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Gessn werd dahaam

Private Einblicke, Adelsgeschichten und ein Besuch im Bayreuther Weltladen

Christoph Scholz ist wieder auf Tour durch das kulinarische Oberfranken. Diesmal besucht er den Bayreuther Weltladen. 

„Sie kennen mich“, sagte unsere Kanzlerin im Jahr 2013 beim TV-Duell gegen Peer Steinbrück. Die Formulierung blieb haften, wurde zum vielzitierten Wort. Aber kennen Sie mich, liebe Leserin, lieber Leser?

Sie kennen nach bisher 26 „Gessn werd dahaam“-Folgen die regionalen Produzenten, bei denen ich gerne einkaufe. Meine Familie und meinen Hund kenne sie auch. Sie kennen meine Sommerurlaubsziele 2020, Hof und den Sophienberg. Aber was Sie bisher nicht kannten, ist meine Begeisterung für das englische Königshaus.

Adelsgeschichten und Naturdokumentationen

Schon lange überlege ich, wie ich die Windsors hier im Bayreuther Tagblatt unterbringen kann. Da trifft es sich gut, dass ich Ihnen heute einen brandneuen Dokumentarfilm empfehlen möchte, der ab dem 4. Oktober beim Streamingdienst Netflix läuft: „A Life on Our Planet“, „Mein Leben auf unserem Planeten“, von Sir David Attenborough.

Die atemberaubenden Naturdokumentationen, denen Attenborough seine Prominenz und seine Erzählerstimme leiht (zuletzt „Our Planet“, ebenfalls auf Netflix) sind Ihnen sicher bekannt, in der ARD begeisterte „Planet Erde“ ein Millionenpublikum. Jetzt, mit 94 Jahren, macht Attenborough seine Botschaften umso dringlicher: Erhaltet die Natur. Stoppt den Raubbau. Zur Filmpremiere in London war Sir David vor ein paar Tagen im Palast zu Besuch, hier sehen Sie ein paar Fotos mit dem Herzog und der Herzogin von Cambridge und ihren lieben Kleinen:

Allen Interviewpartnern der zurückliegenden Folgen von „Gessn war dahaam“ ist eines gemeinsam: Eine tiefe Verbundenheit zu unserer Landschaft, zum Erhalt unserer Umwelt, zum verantwortungsvollen Umgang mit Mensch und Tier. Wir leben in einer Zeit, die gemeinsame Verantwortung und gemeinsames Handeln fordert. Daher möchte ich die kommenden Folgen von „Gessn werd dahaam“ nutzen, Ihnen die Initiatoren und Ziele des in Bayreuth angestrebten Klimaentscheids vorzustellen.

Klima und Umwelt im Fokus

Wir werden den Verein Hamsterbacke besuchen, der die Flut an Lebensmittelverpackungen eindämmen will. Wir besuchen den Kleidungshersteller Bleed in Helmbrechts, der auf eine kompromisslose Umweltschutzstrategie umsetzt. Und Sie werden Gartendesigner aus Los Angeles kennenlernen, die uns Anregungen geben wollen, wie man Gärten gestaltet, die „Widerstand“ leisten. Denn „man muss von der Informiertheit zur Aktion kommen“, wie der bekannte Ausstellungsmacher Hans Ulrich Obrist kürzlich in einem Interview mit dem
Kunstmagazin „Art“ sagte.

Der Weltladen in Bayreuth

„Informiert“ über die Anliegen fairen Handels (ob mit Produkten aus aller Welt oder hier aus Deutschland) sind wir alle. Die erforderliche „Aktion“ ist, beim Einkaufen konsequent darauf zu achten, woher unser Essen kommt und wie es produziert wurde. Hier in der Region kann man das vielleicht noch selbst recherchieren, kann den Bauern seines Vertrauens im Hofladen besuchen oder mit den Produzenten auf unserem fantastischen Bayreuther Wochenmarkt sprechen.

Was ist aber mit Bananen, Kaffee oder Kakao, die trotz Klimawandels bei uns im Fichtelgebirge oder auf dem Sophienberg noch nicht gedeihen? Dafür braucht es „Lotsen“, die uns Verbrauchern den richtigen Weg weisen. Eine solche „Lotsin“ ist Silvia Schultes, die ich vorm Weltladen in der Ludwigstraße zum „Fairen Stadtrundgang“ treffe.

