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Bayreuth

Update: Studenten äußern sich zu abgewiesener “Nazi”-Petition

Die Debatte um die Nazi-Vorwürfe gegen zwei Bayreuther Burschenschaften geht weiter. Jetzt meldeten sich die Initiatoren zu Wort.

Update vom 12. Dezember um 13:30 Uhr:

Nachdem das bt am gestrigen Montag, dem 11. Dezember über die Sperrung der Online-Petition der Students for Future Bayreuth berichtet hatte, hat sich die Gruppe nun selbst zu den Vorfällen geäußert.

Simon Fuhrmann vom Bundesverband der Students for Future erklärte den genauen Ablauf der Veröffentlichung ihrer Petition, die auch als “Offener Brief” in Umlauf gebracht wurde.

Abmahnung verhinderte weiteres Vorgehen

Der offene Brief der Studenten erreichte die Redaktion am 30. November. In der gleichen Woche wurde die Petition auf “openpetition.de” online gestellt. “Wir haben vorher natürlich mit ‘openpetition.de’ Rücksprache gehalten”, so Simon Fuhrmann.

Am Freitag, dem 1. Dezember, folgte dann schnell Ernüchterung. Laut Fuhrmann flatterte den Studenten eine Abmahnung von der Turnerschaft Munichia ins Haus. Auch “openpetition.de” erhielt diese.

Dadurch war erstmal Schluss, man habe sich juristisch absichern müssen, so Simon Fuhrmann. In der Abmahnung wurden fehlende Quellen für die angestellten Behauptungen angeführt.

Kritik von Mitunterstützern

Möglicherweise haben die Students for Future etwas vorschnell gehandelt. Wie das bt erfuhr, gab es im Vorfeld Uneinigkeit über die Formulierung des offenen Briefs. Zu den insgesamt 21 Unterstützern des Anliegens zählt auch die Fachschaft für Sprach- und Literaturwissenschaften an der Uni Bayreuth – diese hatte Bedenken geäußert.

Eine Sprecherin erklärte gegenüber dem bt, dass man sich von der Verwendung des Begriffs “Nazi” von vornherein distanziert habe. Ein entsprechender Hinweis an die Students for Future wurde weitestgehend ignoriert.

“Die Fachschaft steht hinter dem Inhalt des Briefs und distanziert sich von jeglichem extremistischen Gedankengut an der Uni”, so eine Sprecherin. Mit der Verwendung des Begriffs “Nazi” gehe man aber nicht konform. Die Fachschaft hat daher auch ihre Unterschrift offiziell zurückgezogen.

Neue Fassung des Briefs in Arbeit

Die Students for Future geben sich trotz des Rückschlags aber nicht geschlagen. Simon Fuhrmann kündigte an, dass eine Neufassung des Briefes aktuell in Arbeit sei. “Wir bleiben bei unseren Vorwürfen”, so die klare Position der Studenten.

Die Burschenschaft Thessalia zu Prag und die Turnerschaft Munichia “propagieren rechtes Gedankengut und grenzen sich nicht klar genug von rechtsextremen Werten ab”, erklärte Fuhrmann gegenüber dem bt.

Die neue Brieffassung werde “fast alle Aussagen genau so wieder tätigen”, diesmal wolle man aber alles mit Quellen belegen – um sich so auch gegen die Kritik an der Petition zu wehren. Für den morgigen Mittwoch, den 13. Dezember, kündigte Fuhrmann eine Pressemitteilung an.

Ursprüngliche Meldung vom 11. Dezember um 14:30 Uhr:

Der Grund für die Sperrung: Die Vorwürfe der Studenten gegen die Burschenschaften waren laut dem Betreiber-Portal “openpetition.de” nicht belegt.

Bayreuther Studenten erheben schwere Vorwürfe

Die Vereinigung “Students for Future Bayreuth” wandte sich am 30. November 2023 mit einem offenen Brief an die Medien sowie die Hochschulleitung der Uni Bayreuth. Darin erhoben die Studenten schwere Vorwürfe gegen die Burschenschaft “Thessalia zu Prag” sowie die Turnerschaft “Munichia”.

Die Studenten haben die Mitglieder der beiden Vereinigungen unter anderem als “Nazis” beschimpft. Sie warfen ihnen ausgrenzendes und frauenfeindliches Verhalten vor. Zum weltoffenen Leitbild der Uni Bayreuth würden solche Werte nicht passen, so die “Students for Future”. Deshalb forderten sie in ihrem offenen Brief, beide Vereinigungen von künftigen Uni-Veranstaltungen auszuschließen.

