Zuletzt aktualisiert am

Bayreuth

Warum der Klimaentscheid gegen den Stadtrat klagt

Der Stadtrat hatte das Bürgerbegehren des Bayreuther Klimaentscheids für unzulässig erklärt. Dies fechtet der Klimaentscheid nun an.

Im Dezember 2023 findet die erste mündliche Verhandlung am Verwaltungsgericht Bayreuth statt.

Das bt hat hierzu mit der Stadt Bayreuth sowie Veronika Thalhammer, der Anwältin des Klimaentscheids, gesprochen.

Rückblick: 5.300 Stimmen für ein klimaneutrales Bayreuth

Der Klimaentscheid Bayreuth wurde im Juli 2020 gegründet, mit dem Ziel, die Stadt Bayreuth bis 2030 klimaneutral zu machen. Die Initiatoren sind vorwiegend Studenten der Universität Bayreuth. Im November 2020 wurden die ersten Unterschriften für das Bürgerbegehren gesammelt.

Dieses fordert die Stadt Bayreuth dazu auf, konkrete Maßnahmen zum Erreichen der Klimaneutralität bis 2030 auszuarbeiten und umzusetzen. Die Stadt sollte außerdem dazu verpflichtet werden, ihren Maßnahmenplan mit den Bürgern Bayreuths zu diskutieren und dementsprechend anzupassen. Auch soll das Ziel der Klimaneutralität bis 2030 in zukünftige Beschlüsse aufgenommen werden.

Der Bayreuther Klimaentscheid sammelte mehr als 5.300 Stimmen und reichte den Antrag auf ein Bürgerbegehren am 24. Mai 2022 bei der Stadt Bayreuth ein. Ende Juni 2022 lehnte die Stadt Bayreuth das Bürgerbegehren des Klimaentscheids jedoch ab.

Wie es zur Klage kam

“Der Stadtrat Bayreuth hat Ende Juni vergangenen Jahres das eingereichte Bürgerbegehren des Klimaentscheids Bayreuth nach eingehender juristischer Prüfung durch das Rechtsreferat für materiell unzulässig erklärt”, so Joachim Oppold, Sprecher der Stadt Bayreuth.

“Der Stadtrat hat beschlossen, dass das Bürgerbegehren materiell unzulässig ist”, bestätigt Veronika Thalhammer. “Das war eine große Diskussion”, sagt sie. Denn auch die bei der Ausschusssitzung anwesenden Juristen waren sich nicht einig.

Die Einwände der Stadt

Ob ein Bürgerbegehren materiell zulässig ist oder nicht, entscheidet sich anhand der Bestimmtheit und der Umsetzungsfähigkeit der Forderung. Beides zweifelte der Stadtrat im Fall des Bürgerbegehrens an.

Die Frage, ob das Bürgerbegehren tatsächlich materiell unzulässig ist oder nicht, wird das Verwaltungsgericht Bayreuth klären. Am 14. Dezember 2023 wird die erste mündliche Verhandlung in diesem Fall stattfinden.

Die Bestimmtheit der Forderung

Die Stadt Bayreuth zweifelt, ob die Bayreuther tatsächlich erkennen können, welche Maßnahmen und Kosten die Umsetzung des Bürgerbegehrens mit sich bringt. Veronika Thalhammer sieht diese Einwände der Stadt als anzweifelbar.

“Es kommt darauf an, welchen Bürger man vor Augen hat”, sagt Veronika Thalhammer. Sie erklärt, dass seitens der Rechtsprechung bei den Unterzeichnern eines Bürgerbegehrens grundsätzlich von einem interessierten Bürger, der sich mit dem Thema befasst hat, ausgegangen wird. Dies bestätigte sich auch im bisherigen Austausch mit den Bayreuthern, erzählt sie. “Der Klimaentscheid hat gemerkt, es interessiert die Leute und sie machen sich Gedanken”, so Veronika Thalhammer.

