Zuletzt aktualisiert am

Prozess

Freund soll eigene Freundin vergewaltigt haben: “Es war eine unerklärliche Hassliebe”

Ein Mann soll seine damalige Freundin vergewaltigt, geschlagen und bedroht haben. Seit heute (25. August 2020) wird der Fall vor dem Landgericht in Bayreuth verhandelt.

„Es war eine unerklärliche Hassliebe.“ So beschreibt der Angeklagte, Marcel S., die Beziehung zu seiner damaligen Freundin. Weil er Helene K. (Name von der Redaktion geändert) geschlagen, gewürgt, geschubst, beleidigt, bedroht und vergewaltigt haben soll, steht Marcel S. nun vor dem Landgericht in Bayreuth. In einem anderen Fall vor Gericht in Bayreuth soll ein Mann seine Lebensgefährtin monatelang misshandelt haben.

Vergewaltigung am Landgericht in Bayreuth

Faustschläge ins Gesicht, Ohrfeigen, in den Schwitzkasten genommen, mit der Faust auf den Körper geschlagen, ins Gesicht geschlagen, gewürgt und geschubst. Das sind die körperlichen Misshandlungen, die Helene K. während ihrer Beziehung mit Marcel S. erleiden musste. ” Dass körperliche Gewalt stattgefunden hat, ist wahr. Dass das häufiger passiert ist, ist auch wahr”, räumt der Angeklagte ein. Im Detail geht er allerdings nicht auf die Gewalt ein.

Auch zu den genauen Bedrohungen und Beleidigungen macht Marcel S. keine genauen Angaben. Er sagt: “Dass ich die Geschädigte bedroht habe, ist ebenfalls wahr.”

Den Hauptvorwurf der Vergewaltigung bestreitet der Angeklagte allerdings: “Aber die andere Sache mit dem sexuellen Übergriff – das hab ich nicht gemacht.”

Anklage in Bayreuth: Vergewaltigung

Staatsanwalt Köhler erläutert in der Anklage den Vorwurf der Vergewaltigung: Am 29. April 2017 soll Marcel S. seine damalige Freundin vergewaltigt haben. Als er bei einem Besuch in ihrer Wohnung versuchte, sich ihr zu nähern, soll Helene K. wegen einer Erkältung den Sex verneint haben. Marcel S. solle dann sinngemäß gesagt haben, “dass er nicht umsonst zu ihr gekommen sei”.

Helene K. habe dann häufiger gesagt, dass sie das nicht möchte und habe angefangen zu weinen. Der Angeklagte zog nach Angaben des Staatsanwaltes allerdings ihre Jogginghose aus und vergewaltigte seine damalige Freundin – ohne Kondom. Helene K. habe versucht, sich zu wehren, “indem sie mit den Beinen gegen seinen Oberkörper drückte”. Marcel S. habe ihr allerdings den Mund zugehalten und ihren Körper gegen das Sofa gedrückt.

Die Gerichtsmedizin bestätigte diese Beschreibung. Denn an der Lippe, der Brust sowie Armen und Knien hatte die Geschädigte Verletzungen, erklärte der sachverständige Rechtsmediziner: “Die Befunde haben widerspruchsfrei die Angaben des Opfers bestätigt.”

Beziehung mit Gewalt und Beleidigungen

“Die erste Zeit war es normal”, antwortete Marcel S. auf die Frage des Richters, wie denn die Beziehung war. Dann habe Helene K. angefangen, ihm das Fußballspielen oder den Kontakt zu Freunden und Verwandten zu verbieten. „Es ist alles immer schlimmer geworden“, sagte der Angeklagte. 

Ohne nachzudenken habe er dann immer schlimme Dinge gesagt und geschrieben. Fast täglich gab es Streit wegen den „kleinsten Kleinigkeiten“. Wenn er sich mit Freunden traf, hat er nach eigenen Aussagen „rebelliert.“ Seine Freundin drohte ihm dann, ihn zu verlassen, wenn er sich weiter mit seinen Freunden treffe.

