Krankenhaus in Bayreuth kämpft mit erheblichem Personalmangel: Mitarbeiter bekommen heftige Vorwürfe ab
Beim Bezirkskrankenhaus in Bayreuth herrschen derzeit starke Personalprobleme. Teilweise werden keine Patienten mehr aufgenommen.
Beim Bezirkskrankenhaus in Bayreuth herrschen derzeit starke Personalprobleme. Teilweise werden keine Patienten mehr aufgenommen.
Haben psychischen Erkrankungen in der Corona-Krise zugenommen? Verzeichnet das Bezirkskrankenhaus Bayreuth eine wachsende Patientenzahl? Das bt hat bei einem Experten nachgefragt.
Am Donnerstag (27.8.2020) sind Baumodule für das Bezirkskrankenhaus (BKH) in Bayreuth angeliefert worden. Die teilweise bis zu knapp 33 Tonnen schweren Module mussten mit einem Kran auf das Fundament gehoben werden.
Im Bezirkskrankenhaus (BKH) in Bayreuth kommt auch Therapiehund Murphy zum Einsatz. Auch für ihn war die erste Corona-Zeit nicht leicht und das hat er sich anmerken lassen.
Im Bayreuther Bezirkskrankenhaus (BKH) gelten derzeit durch die Corona-Pandemie strenge Regeln. Der Lockdown hat auch Auswirkungen auf Patienten.
In Oberfranken ist am Freitag ein 30-jähriger Mann ausgeflippt. Der Täter beschimpfte und verletzte zunächst einen Mann in seinem Auto. Etwas später bespuckte und attackierte er mehrere Polizisten.
Die Corona-Pandemie hat momentan großen Einfluss auf das Leben der Menschen. Während Alleinstehende oft mit Einsamkeit zu kämpfen haben, stehen Familien vor ganz anderen Herausforderungen. In einem Interview erklärt die leitende Oberärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie am Bezirkskrankenhaus Bayreuth, Dr. med. Stephanie Steinmann, wie die Krise am besten gemeistert werden kann.
Es ist ein Spagat zwischen Homeoffice, Beschulung der Kinder, nörgelnden Kleinkinder und genervten Teenagern. Für Familien ist die derzeitige Situation in der Corona-Krise nicht selten eine Zerreißprobe. Und die allermeisten schaffen das sehr gut. Es sei bemerkenswert, was Familien gerade leisten, findet Dr. med. Stephanie Steinmann. Sie ist Leitende Oberärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie und – psychotherapie am Bezirkskrankenhaus Bayreuth und erklärt, was Familien tun können, um die Zeit auch psychisch heil zu überstehen.
Es sind eben keine Ferien. Und das merken die Kinder deutlich. Alles, was Kinder mit Ferien verbinden, findet gerade nicht statt: rausgehen, Hobbies nachgehen, die Oma treffen, verreisen… Dazu kommt, dass auch die Eltern gestresst sind, weil sie zusätzlich zu ihrer Arbeit auch noch unterrichten müssen. Das normale Leben ist gerade komplett eingeschränkt.
Bei Jugendlichen kommen noch ganz reale Sorgen dazu: Was passiert mit meinen Plänen, was mit meiner Abschlussprüfung, mit dem Wunsch, nach der Schule ins Ausland zu gehen, was wird aus meiner Ausbildung oder meinem Studium? Wir dürfen auch nicht vergessen: Schule ist ja nicht nur ein Ort zum Lernen, Schule ist auch ein Ort sozialer Kontakte. Die Mehrzahl der Schüler geht doch gern zur Schule – und das alles haben die Kinder und Jugendlichen jetzt nicht mehr. Das belastet natürlich. Die derzeitige Situation ist für die gesamte Familie eine große Herausforderung.
Wichtig ist, in dieser veränderten Situation verlässliche Strukturen aufzubauen. Das gibt Halt. Stehen Sie jeden Tag zur gleichen Zeit auf, planen Sie Schulzeit ein, planen Sie die Freizeit. Es ist bemerkenswert, wie gut Eltern es gerade schaffen, diese Situation zu meistern. Gerade mit Blick darauf, dass Eltern auch selbst stark belastet sind.
