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Mitglieder des Bayreuther Stadtrats
Michael Hohl (CSU): “Die Abwahl 2012 war die härteste Negativerfahrung meines Lebens”
Im März ist der neuen Stadtrat in Bayreuth gewählt worden. Auch Altoberbürgermeister Michael Hohl (CSU) wird wieder im Stadtrat tätig sein.
Michael Hohl sprach mit dem bt über Inhalte, das Verhalten von Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe und die Herausforderungen aufgrund der Corona-Pandemie.
Verständnis für Merk-Erbe
In der Stichwahl wurde Brigitte Merk-Erbe Ende März 2020 als Oberbürgermeisterin abgewählt. Michael Hohl war vor acht Jahren in derselben Lage, wie seine Nachfolgerin heute – auch er wurde damals abgewählt. Zum damaligen Zeitpunkt, also 2012, wurden allerdings Stadtrat und Oberbürgermeister nicht gleichzeitig gewählt, sondern zwei Jahre versetzt. Merk-Erbe hat nun entschieden, ihr Stadtratsmandat nicht anzunehmen.
Hohl kann das Verhalten Merk-Erbes nach der Wahl gut nachempfinden. “Wenn Sie mich 2012 direkt nach der Niederlage gefragt hätten, ob ich für den Stadtrat kandidieren würde, hätte ich das vermutlich auch abgelehnt”, sagt Hohl. “Die Abwahl 2012 als Oberbürgermeister war für mich die härteste Negativerfahrung meines Lebens.” Deswegen respektiere er ihre Entscheidung. “Wenn diese Konsequenz für sie jedoch von Anfang an feststand, wie es ja verschiedentlich durchgeklungen ist, wäre es ehrlicher gewesen, das den Wählerinnen und Wählern auch vorher zu sagen”, kritisiert er.
Mut, Motivation und neue Energie
Hohl war nach seiner Niederlage nicht Mitglied des Stadtrates. Nach seinem guten Ergebnis 2013 bei der Landtagswahl 2013, stellte er sich ein Jahr später dann aber doch auf dem letzten Listenplatz der CSU der Stadtratswahl. Die zweitmeisten Stimmen bei der Wahl haben ihm Mut, Motivation und neue Energie für seine politische Arbeit gegeben. Deswegen freut sich der Alt-OB auch über sein persönliches Ergebnis bei der aktuellen Kommunalwahl.
So wie schon 2014 konnte ich auch dieses Mal von Platz 44 der CSU-Liste aus durchstarten und bin auf Platz vier gelandet.
(Michael Hohl, CSU)
Bayreuths neuer Oberbürgermeister heißt derweil Thomas Ebersberger (CSU). Hohl ist glücklich über den Amtswechsel. “Unser Kandidat hat gewonnen”, freut er sich. Der Wechsel käme genau zur richtigen Zeit. Thomas Ebersberger sei eher ein Umsetzer, als ein Moderator. Gerade diese Qualitäten seien wichtig in der momentanen Zeit. Das Coronavirus sei das bestimmende Thema derzeit.
Herausforderungen nach der Pandemie
“Unser gesellschaftliches Leben, einschließlich eines beachtlichen Teiles unserer Wirtschaftsleistung ist zum Erliegen gekommen”, sagt Hohl. Er befürchtet erhebliche Einnahmerückgänge dieses Jahr für die Stadt. Zudem sei er sich sicher, dass der im Februar beschlossene Haushaltsplan schon jetzt nicht mehr passe. In den vergangenen Jahren wurden riesige Bauprojekte wie das Friedrichs-Forum begonnen, welche alle aus dem Zeit- und Kostenplan geraten sind.
“Unsere Infrastruktur wurde vernachlässigt, deshalb gibt es einen großen Investitionsstau bei unseren Schulen und anderen städtischen Gebäuden, der Kanalisation, Straßen und Wegen, usw.”, kritisiert er. “Unsere Kulturbetriebe müssen ohne Einnahmen auskommen und auch unsere Vereine verzeichnen starke Rückgänge.” Deswegen müsse man jetzt alles neu bewerten, um die geringeren Mittel, die zur Verfügung stehen werden, an den wichtigsten Stellen einzusetzen. Außerhalb des Wirtschaftssektors gibt es noch andere wichtige Bereiche für Hohl. Zu ihnen gehören Familien und Kinder, ein gutes Bildungssystem, eine intakte Infrastruktur inklusive Digitaltechnik, das Gesundheitssystem und die Umwelt.
Bauchgefühl kommt im home-office zu kurz
Die aktuelle Ausgangsbeschränkung betrifft Hohl mehr privat als beruflich. “Die Themen sind andere als vorher und die Besprechungen finden jetzt mit Hilfe digitaler Technik als Telefon- oder Videokonferenzen vom home-office aus statt”, erzählt er. Einen Nachteil habe diese Form der Arbeit jedoch für ihn. Bei neuen Kontakten könne er nur schwer feststellen, ob die Chemie stimme.
“Das wichtige Bauchgefühl kommt da zu kurz.” Im privaten Bereich vermisse er die sozialen Kontakte, obwohl er zu Beginn noch die Entschleunigung seines Lebens als sehr angenehm empfunden habe. Doch inzwischen fehlen ihm Zusammenkünfte mit der Familie, Abende mit Freunden, Restaurantbesuche, einen Kino- oder Musikabend oder einfach ein Bier in der Kneipe. “Das alles bekommt in diesen Tagen wieder ein ganz anderes Gewicht.”
bt-Redakteurin Online/Multimedia
Katharina Adler