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Bayreuth historisch
Der letzte Uhraufzieher Bayreuths
95 Jahre nach der Gründung der Bayreuther Turmuhren übernimmt Thomas Hollering den Traditionsbetrieb. bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller blickt zurück auf den letzten Uhraufzieher Bayreuths und die Gründer der Turmuhrenfirma.

95 Jahre nach der Gründung der Bayreuther Turmuhren übernimmt Thomas Hollering den Traditionsbetrieb. bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller blickt zurück auf den letzten Uhraufzieher Bayreuths und die Gründer der Turmuhrenfirma.
Turmuhren per Hand aufziehen
Er war der letzte städtische Uhraufzieher in Bayreuth. Noch in den 50er Jahren musste der Turmuhrmachermeister Karl Ludwig Dittmar als Lehrling täglich ab acht Uhr seine Runde drehen und die Turmuhren an der Ordenskirche in St. Georgen, der Spitalkirche, der Stadtkirche und im Türmchen am Gymnasium an der Friedrichstraße aufziehen.
Das Aufziehen der Turmuhren mit der Kurbel war mühsam und erforderte Kraft. „Damals war ich noch fit“, lachte Charly Dittmar, „schließlich musste ich unter anderem täglich die 167 Stufen zum Stadtkirchenturm hinaufkraxeln.“

Turmuhr in der Friedrichstraße. Foto: Stephan Müller
Zuverlässigkeit gefragt
Bei dieser Aufgabe ist natürlich auch Zuverlässigkeit gefragt, ohne Pardon! Das führte dazu, dass Charly Dittmar eines sonntags in einem Zeltlager in der Fränkischen Schweiz früh um sechs Uhr aufstehen musste, um eben mal schnell die 30 Kilometer nach Bayreuth zu radeln und seiner Pflicht nachzugehen: „Um die Mittagszeit war ich schon wieder bei meinen Freunden.“
Sein Vater Alois Dittmar gründete 1925 in Bayreuth eine Turmuhrenfirma, die heute in der dritten Generation im Industriegebiet St. Georgen tätig ist.
Sammler und Museumsgründung
Mit dem ersten Tage ihrer Berufstätigkeit betätigten sich Vater und Sohn auch als Sammler und gründeten einen Verein. Beide konnten es nicht verwinden, dass alte Turmuhrenwerke, die an Kirchtürmen, Rathäusern oder Schulen von ihrer Firma gegen neue elektrische Werke ausgetauscht wurden, einfach verschrottet werden sollten.
Städte, Gemeinden und Kirchengemeinden haben dem Verein zahlreiche Exponate als Leihgabe überlassen, mit der Auflage, das einmalige Kulturgut des bayerischen und deutschen Handwerks der letzten Jahrhunderte zu pflegen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Fränkisches Turmuhrenmuseum in Mistelbach. Foto: Stephan Müller
So kam eine stattliche Sammlung zusammen, die zur Gründung eines „Fränkischen Turmuhrenmuseums“ führten.
Uhrwerke aus dem fränkischen Raum
Die Uhrwerke – das älteste wurde 1690 hergestellt – stammen fast ausschließlich aus dem fränkischen Raum. Nahezu alle Exponate, wie auch die alte Turmuhr der Christuskirche, wurden von den Mitgliedern des Vereins betriebsfähig gemacht. Ein geheimnisvolles „Tick Tack“ begleitete die Museumsbesucher bei ihrem Rundgang. Dabei fiel den meisten Gästen gar nicht auf, dass auf Zifferblättern die römische Vier mit vier Strichen dargestellt wird, nur um ein optisches Gleichgewicht herzustellen.
Über zehn Jahre lang wurden die Uhren, Uhrwerke und Zifferblätter in einer stattlichen Scheune in Mistelbach ausgestellt. Als das Anwesen verkauft wurde, musste Karl Ludwig Dittmar eine neue Bleibe für seine Schätze suchen. Er fand sie zunächst auf der Plassenburg in Kulmbach, wo seine Schätze zum Teil gezeigt und zum Teil eingelagert wurden.
Der letzte Uhraufzieher starb am 17. Juni 2016. Bestatte ist Charly Dittmar auf dem Friedhof St. Georgen. Gleich neben seiner Ordenskirche, dort wo er so oft tätig war. Tempus fugit – die Zeit eilt dahin.
Stephan Müller
Stephan Müller (54) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.

























































































