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Belästigung

„In Hot Pants gefällst du mir besser“: Betroffene schildert Belästigung an Bayreuther Schule

Ein Bayreuther Lehrer soll über Jahre hinweg Schülerinnen mit anzüglichen Bemerkungen belästigt haben. Das bt hat mit einer Betroffenen gesprochen.

Die frühere Schülerin des Bayreuther Wirtschafts-Wissenschaftlichen Gymnasiums (WWG) berichtet von anzüglichen Bemerkungen durch ihren damaligen Lehrer. Vorwürfe gegen ihn sind auch der Stadt bekannt.

Dennoch blieb der Lehrer noch jahrelang im Dienst.

Betroffene Bayreuther Schülerin berichtet

Der Bayreuther Lehrer Herr K. (Name geändert) stand am Dienstag, den 8. November 2022, vor dem Verwaltungsgericht. Er klagte gegen seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Nachdem das bt über den Prozess berichtet hatte, meldeten sich frühere Schüler des Lehrers bei uns.

Eine Schülerin, die anonym bleiben möchte, sagte dem bt im Gespräch, dass Herr K. am WWG zunächst als sehr streng galt. „Wenn man in den Unterricht kam, hatte man panische Angst.“ Oft habe er Schüler runtergemacht. „Er ist reihum gegangen und hat Sachen gesagt wie: ‚Aus dir wird nie was.'“

Die Mädchen aber habe er oft bevorzugt. Auch die Schülerin hat das nach eigenen Angaben oft erlebt. „Ich war keine gute Schülerin, aber ich habe eine 2 bekommen. Ein guter Schüler bekam eine 4. Der hat dann gemeint, was das soll. Da ist der Lehrer ausgerastet, das kann man sich gar nicht vorstellen. Er hat vor der ganzen Klasse zehn Minuten lang nur rumgeschrien.“ Diese Bevorzugung hätten viele Schülerinnen erlebt. „Es war ein Running Gag in der Schule: ‚Wenn du ein Top trägst, kriegst du eine 2.'“




Schokolade angeboten

Doch es ist der Betroffenen zufolge nicht bei der gesonderten Behandlung der Mädchen geblieben. „Ich hatte im Sommer eine lange Hose an. Da meinte er: ‚In Hot Pants gefällst du mir besser.'“ Außerdem habe Herr K. Urlaubsbilder von ihr sehen wollen. „Man hat einmal hinten meinen BH-Träger gesehen. Da sagte er, ich mache die ganzen Jungs verrückt. Und er könne sich auch nicht konzentrieren.“

Obwohl es laut dem Bayreuther Verwaltungsgericht ab 2014 die Regelung gegeben hat, dass sich Herr K. nicht zu Einzelgesprächen mit Schülerinnen treffen durfte, erinnert sich die Schülerin an solche Gespräche. „Ich sollte das Absenzenheft führen. Also eintragen, wer wann gefehlt hat. Jeden Donnerstag in meiner Pause musste ich zu ihm kommen und das Absenzenheft durchsprechen. Das fand ich unnötig. Er hat mir Schokolade mitgebracht. Und er wollte mich sogar damit füttern.“

Eltern gingen zu Direktor

Als in der 10. Klasse die Abschlussfahrt nach Berlin anstand, wollten die Schülerinnen der Klasse laut dem Betroffenen-Bericht nicht, dass Herr K. mitfährt. Sie tauschten sich über die Vorwürfe aus, sammelten sie auf vier DIN A4-Seiten. Die Schülerin gab die Liste ihrem Vater, der ging damit zum damaligen Direktor. Wenig später habe Herr K. seiner Klasse mitgeteilt, dass er nicht mit auf die Abschlussfahrt fahre. „Aber sonst hat sich nichts geändert“, sagt die Schülerin heute.

Sie ist nicht alleine mit ihren Beschwerden über Herrn K. Dem Bayreuther Verwaltungsgericht liegt ein 18-Seiten-Bericht mit Vorwürfen und Beschwerden vor. Auch ein anderer früherer Schüler bestätigte gegenüber dem bt die bevorzugte Behandlung von Schülerinnen. „Sein Verhalten war gegenüber den Mädchen kulanter und freundlicher.“ Aus seiner Sicht hat Herr K. die Mädchen unnötig oft zu Einzelgesprächen gebeten.

Das sagt der Direktor heute

Die Stadt Bayreuth leitete ein Disziplinarverfahren gegen Herrn K. ein – allerdings erst Anfang 2020. Viele Jahre nach den ersten Vorwürfen. Das bt hat beim früheren Direktor des Gymnasiums, Hans-Dieter Sippel, nachgefragt, inwiefern er von den Vorwürfen gewusst hat. Darauf entgegnete er zunächst, dass es sich dabei um interne Angelegenheiten handle.

Das bt hat daraufhin auf das öffentliche Interesse hingewiesen, da doch schließlich die Töchter und Söhne der Stadt auf das Gymnasium gehen. Dazu sagte der frühere Direktor: Nicht er sei in der Pflicht, sondern der Dienstherr – die Stadt Bayreuth.

Stadt bezieht Stellung

Die Pressestelle der Stadt teilt auf bt-Anfrage mit: „In der Personalverwaltung der Stadt Bayreuth wurde erst im März 2018 bekannt, dass es zu Problemen mit der von Ihnen genannten Lehrkraft gekommen war. Allerdings war dabei die Schwierigkeit, dass die Beschwerden an die Personalverwaltung anonym herangetragen wurden beziehungsweise die Beschwerdeführer/innen keinesfalls mit Namen benannt werden wollten.“

Daraufhin folgten laut Stadt unverzüglich Personalgespräche mit Herrn K. „In deren Rahmen wurde er eindringlich auf seine Dienstpflichten und seine Verantwortung gegenüber jungen Menschen hingewiesen.“

Im November 2019 habe es erstmals eine Beschwerde mit konkreter Namensnennung gegeben. „Mit Schreiben vom 4. März 2020 wurde der betroffene Lehrer vollumfänglich von seinen Dienstpflichten entbunden und der Zutritt zur Schule untersagt.“

Disziplinarverfahren ruht

Das Disziplinarverfahren ruht weiterhin, da Herr K. aufgrund einer Depression als dauerhaft dienstunfähig gilt. Am Dienstag, den 8. November 2022, stand Herr K. vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth, um gegen die vorzeitige Pensionierung zu klagen. Ohne Erfolg. Beim Prozess wurde auch der Standpunkt des Lehrers deutlich: Ihm zufolge sind die Anschuldigungen erfunden.