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Unfaire Prüfungsordnung an der Uni Bayreuth wegen Corona? Studenten üben harsche Kritik

Die Corona-Pandemie macht sich auch an der Uni Bayreuth bemerkbar: Jetzt haben sich Studenten darüber beklagt, dass die Hochschule keine “Freiversuche” bei Prüfungen gewähre. 

Bayreuther Studenten beklagen sich über die Prüfungsordnung der Uni Bayreuth. Der Vorwurf: Andere Hochschulen würden mehr für ihre Studierenden tun.

Unfaire Prüfungsordnung? Studenten der Uni Bayreuth üben harsche Kritik

Elias Schindler ist wütend. Am Telefon ist dem Jura-Studenten sein Zorn deutlich anzumerken. „Wir fühlen uns ungerecht behandelt“, sagt er. „Es kann ja nicht sein, dass man dafür bestraft wird, an einer Uni in der Provinz zu studieren.“ Schindler selbst studiert an der Uni Bayreuth Jura und ist über das Vorgehen seiner Hochschule in der Corona-Krise bestürzt. Viele Hochschulen hätten auf die besonderen Umstände der Pandemie reagiert, um für faire Verhältnisse zu sorgen. Die Uni Bayreuth habe das nicht.

So bewerten viele Universitäten nicht erbrachte Prüfungsleistungen aktuell nicht als Fehlversuch. Für die Jura-Zwischenprüfung hätte man gewöhnlich drei Versuche, erklärt Schindler. Wegen der aktuellen Lage würden daraus an anderen Unis derzeit fünf, in Augsburg sogar sechs. In Bayreuth sehe die Lage anders aus. Dort bleibt die Hochschulleitung bei drei. Es gebe keine Notwendigkeit, eine solche „Freischussregelung“ einzuführen, hat eine Professorin den Studenten in einer E-Mail mitgeteilt.

„Ich verstehe nicht, wie ein vernünftig denkender Mensch zu einer solchen Entscheidung kommt.“

(Elias Schindler, Student an der Uni Bayreuth)

Bayreuther Studenten: Studium wegen Corona belastender

Elias Schindler und seine Kommilitonen haben sich inzwischen in einem Brief an die Staatskanzlei gewandt. Dort führen sie mehrere Gründe auf, weshalb das Studium durch die Corona-Pandemie ungleich belastender sei. So seien ruhige Plätze zum Lernen aufgrund von geschlossenen Bibliotheken Mangelware.

In den Wohngemeinschaften sei es ein großes Problem, die Freizeit des einen mit der Lernzeit des anderen unter einen Hut zu bringen. Obendrein hätten die Dozenten Defizite beim digitalen Lehren, weil ihnen schlicht die Erfahrung fehlte, so Schindler. Das führe dazu, dass die Studenten „von einer nicht zu bewältigenden Flut an Unterlagen und Audiomaterial“ überschwemmt werden würden.

Studenten haben Zukunftsangst und sammeln Unterschriften

Ein ähnliches Ansinnen gibt es auch an der Hochschule-Würzburg Schweinfurt. In einer Online-Petition fordert Studenten dort eine Freischussregelung für alle bayerischen Hochschulen im aktuell laufenden Wintersemester. Hier sind bereits knapp 20.000 Unterschriften eingegangen. Die aktuelle Situation sei mit einem normalen Universitätsbetrieb nicht zu vergleichen, es fühle sich eher an wie ein Fernstudium, schreibt beispielsweise Julian M., einer der Unterzeichner der Petition.

Im Falle von nicht bestandenen Prüfungen könnten für die Studenten harte Konsequenzen folgen, wie „dass wir deutschlandweit von einem Jurastudium ausgeschlossen werden“, sagt der in Bayreuth studierende Schindler. Unter seinen Kommilitonen sei hieraus teilweise eine „Zukunftsangst“ entstanden.

„Es ist für jeden vernünftig Denkenden in dieser konkreten Situation absolut unverständlich, wie die Universität Bayreuth gehandelt hat, da es doch jedem hätte einleuchten müssen, dass eine solche Ungleichbehandlung, auch wenn sie auf der Satzungsautonomie der Universität beruht, in keinster Weise in irgendeiner Form begründbar ist.“

(Elias Schindler, Uni Bayreuth)

So hat die Uni Bayreuth auf die Corona-Pandemie reagiert

Die Uni selbst hat ihre Prüfungsordnung dahingehend angepasst, dass Studierende – anders als sonst – formlos von einer Prüfung zurücktreten können. Obendrein wird das Wintersemester 20/21 nicht auf die Regelstudienzeit angerechnet. Das ist „aus unserer Sicht eine gute Vorgehensweise“, schreibt eine Sprecherin der Uni auf Nachfrage des bt. In einzelnen Härtefällen könnte es bei pandemiebedingten Nachteilen auch noch andere Lösungen geben.

„Die Universität Bayreuth nimmt die Bedürfnisse der Studierenden sehr ernst. Soweit es die aktuelle Situation und die geltenden Verordnungen zulassen, versuchen wir, den Studierenden entgegenzukommen, wo es nur geht.“

(Statement der Uni Bayreuth)

Vorwurf: „Andere Hochschulen in Bayern tun mehr“ für ihre Studenten

„Es ist deutlich, dass andere Hochschulen in Bayern und anderen Bundesländern mehr tun als Bayreuth“, hält Elias Schindler dagegen. Auch Studentin Julia Dause zeigt sich über die Prüfungsordnung der Bayreuther Uni bestürzt. So hätte sie sich zu einer Prüfung, an der sie weder teilnehmen wollte, noch teilgenommen hat, online anmelden und danach wieder abmelden müssen, um im Corona-Sommersemester 2020 keinen Fehlversuch wegen einer „versäumten Prüfungsleistung“ zu erhalten. Das habe sie aber erst im Nachhinein erfahren. Ein Schreiben an die Uni-Leitung sei unbeantwortet geblieben.

„Ich bin 550 Kilometer aus Nordrhein-Westfalen hierher gezogen, um an dieser Uni studieren zu können. Und dann wird man so enttäuscht. Das ist echt schade.“

(Julia Dause, Studentin an der Uni Bayreuth)

Hoffnung: Empfehlung der Staatsregierung

Vonseiten der Staatsregierung haben die Studenten inzwischen eine Antwort erhalten. Demnach seien die Hochschulen selbst für die Prüfungsordnungen zuständig. Die Uni sagt jedoch, dass solche Entscheidungen im Ministerium getroffen werden müssten. Für Schindler ist das unverständlich. Er hofft, dass die Staatsregierung zumindest eine allgemeine Empfehlung ausspreche, an der sich die Bayreuther Uni orientieren könne.

Fest stehe für Schindler und einige Kommilitonen, dass die Universität die Anliegen ihrer Studierenden nicht ernst nehme, auch wenn die Vertreter etwas anderes sagen würden. Die Situation schade dem Ansehen der Hochschule in der Studentenschaft ungemein und werde sich bestimmt bei den nächsten Online-Bewertungen niederschlagen, vermutet Schindler. Vonseiten der Uni ist man jedoch nicht der Ansicht, dass sich eine Mehrheit der Studierenden beklagen würde.

Bayreuther Tagblatt - Frederik Eichstädt

 bt-Redakteur Online/Multimedia
Frederik Eichstädt