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Coronavirus

Brauereien in der Corona-Krise: “Welle von Insolvenzen” droht – offener Brief an die Regierung

300 Brauereien aus ganz Deutschland haben einen offenen Brief unterzeichnet. Dort stellen sie Forderungen an die Politik im Zuge der Corona-Krise. 

In einem offenen Brief haben deutsche Brauereien auf die “immer dramatischere wirtschaftliche und finanzielle Lage” der Branche aufmerksam gemacht. Unterstützt wird die Initiative vom Verein Bierland Oberfranken e.V. Vor Kurzem wütete ein oberfränkischer Braumeister auf Facebook gegen die Corona-Politik der Regierung. 

Brauereien in der Corona-Krise: Offener Brief

“Vier Monate lang waren alle Gaststätten, Restaurants, Kneipen und Bars bereits im vergangenen Jahr geschlossen. Ein Ende des nunmehr seit Anfang November 2020 bestehenden erneuten Lockdowns ist nicht in Sicht”, heißt es im offenen Brief. Festveranstaltungen seien seit März 2020 sogar durchgehend verboten.

Durch die Lockdowns und den damit einhergehenden “Zusammenbruch des Fassbiermarktes” hätten die Brauereien vom einen Tag auf den anderen einen maßgeblichen Teil ihres finanziellen Fundaments verloren. Je stärker ein Betrieb mit dem Gastronomie- und Veranstaltungsgeschäft verbunden ist, desto gravierender sei der Umsatzeinbruch.

“Ware im Wert von vielen Millionen Euro, deren Haltbarkeitsdatum überschritten wurde, musste bereits vernichtet werden.”

(Offener Brief deutscher Brauereien)

Brauereien stehen “völlig unverschuldet vor dem Aus”

Die Brauereien schreiben weiter, dass sie die großen Anstrengungen von Bund und Ländern anerkennen, die versuchen, die wirtschaftlichen Schäden der Pandemie klein zu halten. Bis auf wenige Ausnahmen würden die deutschen Brauereien hierbei aber leer ausgehen. Bund und Länder müssten nun gezielt, entschieden und schnell mit finanzieller Unterstützung gegensteuern, sonst drohe vielen Brauereien die Insolvenz. Dabei stehen auch Arbeitsplätze auf dem Spiel.

“Wir sprechen dabei weit überwiegend von mittelständischen und handwerklichen Betrieben, die sich oftmals seit Generationen im Familienbesitz befinden, von Brauereien, die Weltkriege, Wirtschafts- und Währungskrisen überdauert haben – und nun völlig unverschuldet vor dem Aus stehen.”

(Offener Brief deutscher Brauereien zur Corona-Krise)

Um dieses Szenario abzuwenden, fordern die Brauer gezielte Maßnahmen.

  • Die Fixkostenerstattung müsse auf verderbliche Ware ausgeweitet werden. Der Einzelhandel erhalte diese Erstattung bereits.
  • Brauereigaststätten sollen als Gastronomiebetriebe anerkannt werden. Derzeit können sogenannte “Mischbetriebe” nur dann Hilfen beantragen, wenn sie hinsichtlich ihres Umsatzes gegenüber 2019 insgesamt zu mindestens 80 Prozent direkt, indirekt oder über dritte betroffen seien. Folglich seien nur wenige Brauereien bezüglich der November- und Dezemberhilfe anspruchsberechtigt. Dies sei eine “eklatante Ungleichbehandlung” gegenüber Bäckereien mit angeschlossenem Café oder Metzgereien mit angeschlossenem Imbiss.
  • Die Biersteuermengenstaffel müsse wieder eingeführt werden. Die dadurch ermäßigten Steuersätze wären eine wichtige finanzielle Hilfestellung für die mittelständischen Brauereien.
  • Zusätzliche steuerliche Belastungen sollten vermieden werden. Demnach fordern die Brauer, dass sich die Besteuerung der eher alkoholarmen Biermischgetränke auch künftig an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs orientiere, wonach nur diejenigen Zutaten bei der Besteuerung zu berücksichtigen sind, die vor der Gärung zugegeben wurden.
  • Die Brauwirtschaft schließt sich der Forderung der Wirtschaftsministerkonferenz an, Möglichkeiten für alle Betriebe zu schaffen, KfW-Schnellkredite unbürokratisch abzulösen.
  • Zuletzt fordern die Brauer eine transparente und verlässliche Öffnungsstrategie. Nach einer DEHOGA-Umfrage würden bereits mehr als 75 Prozent der Gaststätten und Hotels um ihre Existenz bangen, jeder vierte Unternehmer erwäge eine Betriebsaufgabe.

Brauereien und Brauereigaststätten in Not: Diese Betriebe brauchen dringend Hilfe

“Eindringlich bitten wir Sie: Verlieren Sie uns, die Lieferanten, die für das Gastgewerbe produzieren und massiv unter den Folgen der Lockdowns zu leiden haben, nicht aus dem Blick. Von Woche zu Woche geraten immer mehr Brauereien, Brauereigaststätten und Fachgroßhändler unverschuldet in existenzielle Not und sind von Insolvenz bedroht. Diese Betriebe brauchen dringend Hilfe und – wie die gesamte Branche – eine Zukunftsperspektive.”

(Offener Brief deutscher Brauereien)

Das Schreiben wurde bundesweit von 300 Brauereien unterzeichnet, die etwa 95 Prozent der gesamten Bierproduktion in Deutschland vertreten. Darunter befinden sich unter anderem Jeff Maisel (Bayreuth), Stephan Wolfring (Pegnitz), Roland Kalb (Bamberg), Wolfgang Nickl (Warmensteinach), Markus Stodden (Kulmbach) und viele weitere Brauer.

Bayreuther Tagblatt - Frederik Eichstädt

 bt-Redakteur Online/Multimedia
Frederik Eichstädt