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Bayreuth

Klage abgewiesen: “Klimaentscheid Bayreuth” scheitert vor Gericht

Die Klage des “Klimaentscheid Bayreuth” gegen die Stadt Bayreuth wurde heute vom Verwaltungsgericht abgewiesen. 

Update vom Donnerstag, 14. Dezember 2023, um 19:45 Uhr:

Das Verwaltungsgericht Bayreuth hat die Klage des “Klimaentscheid Bayreuth” bezüglich ihres abgelehnten Bürgerbegehrens abgewiesen.

Die Stadt Bayreuth ist somit im Recht gewesen, das Begehren abzulehnen. Grund für die Ablehnung war eine unklare Formulierung, die zugrunde hatte, dass die Bürger im Falle einer Abstimmung nicht ohne Kontext verstehen könnten, was genau gefordert wird und was sich daraus ergeben würde.

Die Verhandlung am Bayreuther Verwaltungsgericht begann mit einer etwa halbstündigen Verspätung gegen 14:30 Uhr. Grund waren die längeren Einlasskontrollen aufgrund des hohen öffentlichen Interesses.

Gericht entscheidet nicht über den Inhalt

Der “Sitzungssaal 1” war daher auch nahezu voll ausgelastet, rund 40 Interessierte und Medienvertreter hatten sich für die Verhandlung eingefunden. Vorsitzender Richter Philipp Hetzel stellte zunächst klar, dass es in der Verhandlung nur darum ginge, ob das konkrete Anliegen vom Stadtrat angenommen werden müsse.

Nicht im Entscheidungsbereich des Gerichts sei es unterdessen, ob die Stadt Bayreuth klimaneutral werden wolle, die Maßnahmen dafür ausreichend wären und ob man generell über solche Maßnahmen entscheiden könne.

Die wesentliche Frage, die sich in er Verhandlung stellte, war, ob die Formulierungen des Klimaentscheids Bayreuth auf ihrem Antrag “bestimmt genug” waren, oder ob der Inhalt nicht konkret und verständlich genug sei. Letzteres hatte der Stadtrat am 29. Juni 2022 entschieden.

Was darf auf dem Stimmzettel stehen?

Richter Hetzel leitete durch die Verhandlung, indem verschiedene Nachfragen zum Bürgerbegehren und den verwendeten Formulierungen gestellt wurden. Der Inhalt des Begehrens wurde im Vorfeld bereits ausführlich diskutiert. Dieser kann auf der Website des Klimaentscheids von allen eingesehen werden.

Es sei dabei grundlegend klarzustellen gewesen, wie ein möglicher Stimmzettel bei einem Bürgerentscheid ausgesehen hätte. Laut Veronika Thalhammer, Anwältin der Klägerpartei, müsse die Begründung für den Antrag, die aus drei “Fußnoten” besteht, zusätzlich zur Fragestellung abgedruckt werden.

Rechtsamtleiterin Ruth Fichtner entgegnete, dass dies nicht üblich sein, während Stadtrat Ulrich Pfeifer auf die einen Satzungsartikel verwies, der festlege, dass nichts außer der Fragestellung auf einem solchen Stimmzettel zulässig sei.

Konsequenzen für Bürger unklar?

Laut Hetzel müsse der Bürger immer in der Lage sein, verstehen zu können, worum es geht – auch, weil die Entscheidung aus einem Bürgerentscheid bindend ist. Dies sehe auch der Bayrische Verwaltungsgerichtshof so, der zuletzt strengere Regularien bei der Formulierung auf Fragezetteln erwirkt hatte.

Dabei sei Objektivität wichtig, es ginge nicht darum, was genau die Meinung des Antragstellers wäre, sondern darum, dass die Bürger verstehen, worüber sie abstimmen und welche Konsequenzen dies für sie und ihr Leben bedeuten würde.

Ruth Fichtner gab zu bedenken, dass dies beim vorliegenden Antrag eben nicht der Fall sei. Dieser würde zu viele Aspekte auf einmal behandeln und sei durch die Verschachtelung von Begriffen nicht greifbar. Ein Bürger könne so niemals die Konsequenzen für sein Leben einschätzen, die eine Ja-Stimme zu Folge haben könnte, so die Rechtsdirektorin.

Wissen, worauf man sich einlässt

Auch Stadtrat Pfeifer bemängelte die Formulierung und beschrieb sie als zu ungenau. “Kein Bürger kann erkennen, was das heißen soll”, stellte er klar. Wie Fichtner ergänzte, müsse der Bürger wissen, worauf er sich einlässt – in diesem Fall wisse es aber nicht einmal die Stadt genau, weil die Forderung zu ungenau formuliert sei.

Für Veronika Thalhammer sei indes sehr wohl klar, was man dem Bürger vorlegen wolle. Es gehe außerdem auch darum, die Erfolgschancen für den Bürgerentscheid zu heben und diesen nicht durch unnötig komplexe Formulierungen zu gefährden.

Auf die Frage, welche Maßnahmen der Klimaentscheid sich für ein klimaneutrales Bayreuth überlegt hatte, entgegnete Thalhammer, dass es in der Verhandlung nicht um konkrete Inhalte gehe. Man habe gewisse Ideen und Vorstellungen, vorerst sei aber rein die Frage nach der Zulässigkeit des Begehrens wichtig.

