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Olympia
Bayreuther knackt olympischen Rekord – und bekommt nicht mal eine Medaille
1932 erzielt der Bayreuther Speerwerfer Dr. Gottfried Weimann eine olympische Rekordweite. Für das Treppchen reichte es trotzdem nicht.
Am Dienstag (11. August 2020) hat der Speerwerfer Johannes Vetter in Finnland mit 91,49 Metern eine neue Weltjahresbestweite erzielt. Speerwerfen, Saisonbestleistung, Finnland – diese drei Begriffe erinnern an eine bittere Stunde in der Bayreuther Sportgeschichte. Dr. Gottfried Weimann schleudert bei den Olympischen Spielen 1932 in Los Angeles den Speer im ersten Versuch auf 68,18 Meter: Olympischer Rekord. Doch während des Wettkampfes muss er miterleben, wie drei Finnen nach und nach seine Bestweite übertreffen.
Olympischer Rekord reicht für den Bayreuther nicht
Die deutschen Speerwerfer sind weiter in Topform. Zwei Tage nachdem der Offenburger Johannes Vetter in Braunschweig mit 87,36 Metern deutscher Meister wurde, setzte er sich am 11. August 2020 bei den Paavo Nurmi Games im finnischen Turku mit 91,49 Metern an die Spitze der Weltjahresbestenliste. Damit übertraf der Weltmeister von 2017 die bisherige Weltbestmarke des Inders Neeraj Chopra (87,86) deutlich. Auf Rang zwei kam Andreas Hofmann. Die Weite von 85,24 Metern bedeutete eine Saisonbestmarke für den Heidelberger. Speerwerfen, Saisonbestleistung, Finnland. Da war doch was? Richtig. Diese drei Begriffe erinnern an einen bittere Stunde in der Bayreuther Sportgeschichte.
Bittere Stunden für den Bayreuther Weimann bei Olympia
Bei den Olympischen Spielen 1932 in Los Angeles erlebte der Bayreuther Gottfried Weimann trotz einer tollen Bestleistung eine bittere Stunde. Diese ist im Olympia-Sammelalbum des “Cigaretten-Bilderdienstes” Hamburg-Bahrenfeld aus dem Jahr 1932 nachzulesen:
Ein Athletenkörper huscht tief unten in der Stadionschlucht über den großen, grauen Sandfleck im smaragdgrünen Rasenoval. Jetzt ist der günstigste Augenblick, jetzt schleudert er den schlanken Speer mit allen Kräften. Das vibrierende Stück Holz fliegt und fliegt. Sekundenlang. Es überfliegt eine Kreidelinie nach der anderen. Vor der letzten schnappt die Speerspitze Grund. 68,18 Meter!
Ein neuer Olympischer Rekord von der Nummer 179 dem Deutschen Weimann! Fast zwei Meter mehr als der alte Rekord. (…) Der Rekord hält nicht lang. Als der Finne Matti Järvinnen den Speer schleuderte, waren die 70 Meter überboten. (…) Phantastisch ist das Können der Finnen. Während Weimann sich nicht zu steigern vermag, wird er von Sippala (69,80 m) und Tenttilä (68,70 m) überboten.
Knapp 15 Minuten Olympischer Rekordhalter
Gottfried Weimann, seinen Namen trägt das Metallverarbeitungsunternehmen in der Pottensteiner Straße, war in Los Angeles gerade einmal eine knappe Viertelstunde lang Inhaber des Olympischen Rekords, ehe er von drei Finnen in einem fantastischen Wettkampf überboten wurde. Er landete auf dem vierten Platz und verpasste so nur knapp eine Medaille.
In der deutschen Leichtathletik-Geschichte hat der gebürtige Vogtländer, der ab 1950 bis zu seinem Tod im Jahr 1990 in Bayreuth lebte, dennoch seinen festen Platz: Fünf Mal wurde er von 1932 bis 1936 in Folge Deutscher Meister. Neun Jahre hintereinander stand er von 1929 bis 1937 immer als einer der drei besten deutschen Speerwerfer auf dem Treppchen.
Gottfried Weimann – Fünfmal in Folge Deutscher Meister
Weimanns erfolgreichstes Jahr war das Jahr 1933, als er am 27. August mit 73,40 Metern seinen siebten deutschen Rekord aufstellte und hinter Olympiasieger Matti Järvinen auf dem zweiten Platz der Weltrangliste notiert wurde. Zwei Mal gewann er Bronze bei den Internationalen Universitätsspielen in Darmstadt (1930) und Turin (1933).
In Bayreuth wirkte Weimann, der 1935, also mitten in seiner Glanzzeit als Sportler an der Handelsschule in Leipzig im Bereich Wirtschaftswissenschaften promovierte, viele Jahre im Sportkuratorium Bayreuth. Zudem war er aktives Mitglied in der Ortsgruppe der Deutschen Olympischen Gesellschaft. Er starb am 13. März 1990 in Bayreuth.
Stephan Müller
Stephan Müller (54) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.