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Geschichte
250 Jahre Beethoven: Richard Wagner und seine Liebe zu Ludwig van Beethoven
Heute vor 250 Jahren wurde Ludwig van Beethoven getauft. Grund genug für Hobbyhistoriker Stephan Müller einen Blick auf Richard Wagners Affinität zu Beethovens Musik zu werfen.Â
Ludwig van Beethoven wäre inzwischen 250 Jahre alt. Hobbyhistoriker Stephan Müller blickt zurück.
Richard Wagner und Beethoven
„Ich glaube an Gott, Mozart und Beethoven“ schrieb Richard Wagner im Jahr 1840 in seiner Novelle „Eine Pilgerfahrt zu Beethoven.“ Und tatsächlich bestärkten das Erlebnis von Beethovens 5. und 7. Symphonie sowie des „Fidelio“ bestärken den jungen Richard Wagner in seinem Entschluss Musiker zu werden.
Ludwig van Beethoven, Richard Wagners großes Vorbild, wurde im Dezember 1770 in Bonn geboren. Das genaue Datum ist nicht bekannt. Dafür aber seine Taufe, die vermutlich durch Pfarrer Peter Isbach durchführte. Am 17. Dezember notierte der Pfarrer im Kirchenbuch, dass Ludovicus van Beethoven, Sohn von Johannes van Beethoven und Helena Keverichs, getauft wurde.
Beethovens Musik war „allgewaltig“
Richard Wagner lernte Beethovens Musik „in den Leipziger Gewandhauskonzerten“ kennen. „Ihr Eindruck auf mich war allgewaltig“ schrieb Richard Wagner selbst und auch sein Biograph Carl Friedrich Glasenapp setzte sich ausführlich mit Wagners Affinität zu Beethoven auseinander:
„Beethoven spielte in Wagners Leben immer eine große Rolle: Die „Siebte“, die am 8. Dezember 1813 – in Wagners Geburtsjahr – mit überwältigendem Erfolg uraufgeführt wurde, lobte Wagner als „Apotheose des Tanzes“ und die „Neunte“ brachte ihm am Palmsonntag, dem 5. April 1846 Hochrufe als außergewöhnlicher Dirigent: Im vorrevolutionären Rausch dirigierte er im alten Opernhaus am Dresdner Zwinger das Werk auswendig und unterstrich die Emotionalität der Musik durch Mimik und Gestik in einer Weise, die bis dahin nicht üblich war.“
Wagner dirigiert Beethoven in Zürich
Im Februar 1852 gibt Wagner in Zürich ein Beethoven-Konzert und rührt damit ein Ehepaar ganz besonders an. Nach dem Konzert lernt Wagner mit den 37-jährigen Otto Wesendonck, Teilhaber einer New Yorker Seidenfabrik, seinen langjährigen Gönner und seine 23-jährige Frau Mathilde, ohne die es wohl nie „Tristan und Isolde“ gegeben hätte, kennen.
Wagner dirigiert Beethoven in Bayreuth
Zur Feier der Grundsteinlegung des Bayreuther Festspielhauses dirigierte Wagner – nach langer Vorbereitung und vielen Proben – am 22. Mai 1872 Beethovens „9. Symphonie“ im Markgräflichen Opernhaus:
Am Vormittag dieses ganz besonderen Tages, es war zudem Wagners 59. Geburtstag, fand mit einer feierlichen Zeremonie bei strömendem Regen die Grundsteinlegung an der Bürgerreuth statt. Vor einem Festbankett im Hotel „Zur Sonne“ führte man Beethovens Neunte Symphonie im Markgräflichen Opernhaus auf.
Amüsant sind die Berichte der Bayreuther, die an diesem Tag beim Festkonzert mit Kaisermarsch und Beethovens Neunter Symphonie im Markgräflichen Opernhaus teilnehmen durften. Wagner habe wild gestikulierend dirigiert: „Wie ein Narr ist er in die Luft gesprungen, hat Lorbeerkränze in die Luft geschmissen, drei Taktstöcke zerschlagen und dann ein Stuhlbein herausgerissen und damit weiterdirigiert…“
Die Legende vom Weihekuss
Richard Wagners Schwiegervater Franz Liszt soll eine besondere Begegnung mit Beethoven gehabt haben. Liszt gab schon mit neun Jahren ein erfolgreiches Klavierkonzert in Ödenburg. Der Erfolg und die Gunst des Esterhazyschen Hauses machten es 1822 möglich, dass er als inzwischen elfjähriges Wunderkind in Wien von dem berühmten Beethoven-Schüler Carl Czerny Klavierunterricht erhielt.
Angeblich soll Beethoven, der seit 1792 fast ausschließlich in Wien lebte, nach einem Konzert den jungen Franz nach einem Konzert vor Begeisterung geküsst haben. Dieser oft zitierte „Weihekuss“ vom 13. April 1823 ist aber wohl tatsächlich nur eine Legende. Beethoven war zu diesem Zeitpunkt schon viele Jahre vollkommen taub.
Immer wieder Beethoven im Festspielhaus
Im Laufe der Festspielgeschichte immer wieder zu besonderen Anlässen Aufführungen der IX. Symphonie am Grünen Hügel: Erstmals zum 50. Todestag Richard Wagners unter dem Dirigat von Richard Strauss. Am 29. Juli 1951 wurden die ersten Nachkriegsfestspiele mit der „Neunten“ unter der Leitung von Wilhelm Furtwängler eröffnet.
Weitere Aufführung leiteten erneut Wilhelm Furtwängler (1954), Paul Hindemith mit seinem einzigen Dirigat im Festspielhaus (1953) und Karl Böhm zum 150. Geburtstag Wagners (1963). Im Jahr 2001 dirigierte Christian Thielemann das Werk zum 125. Geburtstag der Bayreuther Festspiele.
Kein Platz in der Nische
Zu dem Beethoven-Konzert im Sommer 1953 gibt es eine schöne Anekdote:
Eines Tages kam ein Ehepaar in die „Eule“ und wollte einen Platz in der Nische. Die Wirtin Anny Meyer, die von allen nur „Eulen-Meyerin“ genannt wurde, reagierte gewohnt unwirsch und sagte mit aller Bestimmtheit: „Es tut mir leid, mein Herr, da müssen Sie schon einen anderen Platz nehmen, weil dorthin die Künstler vom Festspielhaus kommen.“ Der Herr und die Dame verließen das Lokal wieder.
In diesem Moment kam der leitende Festspielkorrepetitor Professor Maximilian Kojetinsky, der in den 50er Jahren die Einführungsvorträge begründete, zur Tür herein. Ohne zu grüßen, bestürmte er gleich die Wirtin und freute sich: „Ach schau an, der Hindemith war mit seiner Frau bei Dir zum Abendbrotessen! Ich habe ihn gerade beim Rausgehen gesehen.“ Anny Meyer war einer Ohnmacht nahe: „Wer bittschön? Wer war der Herr?“ „Paul Hindemith, der dirigiert morgen die Neunte von Beethoven im Festspielhaus.“
Kein Beethoven-Konzert wegen Corona
Eigentlich hatten sich die Musikfreunde im Festspielsommer auf ein weiteres musikalisches Highlight im Festspielhaus gefreut. Unter der Leitung von Marek Janowski war am für den 30 August aus Anlass des 250. Geburtstages von Ludwig van Beethoven erneut ein Konzert mit der „Neunten“ im Festspielhaus terminiert. Das Ergebnis ist bekannt. Wie die Bayreuther Festspiele selbst fiel auch das „Beethoven“-Konzert „Corona“ zum Opfer.
Stephan Müller
Stephan Müller (54) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.