umgebaut ist, vergehen durchschnittlich 3–4 Wochen Bauzeit. Im Jahr 2025 stehen sechs weitere Haltestellen auf der Ausbau-Liste, vier Haltepunkte aus dem Vorjahr werden fertiggestellt. Die Arbeiten koordiniert die Stadt gemeinsam mit den Stadtwerken und dem Tiefbauamt, um zugleich nötige Straßen- und Kanalarbeiten mit zu erledigen. Trotz aller Mühen zieht die Stadt ein positives Zwischenfazit: „Der Antrag wurde vorbildlich gelöst“, lobte Stadtrat Mirko Matros nach den ersten Umbauten. Bayreuth bewegt sich – Schritt für Schritt Richtung barrierefreie Mobilität.

Zuhause wohnen bleiben: Wenn die eigenen vier Wände altersgerecht werden

Die meisten Menschen möchten so lange wie möglich in den vertrauten vier Wänden bleiben – auch dann, wenn Gehen, Sehen oder Treppensteigen im Alter schwerer fallen. In Bayreuth zeigt sich diese Tendenz bereits darin, dass ein Großteil der Pflege zuhause stattfindet. Um Senioren ein selbstbestimmtes Leben daheim zu ermöglichen, gewinnt das Thema Wohnraumanpassung immer mehr an Bedeutung. Oft können schon kleine Änderungen große Wirkung haben: Sturzgefahren lassen sich durch rutschfeste Böden und das Entfernen von Schwellen verringern, Haltegriffe geben Sicherheit im Bad, ein Umbau der Dusche zur ebenerdigen Walk-in-Dusche beugt Unfällen vor. In mehrstöckigen Häusern hilft ein Treppenlift, dass Bewohner trotz eingeschränkter Mobilität alle Etagen erreichen können.

„Viele Seniorinnen und Senioren möchten ihren Lebensabend im eigenen Zuhause verbringen. Mit ein paar gezielten Umbauten kann man die Wohnung deutlich sicherer und komfortabler machen“, erklärt Matthias Korn, Treppenlift-Experte für Bayreuth. Wichtig sei eine individuelle Beratung, so Korn, um die passenden Maßnahmen zu finden – vom Treppenlift über barrierefreie Sanitärumbauten bis hin zu automatischen Herdabschaltern. Häufig gibt es finanzielle Zuschüsse der Pflegekasse oder Kreditanstalten, die solche Umbaumaßnahmen fördern. So werden bereits im Privaten praxisnahe Lösungen umgesetzt, damit ältere Menschen in Bayreuth möglichst lange selbstständig zuhause leben können.

Fazit: Bayreuth steht exemplarisch für die Herausforderungen des demografischen Wandels. Die Stadt benötigt ausreichende Pflegeangebote, genügend barrierefreie Wohnungen und eine zugängliche Infrastruktur, um der wachsenden Zahl älterer Bürger gerecht zu werden. Zugleich zeigen lokale Initiativen – von neuen Pflegekonzepten bis zum barrierefreien Nahverkehr und der häuslichen Wohnraumanpassung – wie durch vorausschauendes Handeln und Zusammenarbeit Lösungen entstehen. Der demografische Wandel muss kein Stillstand sein: Wenn Stadt, Politik und Bürger an einem Strang ziehen, kann Bayreuth auch in Zukunft ein lebenswertes Zuhause für alle Generationen bleiben.