Silvia Schultes arbeitet für „Die Brücke – Verein für faires Handeln und Entwicklung“, der dafür zuständig ist, die öffentlichen Anliegen des Weltladens zu vermitteln, zum Beispiel mit „Bildungskisten“ mit entwicklungspolitischen Inhalten für den Schulunterricht oder Angeboten wie diesen Stadtrundgang (Termine gibt’s wieder in 2021 oder für Gruppen auf Anfrage).

Fair gehandelte Produkte im Weltladen Bayreuth

Der Weltladen startete in Bayreuth 1982 als „Dritte Welt“-Laden, der Verkauf dort wird von einem zweiten Verein, „Die Brücke – Weltladen“, organisiert. Mittlerweile spricht man nicht mehr von der „Dritten Welt“, sondern den „Ländern des globalen Südens“. Von dort kommt ein Großteil der bei uns konsumierten Lebensmittel, Produktion und Handel stehen in einem brutalen Wettbewerb und Preiskampf. Fairer Handel zielt im Kern darauf ab, den Kleinbäuerinnen und -bauern stabile Mindestpreise, Planungssicherheit und Teilhabe an sozialen Projekten in ihrer Region zu ermöglichen.

„Denken Sie aber nicht nur an ‚Klassiker‘ wie Schokolade oder Kaffee“, sagt Silvia Schultes, „sondern planen Sie jetzt schon für Weihnachten. Guten Wein, Spirituosen und ausgefallene Handwerkskunst aus fairer Produktion gibt’s bei uns nämlich auch.“ Auch Konzerte gehören zum Programm des Weltladens. Am Sonntag, 4. Oktober, gibt’s um 19 Uhr in der Erlöserkirche ein solches mit Urbain N’Dakon, einem afrikanischen Musiker, der hier in Bayreuth seine Doktorarbeit geschrieben hat.

„Eingeschlossen“ in Unternschreez

Im Stöckelkeller, der alten Dorfwirtschaft in Unternschreez, die meine Frau Melanie und ich als Kulturort entwickeln, treffen sich vom 9. bis zum 11. Oktober Kulturschaffende, Ausstellungsmacher und Medienleute. Wir haben Künstler wie Street Artist und Aktivist Banksy, Filmemacher Tim Burton, den Kreativchef von Marvel Entertainment, Joe Quesada, oder die Londoner Grafikkünstlerin Zoë Zimmer gebeten, uns ihren künstlerischen „Kommentar“ zum „Lockdown“ zu senden.

Herausgekommen ist eine spontane Mischung aus Bildern, die von einem „Maskenmann“ im typischen Tim-Burton-Stil bis zu Joe Quesadas Krankenschwester mit Captain-America-Mund-und Nasenmaske reichen. Wir unterstellen bei unserem Ausstellungskonzept, dass Künstler und ihre Kunstwerke zur Zeit nicht in gewohntem Umfang zu Ausstellungen reisen können – und daher ihre Kunst digital auf Leinwände in den Stöckelkeller „senden“.

Der eingangs erwähnte Kurator Hans Ulrich Obrist hat aktuell mit „It’s Urgent“ eine Ausstellung auf Tournee, über die er im Gespräch mit dem aktuellen Art-Magazin sagt:  „… eine Ausstellung, die keine Ressourcen verschwendet, keinen Transport braucht. Und durch das Internet wird das Lokale dann wieder Teil eines globalen Netzwerks. Meine neue Ausstellung „It’s Urgent“ folgt derselben Logik.: Wir haben Künstlerinnen und Künstler eingeladen, Poster zu den dringenden Fragen unserer Zeit zu entwickeln.  (…) Die Poster werden lokal gedruckt, und wo immer die Ausstellung stattfindet, werden
lokale Künstlerinnen und Künstler eingeladen, Poster hinzuzufügen.“

Dass wir Kunstwerke online auf digitale Leinwände nach Unternschreez schicken, folgt diesem Gedanken. Mit den Besuchern und den anwesenden Ausstellungsmachern wollen wir auch zu diesen Fragen ins Gespräch kommen. Vielleicht kommen Sie vorbei? Obrist sagt in dem Interview: „Es ist wichtig, sowohl eine persönliche als auch institutionelle Antwort auf die drohende Gefahr zu finden.“ Wir schaffen das. Auch so ein Kanzlerinnensatz. Bis zum nächsten Mal!

