Stadt vor Gericht: Streit um ein „Monster“ in der Saas
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In der Saas gibt’s Ärger. In einer Straße stehen nur Bungalows, in der nächsten zweistöckige Häuser. Seit Anfang der 60er Jahre ist das so. Und weil die Bewohner der zweistöckigen Häuser bequem über die Bungalows schauen können, sind die Abstände der Häuser entsprechend gering. Jetzt will ein neuer Eigentümer einen der Bungalows ordentlich aufstocken. Sein Nachbar, Reinhard Richter, spricht von einem Monster und zieht vor Gericht. Geklagt wird aber nicht gegen den Eigentümer, sondern gegen die Stadt. Weil die vor über 50 Jahren einen Fehler gemacht habe.
Damals, im Jahr 1962, habe die Regierung von Oberfranken einer Baufima die Errichtung einer Bungalowsiedlung erlaubt, obwohl auch eine zweigeschossige Bebauung möglich gewesen wäre. Die Stadt habe die Regierung damals um Zustimmung gebeten und versichert, dass die „zu errichtenden Häuser sämtlich ebenerdig erstellt werden“.
In einem weiteren Brief spricht die Stadt davon, dass die Regierung die Erlaubnis nur unter der Voraussetzung erteilt habe, „dass die einheitliche Bebauung des Straßenzuges rechtlich gesichert und hierbei eine künftige Aufstockung einzelner Bauten wirksam ausgeschlossen wird“.
Das Stadtbauamt hat allerdings versäumt, die tatsächliche Eintragung im Grundbuch zu überwachen.
(Reinhard Richter, Saas)
Dass die Stadt der Eintragung nicht nachgekommen ist, sei in der Saas auch deshalb nicht aufgefallen, weil sich seit nunmehr 57 Jahren alle Beteiligten an das Aufstockungsverbot gehalten hätten. Nur weil er sich darauf verlassen habe, dass das Verbot existiere, habe er das Haus in der Saas vor sechs Jahren gekauft, sagt Richter.
Was es auch sonst nirgends in der Straße gibt, hinterfragt man nicht.
(Reinhard Richter, Saas)
Jetzt aber hat ein neuer Eigentümer eine Erlaubnis zur Aufstockung beantragt – und erhalten. Aus dem Bungalow vor Richters Fenster soll ein dreistöckiges Haus werden. Den Plänen zufolge wird Richter künftig statt auf den Saaser Glockenturm und die umliegenden Wälder auf die Rückfront und das Blechdach eines 11,5 Meter hohen Hauses blicken, das sich selbst vier Fensterreihen gen Süden genehmigt. Die Stadt, sagt Richter, habe dem Nachbarn dafür sechs Ausnahmen vom Bebauungsplan genehmigt. Von Maß und Mitte sei das weit entfernt. Ebenso von Paragraf 34 des bayerischen Baugesetzbuches, wonach sich das Gebäude in die bestehende Bebauung eingliedern müsse. Richter befürchtet einen Domino-Effekt.
Mit den Unterschriften von fünf Nachbarn habe er versucht, das Rathaus zum Umdenken zu bewegen. Ohne Erfolg. Eine Ortsbesichtigung habe trotz mehrfacher Bitte nicht stattgefunden, sagt Richter. Jetzt zieht er gegen die Stadt vor Gericht.
Die Stadt hat den Bauherren hier etwas vorgegaukelt. Sie hätte ihren Fehler bis zur Genehmigung heilen können.
(Reinhard Richter, Saas)
Weil die Sache vor Gericht kommt, will sich die Stadt nicht zu den Vorwürfen äußern. Auf Nachfrage des Tagblatt, ob die Stadt etwas verschlafen habe, warum sie den Bau genehmige und ob sie ihn hätte verhindern können, heißt es aus dem Bauordnungsamt nur:
Das weitere Verfahren bleibt abzuwarten. Wir bitten um Verständnis, dass zu anhängigen aktuellen gerichtlichen Auseinandersetzungen – also zu laufenden Verfahren – keine Auskünfte erteilt werden können.
(Bauordnungsamt der Stadt Bayreuth)
Richter allerdings sagt, während er noch auf die Terminierung seine Gerichtsverfahrens warte, würden auf dem Nachbargrundstück Nägel mit Köpfen gemacht. Vor vier Wochen sei ein Baugerüst angekarrt worden. Baumaterial stehe bereit. Seit Wochen werde am Fundament gearbeitet.
Das Abwarten ist genau das Problem. Eine Seite kann vollendete Tatsachen schaffen, während die andere dabei wartenderweise zusehen muss.
(Reinhard Richter, Saas)