Bei der Frage, ob die Stadt Bayreuth bis 2030 klimaneutral werden soll, handelt es sich um eine Grundsatzfrage. Eine solche ist laut Veronika Thalhammer grundsätzlich zulässig. Die Maßnahmen zur Umsetzung durch die Stadt Bayreuth wurden absichtlich offen gelassen, erklärt sie. Denn der Maßnahmenkatalog sei Sache der Stadt, da diese einen besseren Überblick über mögliche Ansätze habe und ihr somit Handlungsspielraum gelassen werde.

“Die Kosten kann eigentlich niemand beziffern”, sagt sie. Außerdem komme hinzu, dass eine Einschätzung der anfallenden Kosten in Bayern keine notwendige Voraussetzung für die Zulässigkeit sei. Somit könne dies kein Grund für die materielle Unzulässigkeit sein.

Die Umsetzungsfähigkeit der Forderungen

Bei der Umsetzungsfähigkeit der Forderung der Klimaneutralität bis 2030 gehen die Meinungen auseinander. “Die Stadt Bayreuth sagt, es ist unmöglich, und der Klimaentscheid sagt, es gibt nur Zweifel an der Möglichkeit”, erklärt Veronika Thalhammer.

Zum einen stützt sich die Stadt auf das Argument, dass der Klimawandel ein globales Thema sei. “Wir fordern keine globale Klimaneutralität bis 2030, sondern Klimaneutralität in Bayreuth bis 2030”, erklärt Veronika Thalhammer.

“Die Stadt verweist auch auf andere Ebenen, wie Bayern und die EU”, erklärt sie. Denn diese haben sich die Klimaneutralität bis 2045 vorgenommen. “Das ist eigentlich nur ein politisches Argument, es heißt nicht, dass es rechtlich unmöglich ist, die Klimaneutralität bis 2030 zu erreichen”, sagt sie.

“Die Klimaneutralität muss sowieso kommen und je früher man es macht, desto günstiger wird es”, erklärt Veronika Thalhammer. Denn die Kosten, die durch die Konsequenzen der Erderwärmung anfallen, seien um einiges höher als die Präventivmaßnahmen. Außerdem könnte sich Bayreuth dadurch eine Art Vorreiter-Position verschaffen.

Veronika Thalhammer verweist außerdem darauf, dass genügend finanzieller Spielraum der Stadt für eine mögliche Umsetzung des Bürgerbegehrens bestehe. Denn käme es zu haushaltsrechtlichen Problemen, könnten Maßnahmen für die Klimaneutralität durchaus verschoben werden.

Das Gerichtsverfahren im Dezember

Veronika Thalhammer bereitet sich bereits auf das Verfahren im Dezember vor. “Ich befasse mich derzeit mit den ganzen juristischen Schriftsätzen”, sagt sie, “die Klageschriften sind sehr lang”. Zudem beschäftigt sie sich mit dem Thema Klimawandel, möglichen Maßnahmen und was die Stadt Bayreuth derzeit für den Klimaschutz unternimmt.

“Die Kommunikation läuft nur über das Gericht”, sagt sie, “aber beim Klimaentscheid besteht der Wunsch, mit der Stadt zu reden.” Aber auch der Austausch mit den Bürgern der Stadt Bayreuth ist der Organisation weiterhin wichtig. Denn dem Klimaentscheid ist die Beteiligung der Bürger am demokratischen Prozess neben dem Klimaschutz besonders wichtig.

Unabhängig von der tatsächlichen Entscheidung durch das Verwaltungsgericht Bayreuth erhofft sich der Klimaentscheid mehr Klarheit für die Rechtsprechung in dieses Fällen. “Das ist auch für andere Klimaentscheide in Deutschland wichtig”, sagt Veronika Thalhammer.

Das Ergebnis des Gerichtsverfahrens sei schwer absehbar, erklärt Veronika Thalhammer. Denn viele der Streitpunkte sind Auslegungssache. Je nachdem, wie das Gerichtsurteil ausfällt, muss sich der Klimaentscheid neu organisieren.