Zuletzt aktualisiert am
Betrug
HWK Oberfranken: So geht es nach der Klage gegen den Ex-Geschäftsführer weiter
Die Handwerkskammer Oberfranken klagt nun gegen den ehemaligen Geschäftsführer Erwin W. Unter seiner Führung passierten Veruntreuungen in Millionenhöhe.
Bei der Handwerkskammer (HWK) Oberfranken geht es drunter und drüber. Der Präsident Thomas Zimmer, hat seinen Rücktritt angekündigt. Die HWK will gegen den ehemaligen Geschäftsführer klagen, nachdem unter dessen Führung Veruntreuungen in Höhe von mehreren Millionen Euro passiert sind. So geht es weiter.
Update vom 4. Dezember 2020: HWK-Vorstand und -Vollversammlung der Handwerkskammer waren über finanzielle Transaktionen nicht unterrichtet
Die Pressemeldung der HWK Oberfranken im Wortlaut: Aufgabe von Vorstand und Geschäftsleitung der HWK ist es, unabhängig von den handelnden Personen und deren Ansehen alle Vorgänge rund um die Veruntreuungen bei der GTO und die Unregelmäßigkeiten bei der Handwerkskammer und der IFGO aufzuklären und Schaden von der Handwerkskammer abzuwenden.
Vor dem Hintergrund weiterer Rechtsgutachten, die mittlerweile der Handwerkskammer vorliegen, ist die Handwerkskammer leider auch gezwungen, außer an Horst Eggers und den früheren GTO- Geschäftsführer Erwin W. auch an den früheren Präsidenten Thomas Zimmer und den früheren Hauptgeschäftsführer Thomas Koller Schadensersatzforderungen zu stellen.
„Kredite und Bürgschaft waren per se nicht zulässig“
Hintergrund der Maßnahme bei Thomas Zimmer ist die Bürgschaft für ein Darlehen in Höhe von 550.000 EURO, die die Handwerkskammer der GTO gewährt hat. Die Bürgschaftsverpflichtung war am 10. November 2011 vom damaligen Hauptgeschäftsführer Horst Eggers und dem damaligen Präsidenten Thomas Zimmer unterschrieben worden. Die Bürgschaft war ohne Wissen oder Beteiligung von Vorstand und Vollversammlung der Handwerkskammer für Oberfranken gewährt worden. Zudem hätte die gewährte Bürgschaft laut Satzung der Handwerkskammer von Vorstand und Vollversammlung beschlossen werden müssen. Die Gewährung der Kredite und der Bürgschaft waren damit per se nicht rechtmäßig.
Pflichtverletzung bei der Unterzeichnung
Der Zeitpunkt der Gewährung der Bürgschaft, so die Rechtsgutachten, nimmt eine Schlüsselrolle bei der Beurteilung der erfolgten Veruntreuungen ein. Mit der Bürgschaft hatte die GTO die in den Jahren zuvor von der Handwerkskammer gewährten Darlehen in Höhe von insgesamt 670.000 € abgelöst (ein Teilbetrag in Höhe von 120.000€ (Differenz 670.000 – 550.000 €) wurde durch den Verkauf der GTO-Zweigniederlassung Gera zurückgeführt. Das Rechtsgutachten kommt zu dem Schluss, dass spätestens zum Zeitpunkt der Unterzeichnung dieser Bürgschaft Horst Eggers und Thomas Zimmer verpflichtet gewesen wären, die wirtschaftlichen Verhältnisse der GTO zu überprüfen und festzustellen, warum die GTO nicht in der Lage war, das Darlehen aus eigenen Mitteln zu tilgen.
Keine Prüfung- und Kontrollmaßnahmen eingeleitet
Bereits damals hätten alle weiteren kriminellen Handlungen des damaligen Leitenden Mitarbeiters der GTO verhindert werden können. Damals wäre dann auch entdeckt worden, dass der Jahresabschluss der GTO aus dem Jahr 2011 die Darlehensverbindlichkeit in Höhe von 670.000,00 € nicht ausweist und damit unwahr ist und nicht einer ordnungsgemäßen Buchhaltung entspricht. Es wurden damals aber keinerlei Prüfungs- und Kontrollmaßnahmen im Hinblick auf den evident erkennbaren Finanzierungsbedarf der GTO eingeleitet.