Meine Tipps:

  • Weltladen Bayreuth: Den Weltladen finden Sie in der Ludwigstraße 5, Telefon 0921-47162. Geöffnet montags bis freitags
    von 9:30 bis 18 Uhr und samstags von 9:30 bis 15 Uhr.
  • Konzert „Melodien der afrikanischen Seele“: Am Sonntag, 4. Oktober, um 19 Uhr spielt Urbain N’Dakon in der Bayreuther Erlöserkirche, Hans-Meiser-Str. 1. Karten gibt’s im Weltladen.
  • Dokumentarfilm „Mein Leben auf unserem Planeten“: Falls Sie den Streamingdienst Netflix abonniert haben, schalten Sie dort ab 4. Oktober ein. Falls nicht, laden Sie sich bei Nachbarn oder Freunden ein, die Netflix in der Glotze haben. Sie können ja ein paar Leckereien mitbringen, Anregungen finden Sie in unseren „Gessn wird dahaam“- Kolumnen.
  • Buch „Die Hälfte der Erde“: Ergänzend zur Attenborough-Doku empfehle ich Ihnen das bereits 2016 erschienene Buch „Die Hälfte der Erde“. Der kluge Forscher E.O. Wilson macht komplexe Zusammenhänge verstehbar; ein ähnlich radikales Buch wie „Abschied von der Erde“ von Michio Kaku, das ich Ihnen in der Folge über Lang-Bräu in Schönbrunn empfohlen habe.
  • Ausstellung „Eingeschlossen“: Vom 9. – 11. Oktober gibt’s Kunst auf digitalen Leinwänden in der alten Dorfwirtschaft Unternschreez. Den Trailer dazu gibt es hier. Öffnungszeiten: Freitag, 9. Oktober von 11 bis 18 Uhr (letzter Einlass 18 Uhr), Samstag, 10. Oktober von 11 bis 18 Uhr (letzter Einlass 18 Uhr) und Sonntag, 11. Oktober von 10 bis 14 Uhr (letzter Einlass 14 Uhr). Wegen Corona: Beschränkte Besucherzahl. Eintritt frei. Zeitfenster-Tickets gibt es online. 

Christoph Scholz

Christoph Scholz

Christoph Scholz ist 45 Jahre alt und Familienvater. Sein Geld verdient er als Projektleiter bei Semmel Concerts. Privat beschäftigt er sich gerne mit den Themen Essen, Trinken, Kochen, Gastronomie und Hotellerie.

Sie erreichen Robert Babutzka unter www.edictum-mobilar.de und info@edictum-mobiliar.de. Foto: Florian MiedlSie erreichen Robert Babutzka unter www.edictum-mobilar.de und info@edictum-mobiliar.de. Foto: Florian Miedl
Eine vegane Brotzeit á la Bleed (Link zum Rezept gibt es unten im Text). Foto: Kristoffer Schwetje/BleedEine vegane Brotzeit á la Bleed (Link zum Rezept gibt es unten im Text). Foto: Kristoffer Schwetje/Bleed
Christoph Scholz zu Besuch im Unverpacktladen Hamsterbacke in Bayreuth. Foto: Christoph ScholzChristoph Scholz zu Besuch im Unverpacktladen Hamsterbacke in Bayreuth. Foto: Christoph Scholz
Verkaufsraum der Geseeser Landbäckerei. Foto: Geseeser LandbäckereiVerkaufsraum der Geseeser Landbäckerei. Foto: Geseeser Landbäckerei
Rapsody of Spices in Kulmbach wird von den Azubis der Firma Raps geführt. Hier im Bild: Natalie Hofmann (links) und Maria Limmer (rechts). Foto: Christoph ScholzRapsody of Spices in Kulmbach wird von den Azubis der Firma Raps geführt. Hier im Bild: Natalie Hofmann (links) und Maria Limmer (rechts). Foto: Christoph Scholz
Swagman im Industriegebiet. Foto: Christoph Scholz
Möbel
Foto: Christoph Scholz