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Mordprozess

Rentnermord in Bayreuth: Plötzlich müssen Bruder und Schwester aussagen

Rentnermord in Bayreuth muss neu verhandelt werden. Am Zweiten Verhandlungstag am Landgericht in Bayreuth sagte der Mittäter aus – und plötzlich waren dessen Bruder und Schwester auch Zeugen vor Gericht.

Der Mordprozess des sogenannten Rentnermordes aus dem Jahr 2017 wird neu verhandelt, da das Urteil gegen Firat T. vom Bundesgerichtshof abgelehnt wurde. Am zweiten Verhandlungstag sagte der Mittäter des Trickbetrugs erneut aus – und spontan auch dessen Bruder und Schwester.

Mordprozess: Mittäter muss erneut aussagen

Bereits am ersten Verhandlungstag (16. Juli 2020) musste Anton S. vor dem Landgericht in Bayreuth aussagen. Seine Aussage wurde allerdings nur unterbrochen, da Staatsanwaltschaft, Richter und Anwälte weitere Fragen hatten.

Die häufigste Antwort von Anton S.: “Das weiß ich nicht mehr so genau.” Er wisse nicht, ob der gestohlene Schmuck versetzt wurde, ob er im Haus des Opfers nur im Untergeschoss oder auch im oberen Bereich gewesen war oder ob er sich jemals mit Firat T. über die Tat unterhalten hatte.

Fehlende Erinnerungen bei den meisten Fragen

Er könne sich auch nicht mehr an die Verletzungen des Opfers erinnern. Er habe zwar Blut, aber keine Wunden gesehen. Daraufhin sagte Richter Meyer: „Er hatte zwei tiefe Löcher im Gesicht“ und fragte, ob er das wirklich übersehen habe. Anton S.: “Ich erinnere mich nicht mehr so genau.”

Die DNA-Spuren von Anton S. auf dem Teppich, auf dem der Rentner nach dem Sturz lag, erklärte der Mittäter damit, dass er sich daneben gekniet hatte. Er habe ihn aber nicht angefasst.

Über den Zustand der Opfers konnte Anton S. auch keine genauen Angaben machen. In der gestrigen Sitzung erklärte er, dass Opfer sei bewusstlos gewesen. In der Verhandlung im Jahr 2018 sagte er allerdings, dass der Rentner geröchelt und Töne von sich gegeben haben soll. Er entgegnete: „Ich bin kein Arzt, er war nicht ansprechbar. Er hat nur Töne von sich gegeben und geröchelt.“

Rentnermord: Hat ein Täter mit der Familie gesprochen?

Danach wollten die Anwälte von Firat T. die Namen der Familienmitglieder wissen, denen Anton S. nach der Tat davon berichtet hatte. Er weigerte sich allerdings die Namen zu nennen, obwohl Richter Meyer klarstellte: “Wenn sie ihren Verwandten etwas anvertrauen, gibt es keinen ersichtlichen Grund, wie die sich dabei strafbar gemacht haben.”

Anton S. erwiderte, dass es nach dem Sinti-Recht große Schwierigkeiten für ihn geben könnte, wenn er die Namen nennt: Rufmord oder er könnte ausgestoßen werden. Ein Besitzender erklärte Anton S. daraufhin: „Wir können auch alle ihre Familienmitglieder ausfindig machen und hierher einladen.“

WhatsApp-Chat im Mordprozess

Richter Meyer las dann auch WhatsApp-Chats vor, die Firat T. mit dem Schwager von Anton S. führte. Darin schrieb Firat T.: „Sein verfickter Vater hat jedem erzählt, dass ich es war. Jetzt bin ich gefickt.“ Der Schwager von Anton S. antwortete darauf, dass er das erstaunlich finde, da er dachte, er sei ein Verschwiegener. Da Anton S. auch dazu keine Angaben machte und behauptete, seinem Vater nichts erzählt zu haben, wird dieser nun als Zeuge geladen.

Als die Anwälte von Firat T. anmerkten, dass Anton S. bis zur Vernehmung seines Vaters keinen Kontakt zu seiner Familie haben sollte, kam der Einwurf, dass zwei Familienmitglieder bereits vor Ort im Gericht als Zuschauer sitzen.

Bruder und Schwester als Zeugen vernommen

Zuerst sollte der Bruder von Anton S. als Zeuge aussagen. „Ich hab das alles erst erfahren, als er festgenommen wurde.“ Er habe keinen Kontakt zu seinem Bruder gehabt. Die Familie habe nach seinen Aussagen niemals über die Tat des Bruders gesprochen. Auch seine Antworten beschränkten sich beinahe ausschließlich auf: “Das weiß ich nicht.” – auch wenn Richter Meyer daran starke Zweifel hatte und ihn nochmals belehrte, vor Gericht die Wahrheit sagen zu müssen.

Die Schwester von Anton S. tat es ihrem Bruder gleich. Auch nach ihren Angaben habe die Familie bis zum heutigen Tage niemals über die Tat ihres Bruders gesprochen. Auch das kann Richter Meyer nicht glauben, da ihr Mann mit Firat T. im WhatsApp-Chat geschrieben hatte.

Dort habe ihr Mann zu Firat T., auf die Frage wo sich Anton S. befindet, geschrieben: „Ich frag mal meine Frau.“ oder „Gestern hat meine Frau seine Frau gefragt.“ Ihre Antwort: “Davon weiß ich nichts.” Ihr Mann habe ihr davon nichts erzählt.

Nach dem Mord im Hotelzimmer in Mannheim

Auch dieser musste vor Gericht aussagen – der Schwager von Anton S. – Aydin K. Er war direkt nach dem Mord in Bayreuth mit Firat T. und Anton S. zusammen in einem Hotelzimmer in Mannheim.

Gesprochen über diese Tat wurde nach seinen Angaben allerdings nicht. Auch die Google-Suchanfrage nach Goldverkauf von seinem Handy, kann er sich nicht erklären. Er wisse nicht einmal, weshalb er überhaupt in das Hotel gegangen sei. Er habe sich mit seinem Schwager getroffen, lautete die Antwort.

Seine Gedächtnislücken, die einen Zeitraum von rund einem Jahr zieren, rühren nach seinen Aussagen von seiner Alkoholsucht, die er gemeinsam mit Schmerztabletten eingenommen hatte. Allerdings war er sich sicher, kein Kokain in der Tatnacht in dem Hotelzimmer konsumiert zu haben.

Vater von Täter bedroht

Außerdem habe auch er die gesamte Kommunikation via WhatsApp mit dem Angeklagten, Firat T., vergessen. Er behauptete sogar, diese habe es nicht gegeben. Aus diesen Chats geht hervor, dass Firat T. geschrieben hatte, den Vater von Anton S. umbringen zu wollen, da dieser erzähle, was Firat T. gemacht habe. Doch auch diese Drohung ist Aydin K. entfallen.

Ein Anwalt von Firat T. fasste die Aussagen von Aydin K. zusammen: “Ich halte alles für gelogen, was sie hier sagen.” Der Zeuge antwortete nur: “Ist halt so.”

Der Prozess wird kommende Woche Donnerstag und Freitag fortgeführt. Dabei wird am Donnerstag auch geklärt, ob Firat T. einen seiner Anwälte entpflichten kann. Er lässt einige Vorwürfe gegen seinen Anwalt erheben. 

Bayreuther Tagblatt - Christoph Wiedemann

 bt-Redakteur Online/Multimedia
Christoph Wiedemann