Zuletzt aktualisiert am

Pandemie

Experte aus Bayreuth sieht rechtliche Lage der Impfpflicht kritisch: und Söders Extra-Kurs problematisch

Die Umsetzung der Impfpflicht sorgt für Verwirrung. Adam Sagan, Rechtsprofessor an der Universität Bayreuth, erklärt die Hintergründe.

Ab Mitte März gilt für Beschäftigte in Kliniken und in der Pflege eine „Corona-Impfpflicht“. Einige Bundesländer – darunter Bayern- planen Übergangsregelungen, die einer Aussetzung des Gesetzes gleichkommen.

Bei der Umsetzung der neuen Vorgaben herrscht Unsicherheit über den Gesetzesvollzug. Der Arbeitsrechtler Professor Doktor Adam Sagan, Inhaber des Lehrstuhls Zivilrecht II an der Universität Bayreuth, erläutert im Interview, was an dem Gesetz klar ist und was nicht.

Lesen Sie auch: Darum lässt der Freistaat Bayern die Impfpflicht vorerst fallen.

Gesetz ist keine Corona-Impfpflicht

Von einer Impfpflicht lässt sich rechtlich nicht sprechen. Sagan erläutert dazu: “Aus dem Gesetzestext ergibt sich nur eine Nachweispflicht in bestimmten Bereichen des Gesundheitswesens. Konkret heißt es da: Beschäftigte müssen nachweisen, dass sie geimpft oder genesen sind oder aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können.”

Sollte ein Arbeitgeber also keinen Nachweis erbringen können, ist der Arbeitgeber in der Pflicht, dies dem zuständigen Gesundheitsamt unverzüglich melden, so Sagan. Dieses entscheide über ein Tätigkeitsverbot in der Einrichtung. “Der Leistungsaustausch im Arbeitsverhältnis – Arbeit gegen Geld – kommt damit zum Erliegen. Das heißt: Diese Kräfte erhalten kein Gehalt mehr.” Sagan weist allerdings auch darauf hin, dass in manchen Fällen eine Beschäftigung aus dem Homeoffice denkbar ist.

Bayreuth: Experte sieht viel Arbeit der Gerichte

Wenn die Übergangsregelungen, die aktuell vom bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) geplant sind, dazu führen, dass Gesetze nicht umgesetzt werden, werfe das nach Meinung Sagans verfassungsrechtliche Fragen auf. “Es bleibt dabei, dass die Beschäftigten im Gesundheitswesen grundsätzlich geimpft oder genesen sein müssen. Daraus ergeben sich die Fragen, ob der Arbeitgeber die Impfung verlangen kann, die Beschäftigung ungeimpfter Arbeitnehmer ablehnen kann, ob Entgelt fortgezahlt werden muss und ob abgemahnt und gekündigt werden darf. Hier allein auf die Untätigkeit der Gesundheitsämter zu hoffen, verschiebt diese Fragen nur in eine rechtliche Grauzone.”

Ab dem 16. März 2022 wird das Gesundheitsamt einige Nachweise behördlich einfordern und ärztlichte Untersuchungen anordnen müssen, erwartet der Rechtswissenschaftler der Universtität Bayreuth. Auch viele Einsprüche vor Gericht seien denkbar. Wegen der Unklarheiten im Gesetz sieht Sagan ” einiges auf die Gerichte zukommen”.