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Rotstift beim ÖPNV: Kreisentwicklungsausschuss steht vor schwierigen Entscheidungen
Der Landkreis Bayreuth steht vor finanziellen Herausforderungen und plant drastische Einschnitte. Betroffen? Beliebte Angebote wie das 50/50-Taxi und das Anruf-Linien-Taxi. Müssen Nachtschwärmer bald tiefer in die Tasche greifen oder ganz auf Mobilität verzichten?
Um den Haushalt zu konsolidieren, muss der Landkreis Bayreuth schwere Entscheidungen treffen. Auf dem Tisch liegen mehrere Vorschläge zur Reduzierung von Ausgaben. Diese Pläne sehen vor, Teile des ÖPNV kritisch zu hinterfragen. Der Spagat zwischen notwendiger Konsolidierung und dem Erhalt wichtiger Infrastruktur und Angebote für die Bevölkerung wird zur zentralen Herausforderung. Bei der Streichung von Linien und Verbindungen müssen oft auch benachbarte Landkreise einbezogen werden.
Kurzfristige Einsparpotenziale im Fokus: Das 50/50-Taxi und das Anruf-Linien-Taxi
Die ersten konkreten Einsparvorschläge zielen auf zwei etablierte Angebote ab: das 50/50-Taxi und das Anruf-Linien-Taxi (ALT) im Abendverkehr.
Einschränkung beim 50/50-Taxi: Weniger Fahrten, mögliche Altersbegrenzung
Das 50/50-Taxi, das bislang in den Nächten von Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag zwischen 21:00 und 05:00 Uhr verkehrt, könnte zukünftig nur noch in der Nacht von Samstag auf Sonntag angeboten werden. So zumindest der Vorschlag von Fachbereichsleiter Detlev Schmidt. Durch den Wegfall der Freitagsnacht erhofft sich der Landkreis eine jährliche Einsparung von rund 50.000 Euro. Die bisherigen Beförderungsbedingungen, die Start- oder Zielorte in Bayreuth, Breitenlesau oder Trockau sowie die Gültigkeit für Landkreisbewohner vorsehen, sollen beibehalten werden. Der Vorschlag ist noch in der Diskussion.
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Beschlossen hat das Gremium dagegen die Einführung einer Altersbeschränkung für die Nutzung des 50/50-Taxis. Der Vorschlag sieht vor, das Angebot auf Personen bis einschließlich 28 Jahren zu begrenzen. Die ursprüngliche Intention dieses Angebots war es, Diskounfälle junger Erwachsener zu verhindern, wie Kreisrätin Sabine Habla anmerkte. Da bislang keine Daten zum Alter der Nutzer erfasst werden, lässt sich das zusätzliche Einsparpotenzial einer solchen Maßnahme aktuell nicht beziffern. Die jährlichen Kosten für das 50/50-Taxi belaufen sich derzeit auf rund 120.000 Euro, wobei 55 Prozent der Fahrten am Samstag und 45 Prozent am Freitag stattfinden.
Reduzierung des Anruf-Linien-Taxis im Abendverkehr
Ein weiteres kurzfristiges Einsparpotenzial wird beim Anruf-Linien-Taxi (ALT) im Abendverkehr gesehen. Bisher fährt das ALT sonntags bis donnerstags um 21:00 Uhr, 22:30 Uhr und 24:00 Uhr von Bayreuth in den Landkreis. Der Vorschlag sieht vor, die Anzahl der Fahrten auf eine einzige Fahrt um 22:00 Uhr zu reduzieren. Hierdurch wird ein prognostiziertes jährliches Einsparpotenzial von etwa 60.000 Euro erwartet. Auch hierzu wollte sich das Gremium nicht festlegen.
Mittelfristige Einsparungen ab 2026: Weitere Einschnitte im ÖPNV
Auch für die mittelfristige Zukunft ab 2026 werden weitere Einsparungen im ÖPNV ins Auge gefasst.
Ausdünnung des ALT-Angebots im Tagesverkehr
Eine mögliche Maßnahme ist die Reduzierung der ALT-Fahrten im Tagesverkehr. Indem jede fünfte bisher bediente Fahrt entfällt, könnten weitere rund 60.000 Euro pro Jahr eingespart werden. Bei der notwendigen Fahrplananpassung soll jedoch darauf geachtet werden, dass keine zu großen Taktlücken entstehen.
