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Magazin/Historisch-Stadtteile
Glocke, Lerchenbühl und Pottaschhütte
Woher kommen eigentlich die siedlungsgeschichtlichen Namen unserer Bayreuther Ortsteile? In Teil fünf der Stadtteil-Serie blickt bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller auf die “Glocke”, den “Lerchenbühl” und die “Pottaschhütte”.
Wie kam es zum dem Namen für den Stadtteil Glocke? Im Mittelalter führte wahrscheinlich eine Altstraße in Nord-Süd-Richtung an Saas vorbei. In einer Karte aus dem 18. Jahrhundert war am Lerchenbühl (Bühl, gleichbedeutend mit Hügel, in alter Zeit ein Vogelherd – Lerchenfang) in Richtung Altenstadt der Satz “an der hölzernen Glocke” vermerkt.
Leider lässt es nicht mehr feststellen, ob diese Glocke vielleicht auf einem hölzernen Gerüst neben der kleinen Marienkapelle “zur Eichen bey der saß” stand. Die im Jahr 1519 gebaute Kapelle wurde schon 1545 wieder aufgelassen.
Zum Stadtteil Glocke gehört heute nicht nur die Ansiedlung an der Glockenstraße, der Grillparzerstraße, Anzengruberstraße oder Fontanestraße, sondern auch die Wohnbebauung auf der anderen Seite der Ludwig-Thoma-Straße. Auch dort finden sich Straße die nach Dichtern und Schriftstellern benannt sind: Die Gerhart-Hauptmann-Straße, Schopenhauer-, Theodor-Storm- oder Max-Stirner-Straße.
Die Pottaschhütte
Gleich neben der Glocke liegt der Ortsteil “Pottaschhütte”. Dort wurde früher Pottasche gebrannt. Im Jahr 1743 erwarb der Bayreuther Kaufmann Schilling aus den Feldern des Saaser Bauern Meyer Grundstücke im Lerchenbühl, um darauf eine Pottaschenfabrik zu errichten.
Von 1769 bis zur Einstellung des Betriebes im Jahr 1800 waren etwa 20 Personen beschäftigt, die im benachbarten Glockenhof wohnten. Der Name Pottasche kommt von der alten Methode der Anreicherung von Kaliumcarbonat aus Holzasche mittels Lösung der Salze (wie Phosphate und Sulfate) durch Auswaschung mit Wasser und anschließendem Eindampfen in Töpfen (Pötten). Der traditionelle Name stand auch Pate für das englische Wort potassium (Kalium). Das Kaliumcarbonat wurde zur Herstellung von Farben, Seifen und Gläsern, aber auch als Düngemittel verwendet. Noch heute wird Pottasche als Backmittel bei der Herstellung von Lebkuchen verwendet.
Im Jahr 1830 wurde das Gut Pottaschhütte vom Saaser Bauer Meyer gekauft. Ab 1833 wurde das Gebäude als Wirtshaus und von 1933 bis 1951 als “Notkirche” und Schulhaus für die Grundschüler aus der Glocke, der Saas und den Birken genutzt. Das Schulhaus “Pottaschhütte” gehörte zum Sprengel der Luitpoldschule. Damit die älteren Schulkinder nicht den weiten Weg zur Altstadtschule oder zur Luitpoldschule auf sich nehmen mussten, wurde eine neue Schule gebaut: Die Lerchenbühlschule eröffnete am 6. September 1951 für immerhin 360 Kinder. Die Pottaschhütte wurde 1977 abgebrochen. Heute stehen an dieser Stelle die Häuser der Glockenstraße 11 und 13 an der Ecke zur Grillparzerstraße. Direkt daneben befindet sich die Straße “Pottaschhütte”, die an das alte Gut erinnert.
Lerchenbühl – ein Vogelherd
Die Lerchenbühlschule ist nach dem alten Flurnamen “Lerchenbühl” benannt, also nach einem „Hügel (mittelhochdeutsch: Bühel), wo es Lerchen gibt“. Im Stadtbuch von 1464 wird bereits ein gewisser Sendelbeck von dem Lerchenpühel erwähnt. Der Flurname gibt den Hinweis auf einen Vogelherd, an dem früher vor allem im Herbst mit Netzen und Klebegarn Lerchen gefangen wurden. Die Lerche galt als Wiesenbrüter nicht als Singvogel sondern als Wildvogel, der in großer Anzahl auf Wiesen und Äckern vorkam. Beim “Lerchenstreichen” konnten die Vögel zu Hunderten leicht in die Netze getrieben werden. Die Lerchen galten als Delikatesse. Sie wurden am heimischen Herd und in Gasthäusern gebraten, mit Kräutern und Eiern gebacken oder als Pastete zubereitet. Heute ist die Lerche vom Aussterben bedroht und wurde nicht zuletzt deswegen zum “Vogel des Jahres 2019” erklärt.
Ebenfalls erwähnenswert: In den 60er und 70er Jahren befand sich direkt neben der Lerchenbühlschule ein Wohnwagen-Campingplatz und die Fußballer des BSC Saas werden auch die “Lerchenbühler” genannt.
Stephan Müller
Stephan Müller (54) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.