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Forschung

Zukunft des 3D-Drucks: Bayreuth optimiert Verfahren für die Industrie

In Bayreuth Wolfsbach arbeitet die Neue Materialien Bayreuth GmbH mit einer neuen Demofabrik daran, ein 3D-Druck-Verfahren für die Industrie nutzbar zu machen. Welche Herausforderungen muss das Verfahren noch meistern?

  • Staatssekretär Tobias Gotthardt besucht die Demofabrik. © Stefanie Schweinstetter
  • Die Bauteile mit Pulveranhaftungen in verschiedenen Mengen. © Stefanie Schweinstetter
  • Ein Roboter sortiert die fertigen Bauteile. © Stefanie Schweinstetter
  • Die Bauteile werden gerüttelt und abgestrahlt, um Pulveranhaftungen zu entfernen. © Stefanie Schweinstetter
  • Solche oder ähnliche Bauteile produziert der 3D-Drucker. © Stefanie Schweinstetter
  • Nico Geis von Neue Materialien Bayreuth (NMB) erklärt das SLS-Verfahren. © Stefanie Schweinstetter

Die Neue Materialien Bayreuth GmbH in Bayreuth Wolfsbach hat am 23. Januar 2025 eine neue 3D-Druck-Demofabrik eröffnet und Richtfest für eine neue Werkzeughalle auf dem Gelände gefeiert. Unter den Gästen waren Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie Tobias Gotthardt, Oberbürgermeister Thomas Ebersberger und Vertreter aus Industrie und Forschung.

Das Verfahren, an dem die Neue Materialien Bayreuth GmbH (NMB) forscht, heißt Selektives Laser-Sintern (SLS). Dabei werden Werkstücke nicht durch Spritzguss, sondern durch Sintern, also das Verbinden eines Kunststoffpulvers durch Hitze, erstellt. Das Bauteil entsteht innerhalb eines Pulverbehälters. Ein Laser fährt die vorgegebene Struktur ab und festigt das Pulver Schicht für Schicht „additiv“ zu einem Stück. Das fertige Bauteil liegt dann aber immer noch im Pulver. Wie es aus dem Pulver entfernt werden kann, ohne zu viel von dem Werkstoff zu verlieren, daran forscht die NMB. „Der Werkstoff muss im Kreislauf bleiben, sonst wird das nie wirtschaftlich“, sagt Nico Geis von NMB.

Warum SLS?

Das verbreitetste 3D-Druckverfahren in der Industrie ist das Spritzgussverfahren, wie Nico Geis in der Fabrikhalle erklärt. „Wenn ich viele Stücke schnell und in guter Qualität produzieren will, funktioniert das Spritzgussverfahren exzellent“, so Geis.

Wolle man aber eine geringere Menge Bauteile produzieren, lohne sich das sehr teure Werkzeug, das für das Spritzgussverfahren notwendig ist, nicht mehr. Mit dem SLS-Verfahren könne man dagegen sehr flexibel produzieren, sagt Nico Geis. „Ich muss mir nicht mit einer riesigen Investition eine Spritzgussmaschine hinstellen, mit der ich dann immer nur das gleiche Teil produziere.“ Das Produkt dynamisch anpassen zu können, sei der wirtschaftliche Charme des SLS-Verfahrens. So weit, so schön. Das Problem liegt allerdings in der Nachbearbeitung. Die erfolge beim SLS-Verfahren bislang weitgehend in händischer Arbeit, so Geis weiter. Das gefertigte Stück muss aus dem überschüssigen, nicht gefestigten Werkstoff entnommen und befreit werden. Geis vergleicht das Vorgehen mit der Kartoffelernte. „Das treibt die Stückkosten hoch und sorgt für Qualitätsschwankungen“, so Geis. Das Verfahren ist also noch nicht industrialisiert. Schon gelesen? Ein Bayreuther Student hat eine praktische Erfindung für Musiker gemacht, die er mit dem 3D-Drucker realisiert hat.

NMB testet und erhebt Daten

Genau an diesem Punkt will die SLS-Demofabrik ansetzen. Entlang des Fließbands geht es darum, maschinell möglichst viel des losen Pulvers von den produzierten Bauteilen zu entfernen. Diese müssen aber erst einmal 48 Stunden lang abkühlen. Schneller geht es nicht, sonst könnte das Material reißen. Ist das geschehen, werden die gedruckten Teile gerüttelt, abgestrahlt, gewogen und schließlich von einer Kamera überprüft. Entlang der Strecke lassen sich verschiedene Stellschrauben drehen. So wird zum Beispiel getestet, mit welchem Druck die Stücke am besten abgestrahlt werden müssen, damit kein Werkstoff am Bauteil hängen bleibt. Eine Vielzahl der Daten, die die Demofabrik erhebt, werden gespeichert. Am Ende der Anlage scannt eine Kamera, ob das Bauteil richtig gedruckt und nachbearbeitet wurde. Ein Roboter sortiert das Teil dann in die entsprechende Auffangkiste: Erfolg oder Niete.

Industrie will SLS für individuellere Designs nutzen

„Leider ist die Fehlerquote gerade noch recht hoch“, sagt Bernhard Häupler von REHAU Industries. Der Kunststoffhersteller produziert unter anderem Möbelplatten, Fahrrad-Bremsschläuche und Fensterprofile und nutzt bereits über 500 Spritzgussmaschinen. Für das standardisierte Produktportfolio der REHAU Industries seien aktuelle Individualisierungstrends eine Herausforderung, so Häupler. „Das SLS-Verfahren ist für uns attraktiv, weil wir so Sonderlösungen im Design günstig realisieren könnten.“ Das Verfahren sei aber aktuell noch nicht auf dem erforderlichen Stand für die Industrie. Das will REHAU Industries gemeinsam mit der NMB ändern. „Vielleicht haben wir dann in zehn Jahren zusätzlich zu den 500 Spritzgussdruckern noch mal fünf additive Drucker“, sagt Häupler.