Überprüfung der Freizeitverkehre: VGN-Freizeitbusse und Radler-Busse
Die sogenannten Freizeitverkehre stehen ebenfalls auf dem Prüfstand.
VGN-Freizeitbus-Linien: Änderungen bei den VGN-Freizeitbuslinien, die vom 1. Mai bis 1. November verkehren, sind nicht kurzfristig umsetzbar, da hier Kooperationen mit anderen Landkreisen und teilweise einzelnen Gemeinden bestehen. Betroffen wären der Brauerei-Wander-Express Linie 230 und der Höhlen-Burgen-Bier-Express Linie 343. Ein künftiger Verzicht auf diese Linien könnte ein jährliches Einsparpotenzial von etwa 24.000 Euro bringen. Allerdings müssten hier die Interessen der beteiligten Partner berücksichtigt werden. Eingestellte Linien wie der Porzellanexpress und der Thermenexpress wurden bereits vonseiten des Landkreises Wunsiedel beendet, was die Notwendigkeit der Abstimmung mit Nachbarlandkreisen unterstreicht.
Radler-Busse: Auch bei den Radler-Bussen im Fichtelgebirge und der Fränkischen Schweiz sind Kostenreduzierungen nur in Abstimmung mit den Landkreisen Kronach, Kulmbach, Hof, Wunsiedel, Tirschenreuth und Forchheim möglich. Hier wird ein systemerhaltender Rückbau des Leistungsvolumens um 33 Prozent angestrebt, was Einsparungen von bis zu 20.000 Euro realistisch erscheinen lässt.
Umstellung von Linienverkehren auf Anruf-Linien-Taxis
Um das grundlegende ÖPNV-Angebot für die Bevölkerung langfristig zu sichern, sollen bestehende Linienverkehre grundsätzlich beibehalten werden. Allerdings wird geprüft, einzelne Fahrten in den Tagesrandlagen und an Wochenenden auf Anruf-Linien-Taxis umzustellen. Hierdurch könnten Einsparungen von bis zu 50.000 Euro erreicht werden. Die Umstellung der Fahrpläne erfordert jedoch einen längeren Vorlauf und könnte frühestens zum Fahrplanwechsel im Dezember 2025 erfolgen. Welche Linien konkret betroffen sein könnten, soll im Einzelfall ermittelt werden.
Kritik und Diskussionsbedarf im Plenum
Die vorgelegten Einsparvorschläge stießen im Kreisentwicklungsausschuss auch auf Kritik. Kreisrätin Sabine Habla bemängelte das Fehlen einer klaren Kostenaufstellung und detaillierter Nutzerzahlen für die einzelnen Linien. „Wie viele Leute benutzen genau welche Linie: Mir fehlt etwas Handfestes“, forderte sie. Der Emtmannsberger Bürgermeister Gerhard Herrmannsdörfer betonten die gute Nutzung des ALT und die Schwierigkeit, Einschnitte bei gut frequentierten Linien der Bevölkerung zu erklären. Sie plädierten ebenfalls für mehr Transparenz durch detaillierte Nutzerzahlen im Verhältnis zur Anzahl der Fahrten.
Landrat Wiedemann mahnte jedoch zur Entscheidungskraft: „Wir müssen uns schon entscheiden, ob wir sparen wollen oder nicht!“, appellierte er.
Ausblick: Detaillierte Zahlen sollen Entscheidungsgrundlage liefern
Am Ende der Diskussion zeichnete sich ab, dass die Altersbeschränkung für das 50/50-Taxi beschlossen werden soll. Für die weiteren Einsparpotenziale wurde die Verwaltung beauftragt, detaillierte Nutzerzahlen aufzubereiten, um eine fundiertere Entscheidungsgrundlage zu schaffen. Es bleibt abzuwarten, welche Errungenschaften im Landkreis Bayreuth dem Sparzwang zum Opfer fallen werden und wie die Balance zwischen Konsolidierung und dem Erhalt wichtiger Angebote gelingen kann. Die Notwendigkeit zur Kooperation mit anderen Landkreisen wird dabei eine entscheidende Rolle spielen.