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Coronavirus

Lauterbachs Killervariante “unwissenschaftlich”: Virologen erteilen Prognose klare Absage

In der Bild am Sonntag sprach Gesundheitsminister Karl Lauterbach von einer “Killervariante” des Coronavirus. Doch Virologen sind sich einig: Diese Aussagen entbehren jeder Grundlage.

Karl Lauterbach, seines Zeichens Gesundheitsminister der Bundesrepublik Deutschland für die SPD, äußerte am Wochenende in der Bild am Sonntag Bedenken zu einer “Killervariante” des Coronavirus. Uns könnte eine Variante drohen, die so tödlich wie Delta, aber so ansteckend wie Omikron ist. Die Weltgesundheitsorganisation spricht bei den Varianten BA.4 und BA.5 von “besorgniserregenden” Omikron-Varianten.

Focus Online berichtet jedoch: Mehrere Virologen befinden Lauterbachs Prognose für unhaltbar.

Virologen halten nichts von Lauterbachs Aussage

Besondere Sorge machte Lauterbach in der Bild am Sonntag darüber deutlich, dass sich die Abstände, in denen neue Varianten die alten ablösen, immer mehr verkürzen. So könne man sich immer schlechter auf diese vorbereiten: “Es ist durchaus möglich, dass wir eine hochansteckende Omikron-Variante bekommen, die so tödlich wie Delta ist. Das wäre eine absolute Killervariante.” Mit einem Omikron-Impfstoff rechnet der Gesundheitsminister ab September.

Führende Experten würden laut Focus Online dieses Szenario aber nicht für wahrscheinlich halten. Infektiologe Christoph Spinner vom Klinikum rechts der Isar in München sagt im Video-Talk, dass alle bekannten Omikron-Varianten zwar leichter übertragbar seien als vorherige Varianten, aber keine schweren Krankheitsverläufe auslösen würden. Die Sterblichkeit in der deutschen Bevölkerung sei deutlich zurückgegangen. Man müsse sich zwar darauf einstellen, dass immer wieder neue Varianten entstehen, das heiße aber nicht, dass sie automatisch gefährlicher seien.

Killervariante sei “unwissenschaftlich”

Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit fand deutliche Worte für Lauterbachs “Killervariante” gegenüber NDR 90,3. Dieser Begriff sei seiner Ansicht nach “unwissenschaftlich” und würde nur für Verunsicherung in der Bevölkerung sorgen. Außerdem sei laut WHO eine solche Variante im Herbst ein sehr unwahrscheinliches Szenario.

Hendrik Streeck vermenschlichte das Virus zur Veranschaulichung in der Bild und leitete so her, dass das Virus leichter übertragen werden, den Immunantworten entgehen und gleichzeitig nichts von seiner Fitness verlieren wolle. In dieses Bild gehörten allerdings keine krankmachenden Eigenschaften.




Virus werde keinen “Rückwärtsgang” einlegen

Focus Online zitiert weiter den Chefvirologen Ulf Dittmer von der Uniklinik Essen. Die biologische Entwicklung des Coronavirus widerspreche der von Lauterbach geäußerten Befürchtung. Neue Varianten würden seiner Einschätzung nach nicht gefährlicher werden als vorherige: “Dass so ein Virus wieder so tödlich wie Delta sein könnte, halte ich für sehr unwahrscheinlich”, sagte Dittmer nach dem Auftauchen von Omikron XE.

Ein Grund dafür sei, dass Omikron sich gut über die oberen Atemwege in Nase und Rachen verbreite, während Delta in tiefer liegende Organe eindrang. Dies sei Omikrons entscheidender Vorteil, um mehr Menschen zu infizieren. Dittmer sehe in der Evolution keinen “Weg zurück zu einem Virus, das wieder tiefes Gewebe infiziert.”

Auch Virologin Ulrike Protzer bestätigt die vorangegangenen Thesen. Sie halte es für extrem unwahrscheinlich, dass es noch gefährlichere Varianten geben werde, sagte die Münchner Professorin in der Augsburger Allgemeinen Ende März. Das Immunsystem der Menschen sei durch die Impfungen und die hochansteckende Omikron-Variante auf das Virus vorbereitet.