Gleichzeitig stellten sie den Brief als Petition bei “openpetition.de” ein, einer Plattform, auf der jeder digitale Unterschriften sammeln kann – solange die Aktion im Rahmen der AGBs bleibt. Das wurde den “Students for Future” schnell zum Verhängnis, sodass die Petition gesperrt wurde. Jetzt können sogar rechtliche Konsequenzen drohen. Lesen Sie auch: Der Ball der Stadt wird nächstes Jahr wohl in privater Hand sein – hier gibt es alle Infos.

Keine Nachweise für Behauptungen eingereicht

Bereits einen Tag nach der Veröffentlichung wurde die Petition am Freitag, dem 1. Dezember, seitens “openpetition.de” gesperrt. Das bedeutet, dass keine weiteren Unterschriften gesammelt werden können. Das Portal begründet die Entscheidung mit den eigenen AGBs.

“Grundsätzlich hat es immer einen Grund, wenn wir etwas sperren”, gab ein Sprecher der Plattform gegenüber dem bt zu Protokoll. “Wir wurden von einer der betroffenen Burschenschaften kontaktiert und haben das Ganze dann angeschaut”, so die weitere Erklärung des Vorgehens.

Da es sich im Brief der “Students for Future” um Tatsachenbehauptungen handelt, müssen diese mit verlässlichen Quellen oder Beweisen gestützt werden. “openpetition.de” setzte daher eine Frist für das Nachreichen der Quellen – die Studenten reagierten aber nicht innerhalb dieser Frist.

Rechtliche Folgen möglich

Somit wird die Sperrung auch nicht aufgehoben, wie ein Sprecher von “openpetition.de” zu verstehen gab. Mittlerweile hätten die “Students for Future” sogar den Wunsch hinterlegt, die Petition ganz zu löschen. “So etwas machen wir aber nicht”, sagt er.

Nach der Sperrung der Petition, die von 21 Bayreuther Initiativen und Vereinen unterschrieben wurde, stoppte auch die Verbreitung dieser auf Social Media. Laut “openpetition.de” enthielt die Petition “falsche Tatsachenbehauptungen, fehlende Quellenangaben und irreführende Unterschlagung von relevanten Tatsachen”.

Gemessen daran ist es gut möglich, dass die Veröffentlichung des Briefs und der Petition im Internet rechtliche Konsequenzen für die Unterzeichner nach sich ziehen könnte.

Rechtsextreme Gesinnung unterstellt

Die betroffene Turnerschaft Munichia gab auf bt-Nachfrage ebenfalls zu verstehen, dass sie die Petition aufgrund von “unwahren Tatsachenbehauptungen” stark kritisiert.

Dass seitens “openpetition.de” so schnell gehandelt wurde, sehe man indes positiv, ebenso, dass die Verbreitung der Petition anschließend gänzlich eingestellt wurde. Weiter zitiert man aus der Begründung der Online-Plattform, dass “ohne ausreichende Nachweise und Belege eine rechtsextreme und chauvinistische Gesinnung unterstellt” wurde.

Auch eine Nähe der Munichia-Fahne zur Reichsflagge wurde abgewiesen. Ebenso der Vorwurf, die Turnerschaft könne eine Gefahr für andere Studenten darstellen.

Mensaabend der Uni Bayreuth war Stein des Anstoßes

Das Thema war ursprünglich anlässlich des Mensaabends an der Uni Bayreuth aufgekommen. Dort stellen sich in jedem Wintersemester die studentischen Vereine und Initiativen vor. Auch die Burschenschaft Thessalia und die Turnerschaft Munichia waren vor Ort.

Für die “Students for Future” und weitere Initiativen an der Uni scheinbar ein Grund, die Stimme zu erheben. Mit dem Bild einer “weltoffenen, diversen und demokratischen” Universität wären die Werte der Vereinigungen nicht vereinbar, so die “Students for Future”.

In ihrem offenen Brief wurden Verbindungen zur “Deutschen Burschenschaft”, einem Dachverband, kritisiert.  Mehrere Mitglieder der “DB” wurden auf Länderebene vom Verfassungsschutz beobachtet. Der Neonazi Mario B., der in den NSU-Prozess verwickelt war, wohnte außerdem mehrere Jahre im Haus der “Thessalia zu Prag”. Auch würden sämtliche “Nicht-Deutsche” aus den Gruppierungen ausgeschlossen werden, so die Studenten.

Gruppen künftig von “allen Veranstaltungen ausschließen”

Die Studenten forderten daher eine Distanzierung seitens der Hochschulleitung. Ebenso sollte die Universität beide Gruppen künftig rechtssicher von “allen zukünftigen Veranstaltungen ausschließen”, so die Forderung.

Die “Students for Future” äußerten sich auf bt-Anfrage trotz einer ausreichenden Antwortfrist noch nicht zur Sperrung der eigenen Petition (Stand: 11. Dezember, 14 Uhr).