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Immobilien

„Einen Makler hat es noch nie so wenig gebraucht wie heute“

Externer Redakteur

Auch der bayerische Immobilienmarkt hat sich von den Rückschlägen der vergangenen Jahre befreit. Die Preise steigen auf breiter Front wieder leicht an – was es die Bereitschaft zum Verkauf erhöht.

Viele private Immobilieneigentümer setzen dabei auf die Dienste von Maklern. Doch die teuren Profis braucht es nur in seltenen Ausnahmefällen. Hendrik Richter, Chef der Onlineplattform ohne-makler, erklärt im Interview, wie sich Häuser und Eigentumswohnungen zu guten Preisen auch auf eigene Faust vermarkten lassen – und auf welche Stellschrauben es dabei besonders ankommt.

Herr Richter, an den bayerischen Märkten ging es in letzter Zeit hoch her. Zwar steigen Preise und Mieten. Baugenehmigungen werden aber immer weniger. Welchen Einfluss hat dieses Gemisch auf Ihr Geschäft?

Was wir merken, ist ein genereller Optimismus, der sich an den Immobilienmärkten breit macht. Leicht steigende Preise, kürzere Verhandlungen als im Vorjahr sind erste Hinweise für eben genau das. Auch die Angst vor der Frage der Energie- und Sanierungskosten nimmt stufenweise ab, was in Kombination zu mehr Verkäufen führt.
Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass der Markt noch nicht da steht, wo er zu Niedrigzinsphasen stand. Objekte müssen heute gut vermarktet werden, damit sie die Emotionen des Käufers wecken. Einen Makler braucht es dafür nicht zwingend. Der Privatverkäufer kann den Prozess selber in die Hand nehmen.

Wie entwickelt sich der Markt zurzeit in der Region? Bekommen Sie in Oberfranken andere Signale als am Markt üblich oder gibt sich das nichts mit dem Durchschnitt im Bund?

Bis auf die letzte Nachkommastelle kann das keiner absolut sagen. Es gibt aber bestimmte Tendenzen, die in eine klare Richtung gehen: Der Wertzuwachs im Bestand und bei Mieten ist flächendeckend erkennbar. Je nachdem natürlich, ob Lage und Objektzustand, Demografie mitspielen.

Kommt dann auch noch ein kaufkräftiges Kaufklientel hinzu, kann auch im Preis mehr verhandelt werden. Diese Faktoren sehen wir auch in den bayerischen Regionen, die sich traditionell durch positive Wirtschaftsentwicklung und steigende Bevölkerungszahlen auszeichnen. Unnötig runterhandeln musste sich noch nie jemand und das erst recht nicht heute.

Werden Makler 2025 wichtiger?

Nein. Ich würde sogar behaupten, dass es einen Makler noch nie so wenig gebraucht hat wie heute. In einigen, wenigen Einzelfällen, kann ein Vermittler sicherlich helfen.
Wenn ich zum Beispiel aus Bayern stamme und eine Immobilie in Norddeutschland vermieten bzw. verkaufen möchte. Da hat niemand Lust als Verkäufer Hunderte Kilometer Strecke für Termine zu machen. Und es fehlt an lokaler Expertise sowie guten Kontakten zu Interessenten, Banken oder Geschäftspartnern.

Makler können in solch besonderen Fällen helfen. In der großen Mehrheit der privaten Verkäufe von Immobilien allerdings nicht.

Was kann der Otto Normalverbraucher Ihrer Meinung nach konkret unternehmen, damit heute clever verkauft wird?

Wichtig sind handwerkliche Fähigkeiten, die es für den DIY-Verkauf braucht. 
Aus der Erfahrung denke ich sofort an “Wer ist meine Zielgruppe?”, “Wie setze ich Fotos gut ein?”, “Wie komme ich zu einem vernünftigen Preis?” Sobald ich diese Punkte positiv beantworte, kann es mit dem Verkauf losgehen.

Spreche ich Familien an, gehört der große Garten, Kindergärten, Schulen und Museen direkt ins Exposé. Selbst, wenn damit andere Zielgruppen, man denke an „partywütige“ Singles, ausgeschlossen werden. Für die wäre die kleine Wohnung im wuseligen Trendviertel relevanter.

Wichtig für Fotos: Helle Aufnahme bei gutem Wetter im Frühling oder Sommer. Und Bildern die Chance geben, Emotionen zu transportieren. Beispielsweise durch Home-Staging.

Für die Preisfindung können schon kostenlose Online-Anbieter eine erste und seriöse Einschätzung geben. Nicht nur in diesen, sondern quasi in allen Bereichen, braucht es heute keine Makler für den Immobilienverkauf.

Können Sie die Sorgen von Eigentümern verstehen, die um schwankende Preise fürchten, wenn es ums Verkaufen geht?

Einzig und alleine bei Notverkäufen kann ich das heute noch verstehen. Wenn kurzfristig Liquidität gebraucht wird oder wenn eine Zwangsversteigerung droht, kann ich nachvollziehen, dass Ängste sehr präsent bei Käufern sind.

Auf lange Sicht werden Objekte mit guter Lage und modernem Gebäudezustand aller Voraussicht nach krisenfest sein. Eine Wertsteigerung ist bei der aktuellen Kombination aus Baukrise und steigender Bevölkerung für die meisten Immobilien nur logisch.

Haben Sie einen Appell an die Politik im Land, damit sich die Lage verbessert?

Da gäbe es einige. Angefangen mit einem größeren Commitment zu mehr Digitalisierung in den großen und wichtigen Wirtschaftszweigen.
Für die Immobilienmärkte im Speziellen begrüße ich eine Senkung der Grunderwerbsteuer für Erst-Eigennutzer und ein Ende der komplett gescheiterten Mietpreisbremse.

Welche Chancen rechnen Sie dem bayerischen und speziell dem oberfränkischen Markt bis Jahresende zu?

Klar ist, dass das sämtliche Marktprognosen immer von Wirtschaft und Politik getrieben sind. Sollte es aber nicht zu neuen großen Krisen kommen, gehe ich von einer Stabilisierung aus. Bedeutet, dass Preise flächendeckend leicht steigen, mehr verkauft und kräftiger investiert wird. Sowohl in einzelnen Regionen als auch bundesweit.