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Gastronomie

Gastwirt aus dem Landkreis Bayreuth über Corona-Politik in Biergärten: „spaltet die Gesellschaft“

Den bayerischen Biergärten winken Lockerungen – und die Öffnung. Gastronomen im Landkreis Bayreuth positionieren sich zur Corona-Politik.

Öffnen im Landkreis Bayreuth bald die ersten Biergärten? Ministerpräsident Söder macht eine Inzidenz von unter 100 in den Regionen zur Voraussetzung. Diesen Wert hat der Landkreis Bayreuth erstmals seit langer Zeit unterschritten. Das bt hat mit Gastronomen aus dem Landkreis gesprochen.

Inzidenz unter 100: Biergärten im Landkreis Bayreuth könnten bald öffnen

Carina Krug kommt aus einem Familienbetrieb. Krug führt mit ihrer Familie die Brauerei Krug in Breitenlesau. Sie ist momentan skeptisch was die geöffnete Außengastronomie in ihrem Betrieb angeht. „Das ist sehr schwierig einzuschätzen. Sehr sehr schwierig sogar“, sagt sie auf die Ankündigung von Ministerpräsident Söder angesprochen. „Ab nächster Woche haben wir sicherlich noch nicht geöffnet. Die Inzidenz müsse schließlich stabil unter 100 sein. Und wir haben im Landkreis Bayreuth gerade den ersten Tag geschafft.“ Krug will auf jeden Fall die kommenden 14 Tage abwarten.

Krug nennt den organisatorischen Aufwand enorm: „Was ist, wenn wir nicht lange unter 100 bleiben? Das ständige Hoch- und Runterfahren ist keine dauerhafte Lösung für uns. Wir warten erst mal ab.“ 

Gastwirtin aus dem Landkreis Bayreuth klagt: „Die Politik stellt sich das so einfach vor“

Die Nachricht, dass die Außengastronomie öffnen darf, hat sich auch bis nach Büchenbach herumgesprochen. Im Pegnitzer Ortsteil ist Gisela Herold Chefin im gleichnamigen Brauereigasthof. Der ist nicht zuletzt für sein traditionelles Beck’n Bier bekannt. Herold sieht hohe Hürden: „Wir dürfen ab Montag unseren Biergarten öffnen – theoretisch zumindest. Aber: Wir müssen unter der 100er-Inzidenz bleiben. Die Gäste müssen einen Termin ausmachen, das ginge ja noch. Aber einen negativen Corona-Test, der nicht älter ist als 24 Stunden? Das sind einfach extrem hohe Hürden. Im Biergarten geht es immer rund für unser Personal. Wer soll da Zeit haben, Tests zu kontrollieren?“

Ähnlich wie Carina Krug verweist auch Gisela Herold auf die unsichere Vorbereitung: Wir müssen Lebensmittel vom Lieferanten bestellen. Wir sind erst im Mai, das Wetter schwankt noch. Wenn es kalt und regnerisch ist, bleiben wir auf der verderblichen Ware und den Kosten sitzen. Die Politik stellt sich das so einfach vor. Das ist es aber für uns Gastwirte nicht!“ Viele Gastwirte sorgen sich um ihre Zukunft und sagen: “Die Hütte brennt.”

Offene Biergärten „damit die Leute wieder ruhig sind“

Für Herold zieht das vieles mit sich. „Wenn wir wenig Ware bestellen, dann haben wir eine kleine Karte. Können die Gäste ihr geliebtes Schäuferla nicht bestellen, dann stehen wir als Wirte schlecht da. Aber wir wollen unseren Gästen schließlich Gutes tun.“ Herold wüsste auch gar nicht, ob das Zusammentreffen von Angehörigen mehrerer Haushalte im Biergarten erlaubt sei. Oftmals sei das Tolle am Biergartenbesuch ja, dass er spontan zustande komme. „Ich denke, das ist eine Maßnahme, damit die Leute wieder ruhig sind“, schätz Herold die Lage ein.

Gastwirt vor den Toren Bayreuths über Corona-Politik: „spaltet die Gesellschaft“

Nicht nur kritisch, sondern deutlich gegen die Öffnungen positioniert sich ein anderer Betrieb: das Restaurant Kastaniengarten in Heinersreuth. Gerade einmal vier Kilometer von der Bayreuther Innenstadt entfernt und dennoch im Landkreis gelegen – aufmachen will Betreiber Christopher Häußinger nicht, wie er dem bt sagt: „Im To-Go-Betrieb konnte ich noch einigermaßen planen und Lebensmittel bestellen. Wenn es mir wie dem Einzelhandel in Bayreuth beim Click & Meet gehen sollte: Das wäre einfach nicht wirtschaftlich.“

Häußinger sieht das große Ganze, z. B. auch den Ethikrat. „Der hat noch keine Öffnungen ausgesprochen. Wegen der geringen Impfquote. Gerade mal rund acht Prozent der Bevölkerung sind komplett geimpft“, gibt der Gastronom zu bedenken. „Wir sind eine Gesellschaft, also sollten wir auch solidarisch miteinander sein. Die Geimpften dürfen in den Biergarten und die Jungen, die lange auf eine Impfung warten müssen, nur mit frischem Test? Das spaltet die Gesellschaft.“

Facebook-Post: „Lirum Larum Löffelstiel, in der Kneipe passiert nicht viel….”

Diese Sichtweise tut der Chef des Kastaniengartens auch online kund. Auf seiner Website erfahren Besucher gleich auf der Startseite: „Unser Biergarten bleibt vorerst auch bei einer Inzidenz von unter 100 geschlossen.“

Am Dienstag (4. Mai 2021) hat Häußinger auch ausführlich mit einem Facebook-Post Stellung bezogen. Der erste Satz gibt die Richtung vor: „Lirum Larum Löffelstiel, in der Kneipe passiert nicht viel…“ Eine Öffnung unter den derzeitigen Umständen sei für ihn mit enormem Aufwand und Kosten verbunden, obwohl er für die Sache brenne. Seite Stammgäste stünden uneingeschränkt hinter dieser Haltung, wie er erläutert.

Häußinger versucht das Positive zu sehen: „So kann ich nebem dem To-Go-Geschäft endlich mal meinen Keller aufräumen. Dafür bleibt unter normalen Umständen keine Zeit.“

Jürgen Lenkeit

 bt-Redakteur Online/Multimedia
Jürgen Lenkeit