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Magazin/Historisch-Stadtteile

Schloss Colmdorf und die Rollwenzelei

Woher kommen eigentlich die siedlungsgeschichtlichen Namen unserer Bayreuther Ortsteile? In Teil sechs der Stadtteil-Serie blickt bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller auf Colmdorf.

Seit 1. April 1939 ist Colmdorf ein Stadtteil von Bayreuth. Im Landbuch von 1398 wird der Ortsname noch “Kolbendorf” geschrieben, so dass für die Historiker keine Zweifel bestehen, dass das Dorf nach der großen Sippe der Kolb benannt wurde, die aus einem Urhof in Unterwaiz stammen.

Auf einem herrschaftlichen Lehenhof in Kolbendorf saß noch ein möglicherweise niederadliger Lehenmann namens Schleicher. Im Landbuch befindet sich ein Hinweis, dass der Wirtschaftshof mit dem “Hals(gericht) und ander Gericht gen Beyerreut” gehört.

Später kaufte ein Herr vom Imhoff von Altentrebgast das herrschaftliche Lehen. Als die Familie Imhoff ausstarb, fiel das Erbe an den Landesherrn. Markgraf Christian schenkte das Lehen 1603 seinen Kanzler Friedrich Huldirch von Varell, der ich von Berlin nach in seine neue Residenz begleitet hat. Bayreuth hat Varell möglicherweise zu verdanken, dass die Residenz der Markgrafschaft Bayreuth-Kulmbach von der Plassenburg in Kulmbach nach Bayreuth verlegt wurde.

Colmdorfer Schloss

Seine heutige Form verdankt das Colmdorfer Schloss aber Freiherr von Reitzenstein, der das Grundstück 1754 erwarb und das noch heute bestehende Colmdorfer Schloss bauen ließ.

Schloss im Bayreuther Stadtteil Colmdorf. Foto: Stephan Müller

Die Markgräfin Wilhelmine starb im Jahr 1758. Nur ein Jahr nach ihrem Tod kaufte Markgraf Friedrich das Anwesen für seine zweite Gemahlin. Er hatte Wilhelmines Nichte (!) Sophie Caroline Marie von Braunschweig-Wolfenbüttel geheiratet und ließ 1760 das Schloss mit zwei Seitenflügeln vergrößern. Sophie Caroline Marie nannte ihr Schlösschen “Carolinenruhe”.

Rollwenzelei nahe Colmdorf

Nur wenige Schritte von Colmdorf entfernt befindet sich die Rollwenzelei. Jeder Bayreuther weiß, dass der Schriftsteller Jean Paul ab 1809 häufig mit Stock und Umhängetasche zur Rollwenzelei wanderte. Fast jeden Tag packte er seine “Siebensachen” zusammen, verstaute Hefte, Bücher, Bogen und Papier in seinen Ranzen und wanderte aus der Stadt über die Königsallee in Richtung Eremitage.

Bei Frau Dorothea Rollwenzel bekamen Jean Paul und sein Hund eine deftige Brotzeit. In dem kleinen Studierzimmer im ersten Stock fand er die Muße, die er zum Schreiben brauchte. Die selbstgebraute Tinte durfte ebenso nicht fehlen, wie auch eine Flasche Wein, die “Tinte für den Geist”.

Das frühere „Chaussee- und Zollhaus“ war Zahlstelle für die Benutzung der ursprünglich nur für Herrschaften und Kutschen erbauten Königsallee, die den allgemeinen Verkehr erst 1792 übergeben wurde.

In der Rollwenzelei befindet sich das Dichterstübchen von Jean Paul. Archiv: Bernd Mayer

Zu einer Schankwirtschaft entwickelte sich die Rollwenzelei erst in der Franzosenzeit (1806 bis 1810). Die Wirtin soll damals einen französischen Soldaten, der sich die Beine erfroren hatte, gut gepflegt haben. Zum Dank habe sie dafür die Konzession zur Errichtung einer Wirtschaft erhalten. Heute kann man in der Rollwenzelei das Dichterstübchen von Jean Paul besichtigen.

Stephan Müller

Stephan Müller

Stephan Müller (54) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.

Ein Festzug zieht an einem Ein Festzug zieht an einem "Siebener"-Kasernengebäude in der Hartmannstraße (heute Ludwig-Thoma-Straße) vorbei. Im Hintergrund ist der Justizpalast zu erkennen. Foto: Archiv Bernd Mayer.
Das Versorgungskrankenhaus heißt heute Das Versorgungskrankenhaus heißt heute "Krankenhaus Hohe Warte". Foto: Archiv Elfriede Müller
Wenige Tage, nachdem in der deutschen Kolonie Kamerun die deutsche Fahne gehisst wurde, benannten Festspielmitwirkende das Forsthaus um: Wenige Tage, nachdem in der deutschen Kolonie Kamerun die deutsche Fahne gehisst wurde, benannten Festspielmitwirkende das Forsthaus um: "Dort ka ma ruhn". Foto: Archiv Bernd Mayer.
Die Stadtansicht zeigt Bayreuth um 1680. Der Hof-Musikus Georg Carl war 1675 am Hofe des Markgrafen Christian Ernst im Stadtschloss (links) in Anstellung. Foto: Archiv Bernd MayerDie Stadtansicht zeigt Bayreuth um 1680. Der Hof-Musikus Georg Carl war 1675 am Hofe des Markgrafen Christian Ernst im Stadtschloss (links) in Anstellung. Foto: Archiv Bernd Mayer
Ein beliebte Ausflugsgaststätte war das Ein beliebte Ausflugsgaststätte war das "Restaurant am Stuckberg". Foto: Archiv Ernst-Rüdiger Kettel.
Wagnerianer und Kenner des Wagnerianer und Kenner des "Rheingold" wissen was gemeint ist: "Zur Burg führt die Brücke" heißt es im letzten Akt von Wagners "Rheingold". Auch hinter dem Hauptbahnhof führt eine Brücke zur Burg. Foto: Stephan Müller.
Das Gelände zwischen den Ortsteilen Meyernberg und Oberpreuschwitz hat den Flurnamen Das Gelände zwischen den Ortsteilen Meyernberg und Oberpreuschwitz hat den Flurnamen "Österreich", das "ein Gebiet nach Osten begrenzt". Der ungewöhnliche Blickwinkel auf die Reha-Klinik und das Neubaugebiet von Oberpreuschwitz wurde durch einen Hub-Kran auf dem Gelände des Stadtgartenamtes bei einem "Tag der offenen Tür" möglich. Foto: Stephan Müller.
Die Brauerei J. Friedel. Foto: Archiv Bernd Mayer Stiftung.Die Brauerei J. Friedel. Foto: Archiv Bernd Mayer Stiftung.
Bayreuths Stadtteil Moritzhöfen mit dem Wilhelm-Leuschner-Geburtshaus. Foto: Susanne MonzBayreuths Stadtteil Moritzhöfen mit dem Wilhelm-Leuschner-Geburtshaus. Foto: Susanne Monz
Blick auf das Festspielhaus im Jahr 1880. Im Vordergrund ist das alte Bahnhofsgebäude und das Bahnhofshotel zu sehen. Foto: Archiv Bernd Mayer.Blick auf das Festspielhaus im Jahr 1880. Im Vordergrund ist das alte Bahnhofsgebäude und das Bahnhofshotel zu sehen. Foto: Archiv Bernd Mayer.