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Coronavirus

Die Notbremse ist ein Witz: willkürlich, zu spät und alles andere als einheitlich – ein Kommentar

Die Bundes-Notbremse ist da. Doch einheitliche Regeln fehlen weiterhin. Das neue Gesetz ist ein Witz, meint der bt-Redakteur in seinem Kommentar.

Nun ist sie da – die „bundesweit einheitliche Notbremse“. Immerhin stimmt das bundesweit – denn das Gesetz gilt in ganz Deutschland. Doch was noch gebremst werden soll und was daran einheitlich ist, ist bereits vor dem Inkrafttreten gescheitert.

Die Idee hinter der Notbremse mag richtig sein: Nach einem Jahr Pandemie einheitliche Regeln für ganz Deutschland zu schaffen. Doch dieses Vorhaben ist bereits gescheitert.

Einheitliche Corona-Regeln geplant – ohne Erfolg

Noch bevor die Notbremse beschlossen wurde, gab Bayern bekannt, weiterhin härtere Maßnahmen gelten zu lassen. Übrigens ist das auch in anderen Bundesländern der Fall – von einer Einheit fehlt also weiterhin jede Spur.

Dürfen in einigen Teilen Deutschlands die Schüler noch bis zu einer Inzidenz von 165 auf Wechselunterricht hoffen, soll Bayern weiter an der Grenze von 100 festhalten.

Dabei wird von den Bayerischen Politikern der „gewürfelte“ Inzidenz-Wert von 165 infrage gestellt. Tatsächlich: Wie die Regierung plötzlich auf diese Inzidenz gekommen ist, bleibt unklar.

Kein Handeln trotz Warnungen

Ebenso unklar und nicht verständlich: Warum kommt diese Notbremse erst jetzt? Schon vor Ostern beklagten Politiker die schwierige Corona-Lage in Deutschland. Ärzte und RKI alarmierten – gehandelt wurde offensichtlich nicht.

Im Gegenteil: Es wird gewartet, ohne zu handeln. Eine Konferenz zwischen Bund und Länder wurde kurzfristig abgesagt – und nicht nachgeholt.

Und das Handeln mit dieser Notbremse bleibt fragwürdig. Umstritten war bei den Politikern der Opposition die Ausgangssperre. Wieso keiner dieser Politiker dabei auf Bayern geschaut hat, bleibt ebenso fragwürdig wie die Einschätzung mancher Gesundheitspolitiker – nächtliche Ausgangssperren seien wirkungsvoll.

Falls es in Berlin keiner mitgekriegt hat: In Bayern gibt es schon monatelang eine Ausgangssperre. Geholfen hat sie offensichtlich wenig, da Inzidenzen selbst mit Ausgangssperre weiter steigen. Das wurde auch von mehreren Wissenschaftlern weltweit so gesehen.

Und auch hier kocht Bayern sein eigenes Süppchen: Während man im erst Deutschlands zumindest alleine bis 24 joggen oder spazieren gehen darf – in Bayern ist das nicht der Fall. Ab 22 Uhr sind die Schotten dicht.

Infektionsgefahr auf der Arbeit? Ist doch egal!

Doch die bitterste Nachricht dieser Notbremse: Es werden weiter ausschließlich private Kontakte beschränkt, Freizeitangebote gestrichen – das Leben zu einem überleben gemacht.

Auf der Arbeit gibt es bereits seit einem Jahr keinerlei harte Einschränkungen. Es gibt noch immer keine Testpflicht in Unternehmen – im Gegensatz zu Schulen! Die sogenannte Pflicht, bei der Unternehmer ein Angebot zu einem Test machen müssen, ist mehr als lächerlich.

Und auch sonst trifft keine Einschränkung die Arbeit. Lockdown heißt es hier – aber bitte nicht auf der Arbeit. Obwohl doch längst sogar vom RKI festgestellt wurde, dass der Arbeitsplatz eine der höchsten Ansteckungsgefahren bietet. Wenn Kontakte reduziert werden müssen, muss auch die Arbeitswelt mit eingeschlossen werden.

Was bleibt von der Bundes-Notbremse?

Was bleibt also von einer Bundes-Notbremse, deren Entscheidung mehrere Wochen gedauert hat, sämtliche Bedenken ignoriert und eine Einheitlichkeit verkündet? Kurz und knapp: Nichts.

Die Regeln sind weiter nicht einheitlich, neu ist daran auch nichts und einige Werte wirken willkürlicher als vorher. In der Schule würde man sagen: Setzen sechs. Auf der Arbeit hieße es: Sie waren stets bemüht. In der Politik müsste es heißen: Sie genießt unser vollstes Vertrauen.

Was bleibt, ist eine Idee, die irgendwie mit irgendwelchen Regeln durchgebracht werden musste. Von bundeseinheitlichen Regeln fehlt weiterhin jede Spur.

Bayreuther Tagblatt - Christoph Wiedemann

 bt-Redakteur Online/Multimedia
Christoph Wiedemann