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Ausflugstipps: Auf Wagners Spuren in der Fränkischen Schweiz

Frühlingszeit ist Wanderzeit. Wer Zeit und Lust hat, kann sich in der Fränkischen Schweiz auf die Spur des Wagner-Clans begeben. Zwei Wanderungen des Komponisten und seiner Familie sind dokumentiert. Vieles, was die Wagners vor 140 Jahren besucht haben, ist heute nach ihnen benannt. Auf geht’s:

Stempfermühle zur Sachsenmühle geht zu Fuß in etwa 30 Minuten. Der Wanderweg führt völlig eben am Ufer der Wiesent entlang. Mit Glück kommt sonntags die Museumsbahn vorbei.

„Unter prompter Benützung günstiger Witterungsaussichten für den kommenden Tag” machte sich Richard Wagner mit seiner Familie am 9. Juni 1879 per Kutsche auf den Weg in die Fränkische Schweiz.

Cosima schreibt:

Himmel ganz bedeckt, wir vertrauen aber auf das Barometer, und unter den Klängen von »begibt mein Herr sich auf die Reise« machen wir uns in heiterster Laune auf, acht Mann hoch!

“Acht Mann hoch”, das waren Richard und Cosima, das Kindermädchen und die fünf Kinder Daniela, Blandine, Isolde, Eva und Siegfried. Über Creußen, Pegnitz und Pottenstein kamen sie nach Gößweinstein. Einer hartnäckigen Sage folgend, hat Richard Wagner die Gößweinsteiner Burg als Vorbild für seine Gralsburg im Parsifal genommen.

Die Burg Gößweinstein.

Wagners Sohn Siegfried bezweifelte Jahre später jedoch diese Vermutung. Er wisse zwar, dass „solch eine Überlieferung besteht”, aber „von seinem Vater darüber nichts mitgeteilt wurde”. Auch spreche dagegen, dass der Parsifal schon fertig war, als die Wagners die Reise unternahmen.

Von der Stempfermühle zur Sachsenmühle

In Gößweinstein nahmen sie ein “fröhliches Mahl” in einer kleinen Gastwirtschaft, ehe ein Spaziergang durch “den schönen Wald” folgte. Durch den Eibenwald ging es zur Stempfermühle und weiter zur Sachsenmühle, wo die Privat-Kutsche nach Muggendorf wartete.

Stempfermühle

Stempfermühle

Am Ziel angelangt, nahm die Familie Quartier im Gasthof „Kohlmannsgarten”. Daran erinnert heute die Richard-Wagner-Linde im Biergarten.

Den Gasthof Kohlmannsgarten gibt es immer noch. So kommt man hin: Von Sachsenmühle sind es nur vier Kilometer bis nach Muggendorf. Im Biergarten steht dort die sensationelle 300 Jahre alte Richard-Wagner-Linde, die den gesamten Biergarten überdeckt.

Den Gasthof Kohlmannsgarten gibt es immer noch. So kommt man hin: Von Sachsenmühle sind es nur vier Kilometer bis nach Muggendorf. Im Biergarten steht dort die sensationelle 300 Jahre alte Richard-Wagner-Linde, die den gesamten Biergarten überdeckt.

Der Meister verbrachte hier “eine sehr gute Nacht”. „Trotz ungenügender Betten und Kopfkissen”, wie Cosima in ihrem Tagebuch vermerkt.

Ein einziger baum überdeckt den gesamten Biergarten: Die Wagner-Linde des Gasthof Kohlmanngarten.

Doch vorher unternahmen Richard und Cosima einen Spaziergang an der Wiesent. Dort trafen sie einen „armen Krüppel, zum Unglück auch noch einäugig”, der mit seinem Handwerkszeug auf dem Rücken nach Streitberg lief. Wagner beschenkte den Armen „mit einem reichlichen Almosen und dem Segenswunsche, dass jener jemanden findet, der ihm weiter hilft”.

Streitberg von oben.

Zurück am “Kohlmannsgarten” stehen das Kindermädchen und die fünf Kinder am Balkon. Cosima notiert:

Große Heiterkeit, wie die sechs Köpfe hinter einander aus den Fenstern gucken und uns beide auf dem Mittelbalkon begrüßen.

Erfreut registrierte Wagner am nächsten Tag, dass sein Wunsch scheinbar in Erfüllung ging. Er sah den Krüppel auf dem Wagen eines Bauern sitzend, „der ihn weiter beförderte”. Die siebenstündige Rückfahrt führte nach Streitberg, über den mittelalterlichen Geleitweg nach Hollfeld und zurück nach Bayreuth.

Weitere Aufzeichnungen über Wagners Ausflüge

Wagner liebte die Natur. Nicht nur im Juni 1879, sondern schon im August 1873, also schon vor seinem Einzug in der Villa Wahnfried, reiste er mit der ganzen Familie in die Fränkische Schweiz.

