Zuletzt aktualisiert am
Mordprozess gegen Leon D. geht zu Ende: Urteil fällt heute
von Stefanie Schweinstetter, 5. November 2024, 8:30 Uhr
An sieben Prozesstagen hat das Gericht sich mit der Tötung von Rebecca S. durch ihren Ex-Freund Leon D. und den Hintergründen der Tat beschäftigt. Am 8. November soll das Urteil fallen.
Die Hauptverhandlung im Mordprozess gegen Leon D. nimmt diese Woche ihr Ende. Die Schlussvorträge von Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung hat das Gericht am 5. November gehört. Am Freitag, den 8. November 2024, um 11:30 Uhr soll das Urteil verkündet werden. Dabei geht es um die Frage, ob Leon D. wegen Mordes oder wegen Totschlags verurteilt wird, ob Jugendrecht oder allgemeines Strafrecht zur Anwendung kommt und ob sich das Gericht die Anordnung einer Sicherungsverwahrung vorbehält.
Schlussplädoyers: Staatsanwaltschaft und Nebenklage fordern Urteil wegen Mordes
Oberstaatsanwalt Daniel Götz forderte in seinem Schlussvortrag am Dienstag, die Haftstrafe müsse die Brutalität der Tat würdigen. Leon D. könne aber nach Ansicht des forensischen Psychiaters wieder sozialisiert werden. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Haftstrafe von 14 Jahren und 6 Monaten mit Vorbehalt der Sicherungsverwahrung. Verena Grohs, die die Eltern der getöteten 18-jährigen Rebecca vertritt, beantragte eine lebenslange Haftstrafe für den Angeklagten. Eine anschließende Sicherungsverwahrung solle vorbehalten werden. Nur so könne verhindert werden, dass keine weiteren jungen Frauen zu Schaden kämen. Hilmar Lampert, Leon D.s Verteidiger, plädierte für eine neunjährige Haftstrafe für seinen Mandanten. Leon D.s Tat sei Totschlag und kein Mord gewesen. Sein Mandant bereue seine Tat.
Staatsanwaltschaft und Nebenklage forderten ein Urteil nach allgemeinem Strafrecht, die Verteidigung beantragte, Leon D. nach Jugendrecht zu verurteilen.
Mord oder nicht?
Am 22. Oktober hat die Anklage die Mordmerkmale, die sie für Leon D.s Tat sieht, ergänzt. Dabei betonte Staatsanwalt Daniel Götz die narzisstische Kränkung, die der forensische Psychiater Dr. Wenske in seinem Gutachten über den Angeklagten als für die Tat bedeutsam beschreibt.
Auch das Gericht hat den Angeklagten am 22. Oktober darauf hingewiesen, dass es folgendes in Betracht zieht: Leon D. habe gestört, dass seine Ex-Freundin sich nach der Trennung geweigert habe, ihm weiterhin Kontrolle über ihr Leben zu geben. Außerdem habe es ihn wütend gemacht, dass sie ihm vor einem Clubbesuch nicht versprechen wollte, sich anderen Männern nicht anzunähern. Er habe deshalb den Plan gefasst, sie zu töten. Er habe es außerdem getan um zu verhindern, dass Rebecca S. ihn aus dem gemeinsamen Freundeskreis drängen könne.
Zu den niedrigen Beweggründen könnten nach Ansicht des Gerichts Wut, Schutz des Freundeskreises und Verbesserung der Lebenszufriedenheit kommen.
War die Tat geplant?
„Es stimmt, dass ich Rebecca getötet habe. Aber geplant habe ich es nicht“, sagte Leon D. in seiner Aussage am ersten Verhandlungstag, den 11. Oktober. In seiner zweiten Aussage am 24. Oktober gab er an, zumindest „mit dem Gedanken gespielt“ zu haben, Rebecca S. und dann sich selbst zu töten. Im Gerichtssaal kam neben einem detaillierten Mordplan aus der Notizen-App des Angeklagten auch ein Zeuge zu Wort, dem Leon D. im Vorfeld von seinen Überlegungen zur Tat erzählt haben soll.
Sicherungsverwahrung oder nicht?
Die Jugendkammer hat den Angeklagten in der Sitzung am 22. Oktober darauf hingewiesen, dass sie sich eventuell die Anordnung einer Sicherungsverwahrung vorbehält.
Zu dieser Frage hat das Gericht am 24. Oktober das Gutachten des forensischen Psychiaters Dr. Wenske gehört. Es sollte darüber Auskunft geben, ob Leon D. in Zukunft eine ähnliche Tat begehen könnte. Der Einschätzung des Sachverständigen nach sei es wahrscheinlich, dass Leon D. sich in zukünftigen Beziehungen, je nach Beziehungsdynamik, ähnlich verhalten könnte, wie in seiner Beziehung mit Rebecca S.
Jugendstrafrecht oder nicht?
Heranwachsende können bis ihrem 21. Lebensjahr nach dem Jugendstrafrecht verurteilt werden. Das gilt zum Beispiel, wenn der betreffende Heranwachsende in seiner psychosozialen Entwicklung eher einem Jugendlichen gleichgestellt ist. Das Jugendstrafrecht hat zum Ziel, den Angeklagten zu erziehen. Die Höchstdauer der Jugendstrafe liegt bei 10 Jahren, bei Heranwachsenden wie Leon D. bei 15 Jahren.
Die Jugendgerichtshilfe hat in der Sitzung vom 25. Oktober empfohlen, den 19-jährigen Leon D. nach Jugendstrafrecht zu verurteilen. Grund dafür sei, dass er von seinen Eltern finanziell abhängig sei und noch zuhause gewohnt habe.
Auch der Psychiater Dr. Wenske wurde dazu befragt, ob er Leon D.s Beziehungsnarzissmus als Entwicklungsverzögerung einschätze. Dr. Wenske verneinte dies in der Verhandlung am 24. Oktober.
Links zu allen bisherigen Artikeln zur Hauptverhandlung finden Sie hier:
Erster Verhandlungstag am 11. Oktober: Aussage des Angeklagten Leon D.
Zweiter Verhandlungstag am 16. Oktober: Leon D.s Eltern sagen aus
Dritter Verhandlungstag am 17. Oktober: Rebecca S.‘ Mutter sagt aus
Vierter Verhandlungstag am 18. Oktober: Internet-Freund: Leon D habe die Tat angedeutet.
Fünfter Verhandlungstag am 22. Oktober: JVA-Psychologe darf doch nicht aussagen
Sechster Verhandlungstag am 24. Oktober: Psychiater: Leon D. in Beziehungen gefährlich
Siebter Verhandlungstag am 25. Oktober: Jugendgerichtshilfe trägt Bericht vor