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Politik

Unisex-Toilette in Bayreuther Innenstadt – 150.000 Euro „für ein aberwitziges Klohäuschen“

Die Innenstadt von Bayreuth bekommt eine neue öffentliche Toilette. Im Bauausschuss knirscht es wegen der Unisex-Toilette jedoch gewaltig.

Die Bayreuther Innenstadt bekommt eine neues öffentliches WC. Eine Unisex-Toilette soll es werden. Das hat der Bauausschuss des Stadtrats am Dienstag (11.5.2021) beschlossen. Die Entscheidung zugunsten der Unisex-Toilette hat sich zuletzt angedeutet. Die Begleitumstände sind jedoch fragwürdig. So manches Ratsmitglied fühlt sich „als Gremium übergangen“.

Was wurde in der Bayreuther Politik in den letzten Jahren nicht alles diskutiert: Wo soll eine neue Toilette in Bayreuth entstehen? Wie soll die Toilette beschaffen sein? Einigkeit herrschte lange zumindest in einem Punkt: Bayreuth braucht eine weitere öffentliche Toilette. Das Thema Unisex-Toilette tauchte im Dezember 2019 bereits auf der Agenda auf.

Unisex-Toilette in Innenstadt von Bayreuth: Hier soll sie gebaut werden

Nun steht fest: Die Unisex-Toilette kommt. Sie soll auf dem Grundstück des Chamberlainhauses an der Wahnfriedstraße 1 errichtet werden. Das Haus beherbergt das Jean-Paul-Museum der Stadt Bayreuth. Im Mai 2020 rückte das Grundstück des Chamberlainhauses in den Fokus.

Die Leitende Baudirektorin der Stadt Bayreuth, Urte Kelm, verweist im Bauausschuss auf die günstige Lage des Standortes. „Er ist übersichtlich und gut auffindbar. Von der Richard-Wagner-Straße aus ist die Unisex-Toilette direkt zu erreichen ohne langes Suchen.“ Ursprünglich seien noch zwei weitere Standorte auf dem gleichen Grundstück in Frage gekommen. Zudem befinde sich ein Buswartehäuschen direkt neben dem Standort für die Toilette.

Stadt fällt Baum ohne Zustimmung des Ausschusses

Für Aufsehen hatten zwei Aspekte gesorgt. Zum einen hat die Stadt am geplanten Standort eine Birke fällen lassen.

Vom Bauausschuss hatte es kein grünes Licht für das Fällen des Baumes gegeben. Im März wurde die Birke gefällt, laut Kelm „ein etwas schräg stehendes Bäumchen“. Dies sei so zeitig notwendig gewesen, um später im Frühjahr keine brütenden Vögel stören zu müssen. „Wir mussten Fakten schaffen“, so Kelm.

Abstimmung über WC mit „Pistole auf der Brust“

Noch bevor der Stadtrat hätte urteilen können, sei die Verwaltung tätig geworden, so CSU-Fraktionsvorsitzender Stefan Specht: „Das ist nicht Sache der Verwaltung.“

Noch deutlicher wurde SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Bauske. Das ist „bodenlos, was sie uns anbieten. Bei einem Baum von 88 Zentimetern Durchmesser kann von einem Bäumchen auch keine Rede sein“, sagte er an Kelm gerichtet. „Wir als Stadtrat sind hier heute überflüssig. Dann können wir auch den Bauausschuss zumachen.“ Mit der „Pistole auf der Brust“ fühle er sich von der Verwaltung gar genötigt, für die Unisex-Toilette abzustimmen.

Für 150.000 Euro: Unisex-Toilette mit Sandsteinfassade

Zum anderen regte sich Unverständnis wegen der Kosten der Toilette. Hierfür machten mehrere Mitglieder des Bauausschusses die Sandsteinfassade als Kostentreiber ausfindig. Die neue Toilette wird barrierefrei zugänglich sein. Das rund zehn Quadratmeter große WC-Gebäude solle eine Sandstein-Verkleidung erhalten. So soll das optische Gesamtbild mit dem Chamberlainhaus gewahrt sein, wie Kelm ausführte.

Gert-Dieter Meier (DU) schüttelte beim Gedanken an die Kosten der Unisex-Toilette den Kopf. 150.000 Euro soll sie kosten. „Das ist aberwitzig für ein Klohäuschen.“ Er erinnerte an seinen Vorschlag der Netten Toilette in der Innenstadt. Bis zu 40 Einzelhändler und Gastronomen würden sich ihm zufolge daran beteiligen.

Stefan Schlags (Grüne) stellte fest, er sei „innerlich am Kochen.“ Er wolle sich zwar nicht alleine auf ein Konzept der Netten Toilette verlassen, aber so viel Geld für eine „völlig bescheuerte Sandsteinfassade“ – ihm wäre ein kreatives Konzept zur Beklebung lieber gewesen. Das hätte auch bloß einen niedrigen dreistelligen Betrag gekostet.

Toilette in der Bayreuther Innenstadt: „Endlich mal zu Potte kommen“

Thomas Bauske (SPD) sprach von einer „Bayreuther Lösung“. Man rede sehr lange und am Ende laufe man doch Gefahr, dass so ein Projekt wie eine Unisex-Toilette scheitern könne. Helmut Parzen (CSU) erinnerte diesbezüglich an den ehemaligen Stadtrat Harald Rehm. Der sagte schon im Vorjahr, man müsse „endlich mal zu Potte kommen.“

Der zweiteilige Beschluss kam letztendlich nur nach einer langen Diskussion und mit Gegenstimmen zustande. Beim Standort der geplanten Toilette stimmten zwei der 17 Mitglieder dagegen, sechs Stadträte stimmten gegen die vorgestellte Sandsteinverkleidung.

Das Thema Unisex-Toilette diskutierte bereits das Studierenden-Parlament der Universität im Winter kontrovers.

Jürgen Lenkeit

 bt-Redakteur Online/Multimedia
Jürgen Lenkeit