Update vom 2. November 2020: HWK reicht Klage beim Landgericht Bayreuth ein
Die Handwerkskammer für Oberfranken teilt mit, dass nun auch gegen den früheren Geschäftsführer der Gewerbetreuhand Oberfranken (GTO), Erwin W., Klage beim Landgericht Bayreuth erhoben wird.
Betrug in der HWK Oberfranken
Bei der GTO wurden im letzten Jahr Steuerverkürzungen und Veruntreuungen aufgedeckt, für die nach aktuellem Kenntnisstand ein früherer kaufmännischer Mitarbeiter der GTO verantwortlich ist. Das teilt die HWK mit.
HWK klagt gegen Ex-Geschäftsführer
Neben zu niedrig angegebenen Umsätzen in den Vorsteueranmeldungen und Umsatzsteuerjahreserklärungen, geht es dabei um unrechtmäßige Kreditkartenabrechnungen und manipulierte Sammelüberweisungen in Millionenhöhe.
Dies, so der Wortlaut der Feststellungsklage, konnte nur dadurch geschehen, dass neben dem Aufsichtsrat auch der Geschäftsführer Erwin W. seine Kontroll- und Aufsichtspflichten als Geschäftsführer in erheblicher Weise verletzt hat.
Ex-Geschäftsführer verletzte seine Pflichten
Erwin W. hat kein System zur Überwachung und Kontrolle von Klaus R. eingerichtet. Und Erwin W. hat es über Jahre hinweg versäumt, die Richtigkeit der Jahresabschlüsse, die Klaus R. erstellt hatte, zu prüfen.
Zudem hatte er Klaus R. umfassende Kontovollmachten eingeräumt und für dienstliche Zwecke eine Kreditkarte ausgehändigt, aber weder die Überweisungen, die Klaus R. getätigt hat, noch die Verwendung der Kreditkarte jemals geprüft.
HWK reicht Feststellungsklage beim Landgericht Bayreuth ein
Hätte Erwin W. seine Geschäftsführerpflichten auch nur annährend erfüllt, wären die Untreuehandlungen wesentlich früher erkannt worden. Nachdem Erwin W. in nicht unerheblicher Weise zu der Aufklärung des durch die Veruntreuungen entstandenen Schadens beigetragen hat, war versucht worden, mit ihm zunächst eine außergerichtliche Lösung zu finden.
Dieser Weg war leider nicht erfolgreich. Deshalb wird nun eine Feststellungsklage beim Landgericht Bayreuth eingereicht.
Update vom 14. Oktober 2020: Auffälligkeiten bei Zahlungsströmen? HWK nimmt IFGO ins Visier
Der Vorstand der Handwerkskammer für Oberfranken nimmt im Zuge der versprochenen, lückenlosen Aufklärung um die Vorgänge bei der GTO und der Kammer selbst, nun auch das zweite Tochterunternehmen, die IFGO GmbH in Kulmbach, in den Fokus. Ziel ist eine zukunftssichere Neustrukturierung des Unternehmens sowie seiner Finanzstruktur. Grundlage ist eine Überprüfung der Zahlungsströme zwischen Handwerkskammer und IFGO.
„Auffälligkeiten“ werden juristisch untersucht
Die bisherige interne Überprüfung hat ergeben, dass bis ins Jahr 2014 auch an die IFGO GmbH Zahlungen für Repräsentationskosten in Höhe von jährlich 18.000 EURO geleistet wurden. Ob diese Sachverhalte juristisch relevant sind, ist derzeit noch offen. Zur Klärung wird der Vorstand diese Auffälligkeiten juristisch untersuchen lassen und auch bei der Staatsanwaltschaft anzeigen, wie HWK-Vizepräsident Matthias Graßmann erklärt.
