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Trauer

Erdbestattungen ohne Sarg – auf Friedhöfen in Bayreuth könnte das bald Realität sein

Auf den Friedhöfen in Bayreuth könnte bei Bestattungen bald die Sargpflicht wegfallen. Zwei Stadträte stellten einen entsprechenden Antrag.

Kann man sich in Bayreuth bald ohne Sarg beerdigen lassen? Ein fraktionsübergreifender Antrag zweier Stadträte forderte das bereits vor zwei Jahren. Der rechtliche Rahmen entwickelt sich in die entsprechende Richtung. Das bt hat Bayreuther Politiker bereits und der Vergangenheit zu diesem Thema befragt.

Ende der Sargpflicht auf Bayreuther Friedhöfen? Darum geht es

Eine “Frage der Integration” nennt es Stefan Schlags. Der Grünen-Stadtrat hat im Oktober 2019 zusammen mit Halil Tasdelen (SPD) einen Antrag zur Änderung der Friedhofssatzung eingereicht. Das Ziel: Eine Erdbestattung in Bayreuth solle in Zukunft auch ohne Sarg möglich sein.

Tasdelen führt weltanschauliche und religiöse Gründe an, die ihn zu diesem Antrag bewegten. Nicht nur, aber vor allem für gläubige Muslime sei es ein wichtiges Anliegen, gemäß religiösen Riten bestattet zu werden. Und das ist ohne Sarg – nur mit einem Leichentuch.

Beerdigung ohne Sarg in Bayreuth – es kommt Bewegung in die Sache

Die Mühlen der Verwaltung mahlen langsam, aber sorgfältig. Zum 1. April 2021 hat das Bayerische Gesundheitsministerium die Bestattungsverordnung geändert. Ihr zufolge wird die Sargpflicht für die Beisetzung von Leichen wird gelockert, wenn zukünftig den Trägern der Friedhöfe Leichentüchern bei der Erdbestattung erlaubt werden. Und das ist ganz im Sinne der Bayreuther Stadträte. Bei infektiösen und hochkontaginösen Leichen soll die Tuchbestattung verboten bleiben.

Damit solle Bayern einen Schritt tun, den viele andere Bundesländer bereits gegangen sind. “Das Bestattungsrecht in Bayern hat christliche Wurzeln”, sagt Schlags. Es bilde jedoch längst nicht mehr repräsentativ die Bevölkerung ab – und sei somit nicht mehr zeitgemäß. Auch wissenschaftlich stünde einer sarglosen Bestattung nichts im Weg, wie Schlags betont. Für Grundwasser und Boden machen biologische Abbauprozesse der Verwesung keinen Unterschied, so Schlags.

Das sagen Stadt, Kirche und Bestatter zur sarglosen Erdbestattung in Bayreuth

Das letzte Wort in der Angelegenheit haben die Träger der Friedhöfe. Das gilt auch in Bayreuth. Fünf Friedhöfe gibt es in Bayreuth. Die Stadt Bayreuth trägt den Südfriedhof im Stadtteil Saas. Entgegen der Vermutung aufgrund des Namens trägt die Stadt nicht den Stadtfriedhof. Der obliegt ebenso wie die Friedhöfe in St. Georgen und St. Johannis der Trägerschaft der Evangelisch-Lutherischen Gesamtkirchengemeinde in Bayreuth. Dazu kommt noch der Jüdische Friedhof am Kreuzstein.

Stadt Bayreuth

Der Antrag von Schlags und Tasdelen ist in der Verwaltung bekannt. Er benötige aktuell jedoch noch Bearbeitungszeit. Das sagte Gisbert Röhle, der Leiter des Tiefbauamtes, am Mittwoch (7. Juli) dem Haupt- und Finanzausschuss. Zugleich betonte er, dass das weitere Vorgehen der Stadt Bayreuth nur den Südfriedhof betreffe. Dort werden im Jahr rund 2.500 Kremierungen durchgeführt.

Evangelisch-Lutherische Gesamtkirchengemeinde Bayreuth

Bei der Kirche äußert man sich derzeit zurückhaltend zur sarglosen Erdbestattung in Bayreuth. “Dazu müsste die Friedhofsordnung unserer drei Friedhöfe in Bayreuth geändert werden”, sagt Angela Walter von der Friedhofsverwaltung. “Im Moment wird bei uns nichts geändert. Was die Zukunft bringt, wissen wir jedoch nicht.”

Bestatter

Der Abschied von Angehörigen ganz nach den Wünschen der Verstorbenen und Hinterbliebenen ist das Anliegen der Bestatter. So beschreibt es Alexander F. Christ vom Bestattungsunternehmen Himml in Bayreuth. Religiöse Motive seien für ihn dabei nachrangig. “Ich befürchte jedoch einen bayerischen Flickenteppich”, sagt er dem bt. “Wenn die sarglose Bestattung in der einen Gemeinde erlaubt sei, kann das im Nachbarort ganz anders aussehen. Es wird wohl noch etwas Zeit ins Land gehen bis zur sarglosen Bestattung – in Bayreuth und anderswo auch”, schätzt Christ ein.

Die ersten Schritte sind mit dem Antrag an die Bayreuther Stadtverwaltung und der geänderten Bestattungsverordnung in Bayern jedoch getan.

Auch ein anderes Thema “nach dem Leben” bewegt die Gesellschaft: die Organspende. Im Frühjahr 2020 ist ein Gesetz zur Organspende gescheitert.

Jürgen Lenkeit

 bt-Redakteur Online/Multimedia
Jürgen Lenkeit