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Meinung
Pflegekräfte sind uns komplett egal: Wie man sich mit einem „Danke“ durch die Krise mogelt – ein Kommentar
Seit knapp einem Jahr beherrscht das Coronavirus unser Leben. Vor allem die Arbeit von Pflegekräften stand dabei zu Beginn im Mittelpunkt. Das ist allerdings vorbei – mittlerweile sind uns Pflegekräfte egal: ein Kommentar von Christoph Wiedemann.
Vor einem Jahr wurden Pflegekräfte als Helden gefeiert. Schon damals war das Quatsch und extreme Heuchelei, wie in diesem Kommentar verdeutlicht wurde. Deutlich wird das, dass uns Pflegekräfte aktuell komplett egal sind – obwohl sie nun am Limit gegen das Coronavirus kämpfen.
Corona-Krise: Alles hat sich verändert – fast
Wir schreiben Februar 2021: Vor knapp einem Jahr hat die Corona-Pandemie unser Leben verändert. Kontakte wurden auf ein Minimum gesenkt, Gastronomie, Hotels, Friseure und Geschäfte komplett geschlossen. Weihnachten und Silvester haben wir beinahe alleine gefeiert, runde Geburtstage, Jubiläen, Beerdigungen oder Hochzeiten nur im engsten Kreis – viele Familienfeiern wurden sogar komplett abgesagt.
In einem Jahr wurde viel verändert, viele Grundrechte eingeschränkt, Milliarden Gelder als Hilfe bereitgestellt. Doch dort, wo Menschen täglich gegen diese tödliche Krankheit kämpfen, hat sich quasi nichts getan. Scheinbar schafft es die Politik tatsächlich durch die Corona-Krise, ohne auch nur annähernd Pflegekräfte ernst zu nehmen.
Ein Dank muss für Pflegekräfte genügen
„Der Dank gilt unseren Pflegekräften und Ärzten.“ Das wars dann aber schon. Denn mehr als Dank gab es – mit Ausnahme eines Corona-Bonus – nicht. Immerhin gibt es dafür mehr Arbeit unter erschwerten Bedingungen.
In etlichen Pflegeheimen gab es spätestens seit Dezember Corona-Ausbrüche. Ein ausreichendes und effektives Schutzkonzept wurde von Politikern in knapp einem Jahr scheinbar nicht entwickelt. Die Konsequenzen tragen die Arbeitenden vor Ort. Die Menschen, die Angehörigen mitteilen müssen, dass ein geliebter Mensch an Corona gestorben ist. Immerhin gilt ihnen der Dank der Politiker.
Corona: Arbeit am Limit ohne Aussicht
Intensivstationen sind gefüllt, Corona-Stationen voll belegt. 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Mindestens acht Stunden FFP2-Maske, Schutzanzug, Desinfektion. Ohne Pause. Aber ihnen gilt der Dank.
Schon ohne mit COVID-19 infizierte Pflegekräfte war die Personaldecke in vielen Krankenhäusern dünn. Ausgeglichen wird das ausschließlich von Pflegekräften, die Sonderschichten schieben. Dafür gilt ihnen der Dank der Politiker.
Immerhin können sie den feuchten Dankes-Händedruck erwidern, nachdem sie nach einem kompletten Arbeitstag in voller Schutzmontur nach Hause können. Um am nächsten Tag wieder das Leben von Menschen zu retten. Als Dank gibt es ein Danke.
Ohne Verbesserungen in der Pflege durchgemogelt
„Pflege muss attraktiver werden.“ Wie, wann, womit und überhaupt warum bleibt allerdings offen. Leere Plattitüden, die sich im Wahljahr schön anhören. Getan hat sich allerdings nichts. Am Ende bleibt lediglich ein Dank.
Sich mit einem Danke und ohne nennenswerte Verbesserungen in der Pflege durch die Corona-Krise zu winden, verdient Applaus.
Aus den Augen – aus dem Sinn
Scheinbar interessiert es auch niemanden mehr, wie Pflegekräfte arbeiten. Unsere Helden vom März 2020 sind in der Versenkung verschwunden – oder auf einer der Intensivstationen.
Selbst der heuchlerische Trend auf Social Media für Pflegekräfte zu klatschen, ist verschwunden. Sie sind nicht mehr unsere Helden, obwohl sie mit der Entlohnung an Superhelden erinnern. Denn Superman oder Wonder Woman bekommen ja auch kein Geld. Sie bekommen den Dank.
bt-Redakteur Online/Multimedia
Christoph Wiedemann