Unabhängig von dieser juristischen Bewertung will der Vorstand der HWK auch für die IFGO GmbH neue Strukturen schaffen. Dazu werden beispielsweise der Gesellschaftervertrag und die bestehenden Regelungen für gegenseitige Kostenerstattungen auf den Prüfstand gestellt. Bei der IFGO soll es zum Beispiel in Zukunft keinen fest installierten Beirat mehr geben.
Aufwandsentschädigung für Beiratsmitglieder entfallen
Im Zuge dessen werden auch die Aufwandsentschädigungen für die Beiratsmitglieder der IFGO GmbH entfallen. Bis 2019 hatten diese, bestehend aus dem früheren Hauptgeschäftsführer Horst Eggers (Beiratsvorsitzender bis Ende des Jahres 2019), dem früheren HWK-Präsidenten Thomas Zimmer, dem Bayreuther Kreishandwerksmeister Peter Engelbrecht und dem einstigen Hauptgeschäftsführer Thomas Koller Beiratsvergütungen in Höhe von 3.000 Euro pro Jahr (der Beiratsvorsitzende jährlich 6.000 Euro) erhalten.
Der Vorstand sieht damit einen weiteren Schritt getan, um Transparenz in die Strukturen bei den Tochterunternehmen der Kammer zu bringen. „Damit wird die IFGO, die seit Jahren wichtige Bildungsleistungen für die Betriebe der Region erbringt, modern und zukunftssicher aufgestellt.“
Update vom 28.9.2020: Nach Rücktritt des Präsidenten Thomas Zimmer – HWK äußert sich
„Unser gemeinsames Ziel und Anliegen ist es jetzt, die Handwerkskammer für Oberfranken zurück ihn ruhiges Fahrwasser zu führen und die Stimmung im oberfränkischen Handwerk zu stabilisieren und mittelfristig zu beruhigen.“ Der Vorstand der Handwerkskammer für Oberfranken hat nach der Trennung von Hauptgeschäftsführer Thomas Koller Anfang September und dem jetzt erfolgten Rücktritt von HWK-Präsident Thomas Zimmer eine Stellungnahme zu den Vorgängen innerhalb der Handwerkskammer gegeben und den Blick in die Zukunft gerichtet.
„Wir sind uns bewusst, dass die Schritte der vergangenen Wochen und Monate großes öffentliches Aufsehen erregt haben. Doch sind wir jetzt mit großer Mehrheit zu der Auffassung gelangt, dass ein Neuanfang unter den gegebenen Vorzeichen nicht möglich gewesen wäre und der Imageschaden für die Handwerkskammer und das oberfränkische Handwerk immer weiter angewachsen wäre.“ Die Unruhe und Aufruhr im oberfränkischen Handwerk sei zu groß und nicht zu befrieden gewesen, daher seien die Trennung vom bisherigen Hauptgeschäftsführer und auch der Rücktritt des Präsidenten ohne Alternative gewesen, heißt es von Seiten der Handwerkskammer.
„Unrechtmäßige Zahlungsströme“ der Handwerkskammer
Wichtig ist dem Vorstand der Handwerkskammer, der bis zur Wahl eines neues Präsidenten Vizepräsident Matthias Graßmann als Vertreter bestimmt hat, dass das Ausscheiden beider Personen keinerlei Rückschlüsse auf mögliches, juristisch schuldhaftes Handeln zulasse. „Die juristische Bewertung, ob und in welchem Umfang Thomas Koller und Thomas Zimmer ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt bzw. falsch gehandelt haben, steht uns nicht zu und zudem weiter aus.“ Wichtig sei dem Vorstand auch, dass keinem von Beiden direkte Veruntreuung oder persönliche Bereicherung vorgeworfen wird.
Problematisch sei aber dennoch, dass mangels sorgfältiger Prüfung bis ins Jahr 2014 Zahlungen und Kredite seitens der HWK an die GTO gewährt worden sind, die sich zwischenzeitlich als widerrechtlich herausgestellt haben, sagt der Vorstand der HWK. Vorstand und Vollversammlung hätten über diese Zahlungsströme keine Kenntnis gehabt. Es ist dem Vorstand besonders wichtig, dies ausdrücklich klarzustellen. Grundsätzlich sei die GTO bis zum Bekanntwerden der Untreuehandlungen des ehemaligen GTO-Geschäftsführers im Juli 2019 in den Vorstandssitzungen der HWK nicht thematisiert worden.