Ob und in welchem Umfang man Kindern seine eigenen Sorgen zumuten kann, hängt immer auch stark vom Alter der Kinder ab. Was man auf jeden Fall auf der Ebene der Erwachsenen besprechen sollte, sind die wirtschaftlichen Sorgen, die gerade aufkommen können. Mit diesen sollte man die Kinder eher nicht belasten.
Das hängt vom Alter der Kinder ab. Allerdings spüren alle Kinder – egal wie alt sie sind – die Realität. Sogar die Allerkleinsten sind von Einschränkungen betroffen und merken, dass etwas nicht stimmt, wenn sie beispielsweise nicht mehr auf ihren Spielplatz dürfen.
Dramatisieren Sie die Situation nicht, verharmlosen Sie sie aber auch nicht. Seien Sie ehrlich. Zeigen Sie den Kindern, dass Sie sie und ihre Ängste und Sorgen ernst nehmen. Sprechen Sie mit Ihren Kindern. Auch Kinder und Jugendliche werden gerade vollkommen überflutet von den Nachrichten. Vieles lässt sich altersabhängig sachlich besprechen. Und zeigen Sie – auch den Kleinen – auf, was man selbst tun kann, um sich und andere Menschen zu schützen. Also: Hände waschen, Abstand halten, Zuhause bleiben, die Oma eben gerade nicht besuchen. Oder dass Sie älteren Nachbarn Hilfe anbieten. Die Kinder lernen soziale Verantwortung. Eltern können ihnen dies vorleben.
Bleiben Sie selbst ruhig. Angst ist ansteckend. Bieten Sie Alternativen zum Gewohnten an, machen Sie Spaziergänge mit den Kindern, statt auf den Spielplatz zu gehen. Nutzen Sie die Zeit, wieder einmal Brettspiele zu machen. Versuchen Sie auch, das Positive in dieser Situation zu sehen. Es entwickeln sich ja gerade auch neue Wege: Wir nutzen neue Wege der Kommunikation, wir skypen mit den Großeltern und halten so Kontakt zu anderen. Wichtig ist gerade, den Kindern Strukturen anzubieten, ihnen Verständnis zu zeigen, mit ihnen den Alltag zu gestalten. Es ist enorm, was Familien gerade leisten. Und darauf darf man als Familie auch stolz sein.
Text: Ulrike Sommerer
Die Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie bekommt von den Gesundheitseinrichtungen des Bezirks Oberfranken (GeBo) mehr Plätze. Bereits zum 1.3.2020 sollen 60 stationäre und 14 tagesklinische Plätze zu Verfügung stehen.
Dass die Kapazität der Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie erhöht werden soll, ist schon länger beschlossene Sache. Der Plan wird jetzt jedoch schneller umgesetzt als ursprünglich gedacht. Durch den hohen Bedarf ist die damit verbundene Not der betroffenen Kinder und Familien auch groß. Weil schnelle Hilfe erforderlich ist, geht es jetzt auch schnell.
Auf dem Gelände des Bezirkskrankenhauses Bayreuth soll mittels Modulbauweise Platz für zusätzliche Betten entstehen. Dies entschied der Verwaltungsrat der GeBO bei seiner jüngsten Sitzung. Bis diese Modulbauten stehen, werden die zusätzlichen Betten und tagesklinischen Plätze in einem aktuell nicht komplett genutzten Gebäude untergebracht. Erst im September soll dann der Umzug in die zwei neuen Modulbau-Stationen erfolgen.
Unabhängig davon wird auch fleißig am Neubau der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Standort Bayreuth weitergeplant. Dieser soll die Interimslösung in etwa fünf Jahren ablösen. “Mit dieser Lösung schaffen wir zeitnah eine Verbesserung für die betroffenen Kinder und Jugendliche und deren Eltern”, so der Bezirkstagspräsident Henry Schramm.
Der Ausbau der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie am Bezirkskrankenhaus Bayreuth macht es auch möglich, Kinder und Jugendliche noch spezifizierter behandeln zu können. Denn eine größere Klinik kann auch speziellere Behandlungen anbieten. So wird es künftig auch eine eigene Suchtstation für Kinder und Jugendliche geben. Der Bezirk investiert in seine Gesundheitseinrichtungen in den nächsten Jahren insgesamt rund eine halbe Milliarde Euro. Davon werden 31 Millionen Euro in die Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie fließen.
