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Tradition

Stärk’ antrinken: Bayreuther Wirte bereiten sich vor

Viele Bayreuther gehen am Dreikönigstag zum Stärk’ antrinken. Das bt hat einen Wirt bei den Vorbereitungen besucht – und die Ursprünge der Tradition ergründet.

Oberfranken trinkt sich am “Öbersten”, dem Dreikönigstag am 6. Januar, traditionell die Stärk’ an. In der Bayreuther Becher Bräu bereiten sich Wirt und Gäste schon darauf vor.

Das bt wirft einen Blick auf Gegenwart und Geschichte des Brauchs.

Stärk’ antrinken in Bayreuth

Das Stärk’ antrinken findet zwar theoretisch am “Öbersten” statt, die Praxis ist aber komplizierter. “Eigentlich geht es heute schon los, weil manche reintrinken”, sagt Johannes “Johnny” Hacker, Wirt der Bayreuther Becher Bräu. Er rechnet aber damit, dass es sich diesmal am Vortag in Grenzen halten wird. Die Leute würden das Stärk’ antrinken vor allem dann vorziehen, wenn sie nach dem Dreikönigstag arbeiten müssen – was dieses Jahr bei den meisten nicht der Fall ist.

Johnny Hacker rechnet für morgen also mit Hochbetrieb. “Wir werden das ganze Haus öffnen, auch den Saal”, sagt er. Dann sei für rund 280 Gäste Platz. Zum Stärk’ antrinken werden diese Plätze erfahrungsgemäß annähernd ausgefüllt, so Hacker. “Es ist einer der besseren Tage des Jahres.” Eine Besonderheit ist, dass am 6. Januar deutlich mehr vom hauseigenen Bockbier getrunken wird. “Das haut kräftig rein”, sagt der Wirt. “Das ist kein Bier für Amateure.” Trotzdem hätten manche schon beachtlich viele davon bei ihm verzehrt, erinnert er sich. Lesen Sie auch: In der Fränkischen Schweiz findet am Dreikönigstag die letzte der großen Lichterprozessionen statt.

Zwölf Bockbier an einem Abend?

Für viele gilt beim Stärk’ antrinken: Jedes Bier steht für einen Monat des kommenden Jahres. Wer das ganze Jahr abdecken will, müsste demnach zwölf Stück trinken. “Es kommt schon vor, dass die Leute zwölf Bier trinken”, sagt Hacker. Selbst beim Bockbier hätten manche schon 13 oder 14 geschafft. Der Rekord liege bei einem Mann, der beim Stärk’ antrinken in der Becher Bräu einst über 20 Bier getrunken habe – allerdings normale Bier, und über den ganzen Tag verteilt. Viele Gäste bleiben laut Hacker nicht den ganzen Tag an einem Ort, sondern ziehen von Wirtshaus zu Wirtshaus. “Manche nehmen sich den ganzen Tag Zeit, um die zwölf Bier zu schaffen.”

Und, bleibt bei dem ganzen Trubel auch für den Wirt selbst Zeit, dass er sich Stärk’ antrinkt? “Wir haben fleißiges Personal”, sagt Johnny Hacker. “Da muss ich nicht bis zum Schluss bleiben.”

Macht das Bockbier wirklich stark?

In der Wirtsstube der Becher Bräu haben sich die Stammgäste heute schon auf den morgigen Feiertag vorbereitet. Die beiden Bayreuther Rainer Jost und Edgar Muth beginnen das Stärk’ antrinken aber nicht an ihrem Stammplatz in der Becher Bräu, sondern beim Bayreuther Männerverein. “Da gibt es Bockbier und Brotzeit für die Vereinsmitglieder”, sagt Rainer Jost. “Ich trinke aber höchstens drei Bockbier, mehr nicht.” Ein paar normale Bier kämen danach aber schon noch in Frage.

Ob das Bockbier wirklich Stärke verleiht? Edgar Muth hat seine Zweifel. “Je mehr man davon trinkt, desto weicher werden die Knie”, sagt er.

Die historische Wurzel der Tradition

Der oberfränkische Heimatforscher Adrian Roßner ist der Frage nachgegangen, woher das Stärk’ antrinken eigentlich kommt. “Wann genau es eingeführt worden ist, kann man nicht sagen”, so Roßner. “Aber es hängt zusammen mit den Raunächten.” Die dauern in Oberfranken von Heiligabend bis zum Dreikönigstag – obwohl dazwischen eigentlich dreizehn Nächte liegen, zähle man es als zwölf Nächte. “Das alte Jahr geht sechs Tage lang zu Ende, das neue Jahr fängt sechs Tage lang an”, sagt der Heimatforscher. Die Raunächte hätten drei höchste Nächte: Heiligabend, Silvester und zum Abschluss der Dreikönigstag – deshalb sei er der “Öberste”.

Am “Öbersten” endet die stade Zeit, das eigentliche Arbeitsjahr beginnt. Das galt besonders in Zeiten, als die Menschen in Oberfranken noch den Regeln der Raunächte folgten, da waren vom Wäsche waschen bis zum Holz machen die meisten Arbeiten verboten.

Das Stärk’ antrinken sei eng mit dem ländlichen Leben verbunden, so Roßner. “Das Stärk’ antrinken ist überall dort verbreitet, wo die Menschen einen direkten Bezug zur Natur haben.” Denn man habe nicht nur für sich selbst Stärke schöpfen wollen, sondern auch für die Natur, die man bewirtschaftet hat. Die Bauern auf dem Land waren im Vergleich zu Stadtbewohnern deutlich stärker von Kräften abhängig, die sie nicht kontrollieren konnten. “In Städten wie Nürnberg und Augsburg gab es das Brauchtum früher in dieser Form nicht.”

Im Laufe der Jahrhunderte hat sich das Brauchtum aber schon etwas verändert: “Früher hat man selbstgebrautes Starkbier genommen. Da gab es den Brauch, nur ein Bier symbolisch zu trinken”, sagt Roßner. “Erst später ging man dazu über, die Zahl Zwölf auf dieses Ritual zu übertragen. Wobei das manchmal an die körperlichen Grenzen führt.”