Die Tatsache, dass es unrechtmäßige Zahlungsströme von der HWK an die GTO gegeben hatte, sei darüber hinaus erst durch ein externes Rechtsgutachten im August 2020 bekannt geworden, welches die HWK selbst in Auftrag gegeben hatte. Über die Ergebnisse hatte die Handwerksammer die Öffentlichkeit ebenfalls im August 2020 informiert.
HWK: „Große Unzufriedenheit“
Doch die Vorgänge rund um die GTO sind nicht der einzige Anlass für die personellen Veränderungen in der Kammer. Vielmehr habe es in der Handwerkerschaft und im Vorstand große Unzufriedenheit mit dem Agieren des bisherigen Hauptgeschäftsführers und auch des bisherigen Präsidenten gegeben.
„Das betrifft nicht nur die Vorgänge bei der GTO, bei der wir uns ein deutlich höheres Tempo bei der Aufarbeitung und auch einen Rückzug beider Beteiligten, die ja als ehemalige Aufsichtsräte der GTO Teil des Verfahrens sind, gewünscht hätten, sondern auch weitere wichtige Themen der Handwerkskammer.“ Dazu gehöre das isolierte Vorgehen bei den Diskussionen um die Neuausrichtung der Bildungsinfrastruktur rund um den BTZ-Standort in Coburg oder auch die anstehenden Reformen der Struktur einiger Kreishandwerkerschaften.
Voraussetzungen für einen Neuanfang gegeben
„Wir hoffen, dass jetzt die Voraussetzungen gegeben sind, in die Zukunft zu blicken und einen Neuanfang für die Handwerkskammer und auch für das oberfränkische Handwerk zu schaffen. Unser Anliegen ist, dass die Handwerkskammer zurückkehren kann zu ihren eigentlichen, wichtigen Aufgaben, und auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder in einem ruhigeren und stabileren Umfeld arbeiten können.“ Ziel müsse es schließlich sein, die Betriebe des oberfränkischen Handwerks bestmöglich zu unterstützen und zu begleiten.
„Zudem wird es unsere Aufgabe als Vorstand sein, das Vertrauen der Handwerkerschaft zurückzugewinnen und wieder zu einem vertrauensvollen Miteinander zu finden. Dazu waren diese Schritte unserer Meinung nach unabdingbar.“
Meldung vom 27.9.2020: Präsident der HWK Oberfranken Thomas Zimmer tritt zurück
„Das Vertrauen in mich und meine Arbeit für die Handwerkskammer ist gestört. Dies respektiere ich und gebe hiermit meinen Rücktritt als Präsident der Handwerkskammer für Oberfranken bekannt“. Thomas Zimmer und die Handwerkskammer für Oberfranken werden keine weiteren Auskünfte über die Hintergründe des Rücktritts von Thomas Zimmer geben.
Wer wird der neue Präsident der Handwerkskammer für Oberfranken?
Der Vorstand der Handwerkskammer für Oberfranken hat am 26. September beschlossen, dass der bisherige Vizepräsident Matthias Graßmann aus Bamberg den Präsidenten bis zur Wahl eines neuen Präsidenten bei der Handwerkskammer für Oberfranken vertritt. Die Wahl des Präsidenten wird bei der nächsten Vollversammlung der Handwerkskammer am 30. November durchgeführt werden.
„Wir respektieren die Entscheidung von Thomas Zimmer“, sagt Handwerkskammer- Vizepräsident Matthias Graßmann. „Wir sehen in dieser Entscheidung ein klares Signal für einen Neuanfang bei der Handwerkskammer. Die Handwerkskammer dankt Thomas Zimmer ausdrücklich für dessen langjährigen Einsatz für das Handwerk in Oberfranken“.
Redaktion