„Grün, grün, grün sind alle meine Kleider…“. Zusammen mit der 88-jährigen Patientin stimmt Carmen Trautvetter das bekannte Kinderlied an. Die Diplom-Psychologin am Bezirkskrankenhaus weiß: „Zumindest an die erste Strophe erinnern sich die meisten. Das vermittelt ein gutes Gefühl, ein Erfolgserlebnis.“ Denn mit Erinnerungen haben die meisten ihrer Patienten Probleme.
Trautvetter leitet die kognitive Trainingsgruppe in der Gerontopsychiatrie. Zu ihr kommen Menschen, die an Demenz erkrankt sind. Beim GeBO-Demenztag am Mittwoch, 18. September, gibt die Psychologin um 14 Uhr in einem Fachvortrag Einblicke in ihre Arbeit.
Mein Ziel in der Trainingsgruppe ist es, die Kommunikation und das Denken anzuregen, um die Dinge, die im Kopf noch da sind, möglichst lange zu erhalten und das Vergessen zu verzögern.
(Carmen Trautvetter, Diplom-Psychologin)
Sprache, Auffassungsgabe und Gedächtnisleistung verschlechtern sich bei Demenzkranken immer mehr. Die einstündige geistige Anregung in der Gruppe schafft wieder Flexibilität im Kopf.
Trautvetter geht im Gespräch intensiv auf den persönlichen Lebensalltag der Patienten ein: Was haben Sie erlebt diese Woche? Wie ist Ihr Arztbesuch gestern gelaufen? Hatten Sie am Sonntag Besuch? „Die Patienten sollen erst mal bei mir in der Gruppe ankommen.“ Um sie aus der Reserve zu locken, handelt die Psychologin nicht einfach nur einen Themenschwerpunkt ab, sondern geht individuell auf die Menschen ein.
Wir aktualisieren immer wieder die Biografie und versuchen, die bestehenden Erinnerungen möglichst lange zu erhalten.
(Carmen Trautvetter)
Trautvetter legt eine Stofftasche auf den Tisch, an dem sie mit der 88-jährigen Patientin sitzt. „Ich habe Ihnen heute etwas mitgebracht. Ich dachte, wir unterhalten uns ein wenig über Berufe.“ Zum Vorschein kommen nach und nach ein Schneebesen, ein Pinsel, ein Stethoskop, Verbandszeug, ein Zollstock. Vorsichtig nimmt die ältere Dame die Gegenstände in die Hand. „Meine Schwester war Schneiderin. Ich habe immer mehr geflickt als genäht“, erzählt sie, als sie Nadel, Faden und Fingerhut inspiziert. „Aber meine Jacke, die habe ich selbst mit der Hand gestrickt“. Bei der Malerrolle tut sie sich schwerer: „Braucht man das nicht für die Küche?“ Trauvetter gibt ihr Hilfestellungen. „Man muss vorsichtig sein und sollte die Patienten nicht überfordern.“
Ob jemand wirklich dement ist oder im hohen Alter einfach nur vergesslicher geworden ist, sollte man abklären. Trautvetter empfiehlt, dafür einen Termin für die Gedächtnissprechstunde am Bezirkskrankenhaus zu vereinbaren. „Mit Hilfe von einfachen Tests und Voruntersuchungen hat man sehr schnell Klarheit.“ Und dann? Trautvetter wünscht sich eine bessere Informationspolitik, was die Krankheit betrifft.
Angehörige sind oft überfordert und reagieren ungehalten.
(Carmen Trautvetter)
Der GeBO-Demenztag bietet für alle Altersgruppen die Möglichkeit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Als Jugendliche hat sie Krimis verschlungen. Wenn andere in der Eisdiele jobbten, machte sie Praktika im Knast. Stefanie Koel ist 39 Jahre alt und die erste Kriminologin, die das Bezirkskrankenhaus Bayreuth (BKH) beschäftigt.