Sie hätten sich in ihrer Beziehung gegenseitig bespuckt, beschimpft und dann geschlagen, erläutert der Angeklagte. Dann gab es eine Gewaltschutzverfügung und der Kontakt wurde unterbunden.

Doch via WhatsApp-Status habe sie den Kontakt zu ihm wieder aufgenommen. Sie vermisse ihn, soll dort gestanden haben. Er antwortete ebenfalls über seinen WhatsApp-Status. „Dann hat man sich wieder getroffen.“ Er beschreibt diese Beziehung mit den Worten: „Es war eine unerklärliche Hassliebe.“

“Mieser geht es ja nicht”: Beleidigungen vom Angeklagten

Eifersucht „war damals bei uns beiden sehr schlimm“, sagt Marcel S. In Chats sei dokumentiert, mit welchen Ausdrücken, Beleidigungen und Bedrohungen der Angeklagte vorgegangen sei. In der Anklage standen Drohungen wie: “jetzt schlag ich dir die Fresse persönlich ein” oder “Wart einfach ab, kommt unverhofft, prüf die Bremsen wenn du losfahren tust.”

Außerdem erklärt Richter Heim, dass Marcel S. seine damalige Freundin online auch als Prostituierte angeboten habe sowie online veröffentliche habe, dass sie ihre Kinder schlagen würde. „Mieser geht es ja nicht“, resümiert Richter Heim.

Er bemängelt außerdem die Aussage des Angeklagten, der sagte, dass man sich in der Beziehung geschlagen habe. Ein Eingeständnis, dass er selbst mit der Faust zugeschlagen habe, hat der Angeklagte bislang nicht abgegeben. Der Richter erzählt auch von einem Vorfall, bei dem die Nachbarin meinte, „da wird jemand totgeschlagen.“

Täter-Opfer-Ausgleich für geringere Strafe?

Heim erklärt dem Angeklagten in einem Monolog, dass der Vorwurf der Vergewaltigung eine ganz andere Qualität als Körperverletzung hat. “Ihr Problem sind die offenen Bewährungen und Vorstrafen”, sagt der Richter, weshalb er dem Angeklagten einen Täter-Opfer-Ausgleich vorschlägt. Damit könnte es zu einer Änderung des Strafrahmens kommen, in der eine Mindeststrafe von zwei Jahren vorgesehen ist. Allerdings heiße ein Täter-Opfer-Ausglich nicht, dass dort nur Geld gezahlt werden würde.

Richter Heim gibt Marcel S. zu verstehen, dass er aktuell den Schilderungen des Opfers glaubt. Wenn der Richter die Akte lese, sehe er die Vorwürfe und Schilderungen des Opfers als wahr an: “Es sind so viele Dinge drin, die knallhart gegen Sie sprechen.” Bei einigen Sachen sei man innerlich schon aufgebracht, sagt der Richter.

Deshalb solle sich der Angeklagte überlegen, ob er wegen der Vergewaltigung aussagt und diese zugibt. Außerdem würde mit einem Geständnis die Aussage des mutmaßlichen Opfers zur Vergewaltigung deutlich geringer und angenehmer werden. Heim zählt einige beispielhafte Fragen zur Länge oder Intensität des Geschlechtsaktes auf, die Helene K. beantworten müsste.

Fortsetzung am Gericht in Bayreuth

Bernd Ostheimer, Anwalt des Angeklagten, erklärte nach einer Pause, dass sein Mandant “heute völlig fertig mit den Nerven ist”. Er wolle die Angelegenheit mit ihm in seinem Büro besprechen und gegebenenfalls beim kommendem Gerichtstermin eine Erklärung abgeben. Ostheimer erklärt weiter, dass er mit der Anwältin des Opfers wegen einem Täter-Opfer-Ausgleich gesprochen habe. Das müsse nun mit Helene K. besprochen werden. In der kommenden Woche wird der Prozess fortgesetzt.

Bayreuther Tagblatt - Christoph Wiedemann

 bt-Redakteur Online/Multimedia
Christoph Wiedemann