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Interview

Kevin Kühnert kommt nach Bayreuth: “Das wird eine Premiere für mich”

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert kommt nach Bayreuth. Das bt hat mit ihm vorab über den Stand der SPD in Bayern gesprochen.

Im Interview mit dem bt spricht Kevin Kühnert darüber, wie er die Wähler in Bayreuth und Bayern von seiner Partei überzeugen will.

Kevin Kühnert kommt nach Bayreuth

Die Bayern wählen am 8. Oktober 2023 ihren neuen Landtag. Die SPD Bayreuth startet den Wahlkampf mit einem Sommerfest – und einem prominenten Gast. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert besucht das Sommerfest, das am heutigen Donnerstag, den 24. August 2023, ab 19 Uhr im Biergarten der Lamperie stattfindet.

Er will damit den Bayreuther Direktkandidaten Halil Tasdelen unterstützen. Das bt hat vorab mit Kühnert gesprochen: Welche Chancen rechnet er sich überhaupt für die SPD in Bayern aus?

Macht sich die SPD in Bayern noch Hoffnungen?

Bt: Die Landtagswahlen in Bayern stehen bevor. Macht sich die SPD im Freistaat überhaupt noch Hoffnungen?
Kevin Kühnert: Aber selbstverständlich! Klar, es ist nicht die leichteste Ausgangslage. Aber der Platzhirsch – die CSU – schwächelt ja erkennbar. Eine Alleinregierung ist für sie nicht erreichbar. Es gibt also eine echte Chance für einen politischen Farbenwechsel.

Bt: Die SPD hat 9,7 Prozent der Stimmen bei der Landtagswahl 2018 erhalten. In der letzten Forsa-Umfrage zu den anstehenden Wahlen liegt Ihre Partei bei 9 Prozent. Wieso gelingt keine Steigerung?
Andere Umfragen zeigen höhere Zahlen, aber unabhängig davon ist klar: Wir wollen stärker werden! Die Bundes-SPD weiß besser als viele andere, dass das gelingen kann, je näher eine Wahl rückt. Viele werden sich erst noch mit den Programmen beschäftigen. Uns geht es jetzt darum, die Alltagsthemen nach vorne zu stellen, die angepackt werden müssen. Die SPD ist in Bayern stark verankert. Über 200 Kommunen im Freistaat werden von der SPD regiert. Zuletzt galt, dass uns Millionen Wähler dort zwar bei Kommunalwahlen, aber noch nicht bei Landtagswahlen gewählt haben.

Wie will die bayerische SPD Wähler gewinnen?

Bt: Was machen Sie, um das diesmal zu ändern?
Wir setzen mit Florian von Brunn auf Inhalte, die nah am Alltag sind. Wir führen keinen Wahlkampf über Winnetou und andere Ablenkungsmanöver. Wir thematisieren die Zukunft des Industriestandortes Bayern. Dafür braucht es einen echten Turbo beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und Leitungen. Wir thematisieren, dass die landeseigene Bayernheim endlich die bezahlbaren Wohnungen bauen muss, die Söder versprochen und dann vergessen hat. Außerdem ist der Freistaat eines der wenigen Bundesländer, das für öffentliche Vergaben keine Tarifbindung voraussetzt – das werden wir zum Schutz der Beschäftigten ändern!

Kommunen durch Flüchtlinge überlastet

Bt: Was viele bayerische Kommunen und Bürger gerade beschäftigt ist die Überlastung durch Flüchtlinge. Was schlägt die bayerische SPD für Lösungen vor?
Das kann kein Bundesland und keine Kommune alleine lösen. Ich warne bei diesem Thema vor vermeintlich einfachen Lösungen. Ein „Asyl-Stopp“, wie ihn Herr Spahn jetzt vorschlägt, wäre nichts anderes als ein Grundgesetz-Stopp. Das wäre Rechtsbruch mit Ansage und ignoriert die wahren Ursachen. Was die Ampel konkret in Berlin macht: Wir schließen Migrationsabkommen mit den Herkunftsländern derjenigen, die unser Land verlassen müssen, damit Ausreisen endlich gelingen und im Gegenzug Arbeitskräfte kommen. Das ist mühsam, aber es lohnt sich. CDU und CSU haben hier jahrelang gepennt.