Im BKH werden Menschen mit psychischen Erkrankungen behandelt. Ein Teil des Geländes gleicht aber eher einem Hochsicherheitstrakt als einem Krankenhaus. Wer dort rein will, muss durch eine Sicherheitsschleuse, muss sich ausweisen, muss Handy und Schlüsselbund abgeben. Wer drin ist, dem öffnen sich Türen nur durch Eingabe eines Sicherheits-Codes. Die Patienten dort sind eigentlich Gefangene. Wegen psychischer Erkrankungen, weil sie Drogen brauchten oder unter solchen standen, haben sie teils schwere Straftaten begangen. Haben vergewaltigt oder versucht zu töten. Weil sie nicht nur büßen, sondern auch geheilt werden sollen, sitzen sie nicht im Gefängnis, sondern in der Abteilung für Forensik am BKH ein. Hier arbeitet Stefanie Koel.
Die gut 20 Patienten auf ihrer Station sind zwischen 35 und 45 Jahre alt. Kaum einer hat einen Schulabschluss, geschweige denn einen Beruf erlernt. Fast alle sind sie wegen Drogen auf die schiefe Bahn geraten. Die meisten wegen Crystal, das bedingt die Nähe Bayreuths zur tschechischen Grenze. Andere wegen künstlich hergestelltem, hochdosierten Cannabis, kurz: Spice. Unter den Patienten ist keine einzige Frau.
Trotzdem spricht die 39-Jährige von einem Traumjob. Die Frage, warum manche Menschen straffällig werden und andere nicht, habe sie schon immer fasziniert, sagt Koel. Sie empfinde keine Angst, wenn sie den Straftätern meist alleine gegenüber sitze. Was im Ernstfall zu tun wäre, weiß Koel genau. Aus Deeskalationskursen zum Beispiel. Sie weiß außerdem, wie sie sich kleiden muss. Und dass es besser ist, in der Nähe der Tür zu sitzen und das Funkgerät mit dem Alarmknopf nicht aus den Augen zu lassen. Spurlos an ihr vorbei gehen die Biografien der Täter, vor allem die der Sexualstraftäter, trotzdem nicht.
Auch ich bin entsetzt, wozu Menschen fähig sind.
(Stefanie Koel, Kriminologin)
180 Patienten gibt es in der Forensik am BKH. Das Bayreuther Bezirkskrankenhaus ist eine von 14 sogenannten Maßregelvollzugsanstalten in Bayern. Wer aus Bayreuth und der Umgebung im Drogenrausch oder wegen psychischer Krankheiten eine Straftat begeht, der landet hier. Die meisten Patienten haben den Entzug schon hinter sich, bevor sich Koel um sie kümmert. Etwa zwei Jahre gibt der Gesetzgeber ihr und ihren Kollegen danach Zeit, die Sucht, die zur Straftat führte, zu therapieren. Sind dann noch Strafen zu verbüßen, werden die bei positiven Prognosen von Koel und ihren Kollegen zur Bewährung ausgesetzt. Das gilt selbst dann, wenn Koel und ihre Kollegen dem Patienten nicht helfen konnten.
Es gibt auch ein Recht darauf, in Sucht zu leben, wenn man das will.
(Stefanie Koel)
Wer wann entlassen wird, das entscheidet nicht Koel, sondern Gerichte – allerdings auf Basis unter anderem ihrer Gutachten. Es ist ein Spagat zwischen zwei wichtigen Aufgaben: dem Schutz der Allgemeinheit vor Straftätern auf der einen Seite und der Wiedereingliederung der Patienten in die Gesellschaft auf der anderen. Dafür bekommen die Patienten am BKH Handlungsmuster an die Hand, um im Krisenfall anders als zum Beispiel mit Gewalt reagieren zu können.
Je gelockerter der Vollzug zum Ende der Therapie werde, umso mehr kümmern sich Koel und ihre Kollegen darum, dass der Patient lernt, Bewerbungen zu schreiben. Dass er eine Wohnung findet und eine Arbeit. Und dass die ersten Aufeinandertreffen mit den Personen des gewohnten Umfelds möglichst konfliktfrei vonstatten gehen.
Ein Restrisiko bleibt aber immer.
(Stefanie Koel)
Und wer rückfällig werde, das entscheide zu einem gewissen Anteil auch der Zufall. Immerhin 80 Prozent der Patienten haben sich auch ein Jahr nach der Entlassung noch nicht wieder etwas zu Schulden kommen lassen. 70 Prozent sind immernoch drogenfrei. Diese Zahlen noch zu steigern hat sich Stefanie Koel zur Aufgabe gemacht.
Ich brenne für diese Tätigkeit.
(Stefanie Koel)
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