In Tüchersfeld bewunderte er die “hier in unvergleichlicher Kühnheit aufstrebenden Felsenpartien”.

Über die Rosenmüllerhöhle notiert Cosima: Hübscher Morgen; Besuch der Rosenmüllers-Höhle, großer Eindruck, Gedanken an Nibelheim, Wotan und Loge’s Hinabsteigen zu Alberich.

Zu Doos heißt es: In Doos ausgestiegen, uns inmitten von Blumen, von Schmetterlingen umschwebt, gelagert – ein Paradies!

Die

Die “Riesenburg”, eine Höhle bei Doos.

Und über Waischenfeld wird notiert: In Waischenfeld gespeist, abends um 9 Uhr zu Hause, Fidi immer munter. Zwischen Muggendorf und Doos hatte sich eine freundliche Gesellschaft aufgestellt (aus Nürnberg), schwenkte mit den Hüten, und eine Dame warf Blumen zu.

Der König-Ludwig-Felsen bei Doos mit Inschrift aus dem Jahr 1830.

Der König-Ludwig-Felsen bei Doos mit Inschrift aus dem Jahr 1830.

In Erinnerung an die Besuche Richard Wagners gibt es in der Fränkischen Schweiz noch heute einige Orte, die nach ihm benannt sind.

  • Die “Richard-Wagner-Linde” in Muggendorf.

  • Der “Wagnerfelsen” mit Blick über Waischenfeld auf die gegenüberliegende Burg.

Blick vom Wagnerfelsen auf Waischenfeld.

  • Am Richard-Wagner-Fels bei Obertrubach (gegenüber der Reichelsmühle), der mit einiger Fantasie den Kopf des Meisters zeigt, wird heute fleißig geklettert.
Ein Fels wie das Profil von Richard Wagner: Richard-Wagner-Felsen im Ailsbachtal.

Ein Fels wie das Profil des Komponisten: Richard-Wagner-Felsen im Ailsbachtal.

  • Die vom Heimatverein gepflegte „Wagnershöhe in Gößweinstein. Sie bietet einen guten Blick auf die Basilika und den Ort.

Einen guten Blick auf die Basilika in Gößweinstein hat man von der Wagnershöhe. Wie man hinkommt? Direkt von der Basilika sieht man das

Einen guten Blick auf die Basilika in Gößweinstein hat man von der Wagnershöhe. Wie man hinkommt? Direkt von der Basilika sieht man das “Haus des Gastes”, dahinter geht es einen Fußweg hoch. Keine drei Minuten später erreicht man den Richard-Wagner-Pavillon mit einer fantastischen Aussicht auf Burg Gößweinstein, die Basilika und die Wälder der Fränkischen Schweiz.

So beschreibt es Cosima in ihrem Tagebuch am 9. Juni 1879:

Montag 9ten Himmel ganz bedeckt, wir vertrauen aber auf das Barometer, und unter den Klängen von »begibt mein Herr sich auf die Reise« machen wir uns in heiterster Laune auf, acht Mann hoch!

In Pegnitz treffen wir unter Regen unseren Wagen an, in Pottenstein schon erhellt sich das Wetter, und in Gößweinstein in der kleinen Wirtschaft nehmen wir ein fröhliches Mahl ein, gehen durch die Anlagen zur Stämpfermühle, sitzen in der hübschen Laubhütte, auf unseren Wagen wartend, eine Weile und begeben uns dann nach Muggendorf, wo ein herrlicher Abend unserem Einzug leuchtet.

Große Heiterkeit, wie die sechs Köpfe hinter einander aus den Fenstern gucken und uns beide auf dem Mittelbalkon begrüßen. Spaziergang am Ufer der Wisent; Begegnung eines armen Krüppels, durch Unglück noch einäugig! R. redet ihn an, und wir erfahren, daß er nach Streitberg geht, um Schuhe zu flicken, sein Werkzeug trägt er auf dem Rücken. R. gibt ein Almosen und wünscht ihm andere zu finden, welche ihm auch helfen. Unmöglichkeit zu genießen und solch einen Anblick zu erleben, ohne etwas zu helfen.

Schon auf dem Wege von Pegnitz nach Pottenstein war uns ein junger Mann mit wehem bloßem Fuß, nicht bettelnd, begegnet; R. hatte ihn an unseren Wagen gerufen, ihm etwas gegeben, und der beste, dankende, heitere Blick hatte uns belohnt. Dem Krüppel, der wie aus einem Märchen uns anblickt, sagt R.: »Sucht, daß Ihr wiederum einem begegnet, der Euch weiterhilft.«

Heimgekehrt lesen wir abends bei offener Söller-Türe Mirabeau’s Tod in Carlyle.

Heitres zu Bett Gehen.


Text und Fotos: Stephan Müller

Stephan Müller (54) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.

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