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Spargel, Erdbeeren und Co

Mindestlohn-Erhöhung auf 15 Euro: Das Aus für regionales Obst und Gemüse?

Die geplante Mindestlohnerhöhung auf 15 Euro alarmiert die Obst- und Gemüsebauern in unserer Region. Steht der Anbau von Spargel und Erdbeeren vor dem Aus?

Die im Koalitionsvertrag vereinbarte geplante Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro pro Stunde ab 2026 schlägt hohe Wellen in der deutschen Landwirtschaft. Insbesondere der Anbau von Gemüse und Obst steht vor einer ungewissen Zukunft, warnt das Netzwerk der Spargel- und Beerenverbände e.V. Die befürchtete Kostensteigerung könnte zu einem massiven Höfesterben und einer Schwächung der regionalen Lebensmittelproduktion führen.

Alarmierende Entwicklung: Betriebsaufgaben nehmen zu

Die Situation ist bereits jetzt angespannt. Simon Schumacher, Vorstandssprecher des Verbands Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer e.V. (VSSE), beobachtet mit Sorge: „Immer mehr Betriebe geben die Spargel- und Erdbeerproduktion auf. Mittlerweile müssen wir das sogar von Betrieben erfahren, von denen wir das nie erwartet hätten.“ Um den Produktionsstandort nicht weiter zu gefährden, fordert der Verband eine Einfrierung des aktuellen Mindestlohns von 12,82 Euro für die Landwirtschaft.

Dramatischer Rückgang in Spargel- und Erdbeeranbau

Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen den negativen Trend. Zwischen 2022 und 2024 sank die Anzahl der Spargelanbaubetriebe um rund 10 Prozent, die der Erdbeeranbaubetriebe um mehr als 11 Prozent. Auch die Anbauflächen verkleinerten sich deutlich. Seit der Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015 haben sogar fast 30 Prozent der Betriebe die Spargelproduktion eingestellt, und die Erdbeerernte ist um 30 Prozent zurückgegangen. Die geplante Mindestlohnerhöhung könnte diese Entwicklung noch beschleunigen, fürchtet der Verband.

Hohe Lohnkosten und ungleicher Wettbewerb als Hauptursachen

Die Gründe für die Betriebsaufgaben liegen vor allem in den steigenden Lohnkosten, so der Anbauverband. Allein in den letzten drei Jahren ist der Mindestlohn um über 30 Prozent gestiegen. Für viele Betriebe machen die Lohnkosten für Saisonarbeitskräfte bis zu 60 Prozent der Ausgaben aus und haben sich seit 2015 nahezu verdoppelt.

Hinzu kommt ein ungleicher Wettbewerb mit anderen europäischen Ländern. In Spanien beispielsweise seien die Produktionskosten aufgrund des niedrigeren Mindestlohns um ein Drittel geringer, in Griechenland sogar um mehr als die Hälfte. Gleichzeitig sehen sich deutsche Landwirte mit höheren Auflagen bei den Produktionsstandards konfrontiert.

Landwirte fordern politische Lösungen

Die betroffenen Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter kritisieren das Fehlen politischer Lösungsansätze für ihre prekäre Lage. Neben den hohen Lohnkosten belasten sie auch der hohe bürokratische Aufwand, Personalmangel, die hohe Arbeitsbelastung und die fehlende Hofnachfolge.

Verbraucherpreise können Kostensteigerung kaum auffangen

Trotz Inflation und gestiegener Produktionskosten blieben die durchschnittlichen Verbraucherpreise für Spargel und Erdbeeren in den letzten Jahren weitgehend stabil. Dies zeigt, dass die Konsumenten die steigenden Kosten kaum auffangen können, so ein Verbandssprecher.

Hoher Selbstversorgungsgrad bei Spargel und Erdbeeren in Gefahr

Im Vergleich zu Gemüse insgesamt (37 Prozent) und Obst (20 Prozent) wiesen Spargel (knapp 85 Prozent) und Erdbeeren (50 Prozent) im Wirtschaftsjahr 2023/2024 noch einen relativ hohen Selbstversorgungsgrad auf. Sie wurden also in Deutschland produziert. Dies ist auf die Saisonalität und die hohe Akzeptanz dieser Produkte in der Bevölkerung zurückzuführen. Die geplante Mindestlohnerhöhung könnte jedoch auch hier zu einem deutlichen Rückgang führen.

Appell für regionale Produktion und Versorgungssicherheit

Anke Knaup, Ansprechpartnerin für Regionalität und Werbung im Netzwerk, betont die Bedeutung der heimischen Produktion: „In der Pandemie und mit dem Kriegsausbruch in der Ukraine haben wir erlebt, wie wichtig die inländische Produktion von Lebensmitteln ist. Auch die weltweit zunehmenden Wetterextreme legen es nahe, verstärkt auf die inländische Gemüse- und Obstproduktion zu setzen. Wir können uns nicht auf die Ernte in anderen Ländern verlassen. Auch hilft sie, Transportwege und damit CO2 einzusparen.“