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Landkreis Bayreuth

Münchner Kreativer holt oberfränkische Originale ins Internet – nun nimmt er Abschied

Design-Profi Micha Karmann hat seiner zeitweiligen Heimat im Bayreuther Land ein außergewöhnliches Internet-Portal geschenkt.

Nachdem der kreative Unternehmer aus München ins beschauliche Streitau bei Gefrees gezogen ist, hat er seiner neuen Heimat eine Online-Plattform gebaut. Auf Profi-Niveau.

Nun verlässt Micha Karmann seine zeitweilige Heimat – und blickt zurück auf seine Zeit in Gefrees.

Wie der Münchner Profi die Gefreeser Originale ins Internet geholt hat

“Der Oberfranke an sich spricht ja recht wenig”, sagt Micha Karmann. Er ist 62 Jahre alt, ein langjähriger Fachmann im Bereich Design und Kommunikation. Als er von München nach Streitau bei Gefrees gezogen ist, hat er gemerkt, dass der durchschnittliche Oberfranke nicht ganz so gesprächsfreudig ist wie er selbst. Doch er wollte seiner neuen Heimat ein lebendiges digitales Denkmal setzen. Dazu hat er sich einiges einfallen lassen.

Karmann hat Anfang 2021 das Internet-Portal “Wir in Gefrees” ins Leben gerufen. Eines seiner Projekte: Gefreeser Originale im Video-Porträt vorzustellen. “Zuerst wollte keiner gefilmt werden”, erinnert er sich. Dazu kam natürlich die Wortkargheit der Oberfranken. Also ist er selbst kreativ geworden: hat kurze Texte geschrieben, in denen er poetisch-prägnant seine Sicht auf die Gefreeser Charaktere schilderte. Und die Gefreeser Charaktere überzeugt, sich schweigend vor die Kamera zu stellen.

“Das größte Kompliment, das man in Gefrees kriegen kann”

“Eine der Beteiligten hatte Tränen in den Augen und gesagt: So einen schönen Text hat noch keiner über mich geschrieben”, sagt Karmann. Und so hat er sie porträtiert: Das Gastronomen-Paar vom “Kornbachtal”, die Feuerwehrfrau aus Streitau, den alteingesessenen Gefreeser Postboten. Der habe ihn hinterher mit einem “Einwandfrei” gelobt, so Karmann. “Das ist das größte Kompliment, das man in Gefrees kriegen kann.”

Die “Charaktere”-Videos kamen an: “Das ging durch die Stadt. Alle haben darüber gesprochen”, sagt Karmann. Es war aber nur eines von vielen Projekten, die er bei “Wir in Gefrees” umgesetzt hat.

Bürgermeister und Pfarrerin stehen Rede und Antwort

Das neueste von Karmanns “Wir in Gefrees”-Projekten: ein Podcast mit Bürgermeister Oliver Dietel und Pfarrerin Johanna Thein. Im Vorfeld konnten die Bürger ihre Fragen einreichen. “Das ist ein Weg, wie die Stadt näher an die Bürger rankommt.” Damit seine Seite für alle zugänglich ist, hat er sie barrierefrei gestaltet – mit Vorlese-Funktion und Möglichkeiten, die Schriftgröße und den Kontrast zu verändern.

Wenn dem Kommunikations-Profi beim Gang durch Gefrees etwas auffällt oder aufstößt, greift er aber auch gerne mal selbst zur Feder. So hat er zum Beispiel einen bissigen Artikel geschrieben über die verlassenen und halb-verfallenen Gebäude entlang der Gefreeser Hauptstraße. Sein Vorschlag: abreißen und dort einen Skateboard-Park errichten. “Die Leute wissen, dass ich kritisch bin, aber nie jemandem in den Rücken falle”, sagt Karmann.

Ein halber Abschied von Gefrees

Micha Karmann zieht im März nach Altenkunstadt, dort ist seine Band ansässig. Er sei schon dabei, dort das Portal “Unser Altenkunstadt” aufzubauen. Dennoch will er von dort aus weiter “Wir in Gefrees” betreuen. “Ich bleibe mit Gefrees in Verbindung”, sagt er. “Schließlich hab’ ich hier Freunde gefunden.”

Die Leser haben seine Arbeit bei “Wir in Gefrees” mit rund 250.000 Seitenaufrufen seit Anfang 2021 belohnt, vor Kurzem ist eine zweite Redakteurin in das Projekt eingestiegen. “Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, ein paar Sachen in Gang zu setzen”, sagt er. Und die Oberfranken mögen zwar wortkarg sein. Doch Karmann meint, dank des Portals doch einen Zugang gefunden zu haben. Denn: “Ich hab das Gefühl, die Oberfranken lesen gerne”, sagt er.