Schadet Ihre Person dem Wahlkampf?

Bt: Sie haben einst über die Möglichkeit nachgedacht, privaten Wohnraum zu begrenzen und Unternehmen zu kollektivieren. Schrecken Sie damit nicht einen großen Teil der Gesellschaft ab?
Ich habe noch nie eine Enteignung von Wohnraum gefordert. Ich bin für einen starken gemeinwohlorientierten Wohnungsmarkt. Und der Blick in jede Kommune zeigt, wie notwendig das ist. Der freie Markt kann die notwendigen günstigen Wohnungen kaum bereitstellen. Einfach, weil das Bauen so teuer ist. Kommunale Wohnungsgesellschaften oder Genossenschaften können bezahlbaren Wohnraum schaffen, wenn die Politik sie dabei unterstützt. Abschreckend für Mieter im Land ist daher ein Wohnungsprivatisierer wie Markus Söder und nicht ein SPD-Politiker, der sich für mehr Gemeinwohl einsetzt.

Bt: Die Bayreuther SPD wirbt damit, dass Sie zum Sommerfest kommen. Für manche Kritiker sind Sie ein junger Berufspolitiker, der nie etwas Richtiges gearbeitet hat. Könnte es sein, dass Sie damit sogar dem Wahlkampf schaden?
Ich bin ein Abgeordneter, der in seinem Wahlkreis bei der Bundestagswahl direkt gewählt wurde. Knapp 50.000 Wähler fanden wohl, dass ich die richtigen Ziele verfolge und glaubwürdig bin. Ein Wählerschreck sieht anders aus, finde ich.

Welche Probleme hat Bayreuth?

Bt: Ihr bayerischer Wahlkampf geht schon eine ganze Weile. Wie ist die Stimmung im Bundesland?
Wie überall in Deutschland merkt man: Es sind für uns alle sehr belastende Zeiten. Viele wünschen sich eine Verschnaufpause ohne Krisen. Wir können solche Zeiten aber leider nicht herbeizaubern. Die konkreten Probleme sind von Ort zu Ort unterschiedlich. Deshalb ist es mir so wichtig, so viel wie möglich selbst zu erfahren: Von den Sorgen über die Zukunft des Industriestandortes im Chemiedreieck bis hin zur Wut einiger Kommunen, die gerne die Erneuerbaren Energien in Bürgerhand gegen den Willen der Staatsregierung vorantreiben wollen.

Bt: Haben Sie sich denn schon damit beschäftigt, welche Probleme es in Bayreuth gibt?
Ich habe im Vorfeld bereits mitbekommen, dass es eine Diskussion über das Klinikum gibt. Das passt zur Krankenhausreform, die wir vorantreiben. Mit dieser wollen wir endlich dafür sorgen, dass die Kliniken ihre Vorhaltekosten erstattet bekommen, damit Städte und Landkreise nicht immer größere Zuschüsse leisten müssen. Es geht um flächendeckende Versorgung bei guter Qualität.

Bt: Immer wieder wird eine mögliche Privatisierung des Klinikums vorgeschlagen. Was halten Sie davon?
Als Sozialdemokrat bin ich ohnehin kein Freund von Privatisierungen in der Daseinsvorsorge. Und unsere Reform soll ja genau das Problem angehen, mit dem nun Privatisierungsideen begründet werden.

Was Kühnert mit Bayreuth verbindet

Bt: Nun kommen Sie ja nicht nur der Probleme wegen nach Bayreuth, sondern besuchen ein Sommerfest. Auf was freuen Sie sich besonders?
Ich habe schon gehört, dass ich ein Fass anstechen darf. Das wird eine Premiere für mich, denn als Berliner hat man nicht so oft die Gelegenheit. Und da schließt sich auch der Kreis. In Berlin ist Bayreuther Hell schließlich eines der beliebtesten Biere – das gibt es in jedem gut sortierten Spätkauf.