Angespannter Haushalt erschwert Handeln

Während der Verhandlung, die mit viel Respekt der beiden Seiten füreinander geführt wurde, wurde seitens der Angeklagten mehrmals betont, dass die Stadt Bayreuth sich für Klimaschutz einsetze, und Projekte vorantreibe. Erst in dieser Woche waren erneut die Erlanger- und Bismarckstraße, sowie die Pläne für großflächige Photovoltaikanlagen besprochen worden.

Das Ziel Klimaneutralität sei für Bayreuth weiterhin 2040, es schneller zu schaffen sei unrealistisch, so Pfeifer. Man habe das Klimaschutzkonzept ausgearbeitet und treibe es so gut es geht voran. Dabei verwies Pfeifer auch auf die angespannte Haushaltslage – es sei kein Geld da.

Thalhammer brachte darauf auch die Idee einer Finanzierung des Haushalts durch private Geldgeber ein, auf die die Stadt Bayreuth laut Pfeifer aber bewusst verzichte. In den letzten Jahren seien viele Kämmerer bei einer solchen Geschichte am Ende wegen Veruntreuung “im Knast gelandet”, so der Stadtrat.

Freiwillige Leistungen reduzieren, nicht erhöhen

Ausgaben für den Klimaschutz laufen aktuell noch immer unter den “freiwilligen Leistungen” im Haushalt. “Das muss geändert werden”, sagte Pfeifer deutlich. Durch die Situation falle aber auch eine Umverteilung der Gelder weg. Bayreuth gebe bereits zu viel Geld für die freiwilligen Leistungen aus, beispielsweise bei der Finanzierung der Sportvereine oder anderen gemeinnützigen Organisationen.

Thalhammers Vorschlag, das Geld umzuverteilen, löse “mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erhebliche gesellschaftliche Verwerfungen” in der Stadt Bayreuth aus, so Ulrich Pfeifer.

Der Handlungsspielraum für ein mögliches Vorgehen sei daher begrenzt, Klimaneutralität im gesamten Stadtgebiet bis 2030 nahezu unmöglich. Laut Umweltamtsleiter Wienfried Horcher produziere die Stadt Bayreuth aktuell rund 700.000 Tonnen CO₂ pro Jahr, maximal könne man die Emissionen um rund 25.000 Tonnen reduzieren.

Kein Kompromiss möglich

Die Umsetzung des Begehrens, ob nun in seiner Form zulässig oder nicht, würde sich also wohl generell als schwierig gestalten, so der O-Ton der Verhandlung. Richter Hetzel tastete ab, inwieweit die Parteien kompromissbereit seien, ehe es zu einem Beschluss kommen würde.

Nach kurzer Besprechungspause zeigten die Kläger durchaus Interesse an einem Kompromiss. Ulrich Pfeifer gab aber klar zu verstehen, dass er “nicht guten Gewissens” versprechen könne, dass es am Ende klappen würde – dazu wären diverse Schritte nötig, unter anderem Zustimmung vom Stadtrat.

Aus diesem Grund kam es zum Urteil durch das Gericht, das die Klage des “Klimaentscheid Bayreuth” abwies. In der Begründung berief man sich vor allem auf die Rechtssprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, die bereits erläutert wurde.

Erstmeldung vom Donnerstag, 14. Dezember 2023, um 13:15 Uhr:

Ein Bürgerbegehren des “Klimaentscheids Bayreuth” wurde vom Stadtrat abgewiesen.

Heute geht die Entscheidung vor das Bayreuther Verwaltungsgericht.

Entscheidung des Stadtrats wird angefochten

Die Verhandlung des “Klimaentscheids Bayreuth” gegen die Stadt Bayreuth beginnt am heutigen Donnerstag, dem 14. Dezember 2023, um 14 Uhr. Bereits ab 13 Uhr ruft der Klimaentscheid zur Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude in der Friedrichstraße 16 auf. Das bt ist live vor Ort.

Mithilfe einer Unterschriftenaktion mit über 5.000 Unterzeichnern hatte der Klimaentscheid ein Bürgerbegehren angestrebt, um die Stadt Bayreuth an verbindliche Maßnahmen zum Erreichen einer Klimaneutralität bis 2030 zu binden.

Vom Stadtrat wurde dieses Begehren jedoch für unzulässig erklärt, dadurch abgewiesen und nicht zum Bürgerentscheid zugelassen. Der “Klimaentscheid Bayreuth” zieht deswegen vor Gericht. Anfang November sprach das bt mit der Anwältin der Klägerseite, Veronika Thalhammer, über alle Hintegründe.

Urteil sei “wichtig für alle Kommunen Deutschlands”

Den Auftakt zum Prozess in Bayreuth bildet eine Demonstration vor dem Verwaltungsgericht. Etwa 50 Teilnehmer sind gegen 13:30 Uhr anwesend. Die Demonstration startete gegen 13 Uhr – also eine Stunde vor Prozessbeginn. “Für ein klimaneutrales Bayreuth bis 2030”, steht auf einem Banner der Demonstranten. Aus den Lautsprechern erklingt der Scorpions-Klassiker “Wind of Change”.

“Die Entscheidung heute ist wichtig für Bayreuth und wichtig für alle Kommunen Deutschlands”, sagt Viktoria vom Klimaentscheid gegenüber dem bt. Sie und ihre Mitstreiter werden ab 14 Uhr vor dem Verwaltungsgericht gegen die Stadt Bayreuth klagen.