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Bayreuth

Naturwissenschafts-Projekt “Miniphänomenta” zu Gast an der Bayreuther Jean-Paul-Schule

Kinder an der Bayreuther Jean-Paul-Grundschule haben zwei Wochen lang an 50 naturwissenschaftlichen Experimentierstationen geforscht.

So macht Schule richtig Spaß. Die Schülerinnen und Schüler der Bayreuther Jean-Paul-Grundschule forschten gut eine Woche an den rund 50 Stationen des Projekts “Miniphänomenta” der Bildungsinitiative “Technik-Zukunft in Bayern” des Bildungwerks der Bayerischen Wirtschaft (bbw) e.V. 

Warum der Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie (bayme vbm) ein Grundschulprojekt fördert? “Wir hoffen natürlich, dass hier zukünftige Fachkräfte ihre Leidenschaft für die Naturwissenschaften entdecken”, sagte Patrick Püttner von bayme vbm. “Erstmal ausprobieren!”, rate er allen Kindern.

Das konnten die Kinder überall im Schulhaus, denn die Forschungsstationen waren in den Gängen, auf den Treppenabsätzen und in den Räumen aufgebaut.

Das “lila Teil” fehlt doch nicht

“Wir waren schon etwas in Sorge, ob das Material dem Forschungsdrang der Kinder standhalten würde”, sagte Schulleiterin Sylvia Bruns.

Tatsächlich seien schnell erste Kinderstimmen laut geworden: “Das lila Teil fehlt!”, habe es geheißen. Dass das “lila Teil” praktisch erst entsteht, wenn man eine rote Plastikkarte über eine blaue Plastikkarte legt, ist eine von vielen Erkenntnissen, die Groß und Klein auf dem Forschungsparcours machen können. Und die erste, erleichterte Erkenntnis lautete: Das “lila Teil” fehlt doch nicht.

Außerdem kann man sich an den Stationen fragen, warum eine Kugel plötzlich scheinbar eine Anhöhe hinauf rollt, warum sich vier Wasserstrahlen zu einem verbinden, wenn man mit dem Finger über die Austrittslöcher streicht oder was es eigentlich mit den zwei Trichtern an Gartenschläuchen auf sich hat, die vom ersten Stock ins Erdgeschoss führen. Doch dazu später mehr.

Projekt soll selbstgesteuertes Lernen fördern

Das alles durften die Grundschulkinder selbst erforschen, Anleitungen gibt es an den Stationen nicht. Auch die Lehrkräfte sollten zunächst keine Fragen beantworten. Verena Rief, Projektleiterin vom Bildungwerk der Bayerischen Wirtschaft,  erklärt das Konzept hinter den “Miniphänomenta” genauer. 

Das Konzept basiere auf der Forschung des Flensburger Physikprofessors Dr. Lutz Fiesser, der in den 80er Jahren die Wirksamkeit kleiner Experimente für den Lernerfolg erforscht habe. An den Stationen gehe es also um das Lernen durch Erfahrung. Das Beobachten setze einen Gedankenprozess in Gang, der dann in sogenannten “Forschergesprächen” in der Klasse in die richtige Bahn gelenkt werden könne. Lesen Sie auch: 1. Platz für Bayreuther Realschule: Wenn Schüler zu Lehrern werden.

Eine Umstellung vom sonstigen Schulalltag

Jeder Jahrgang habe zwei Stunden Zeit, unter Aufsicht der Lehrkräfte die 50 Stationen zu entdecken, so Schulleiterin Bruns. Eifrig seien die Kinder gleich bei der Sache gewesen und hätten schließlich in einem zweiten Schritt ihre Beobachtungen in einem Forscherheft festgehalten.

Die Kinder seien es einfach sehr gewöhnt, Lösungen zu bekommen, sagt eine der verantwortlichen Lehrkräfte. Wenn diese dann aber ausblieben, könne man beobachten, wie es in den Kindern arbeite. “Ganz oft kommen sie dann später wieder zur betreffenden Station zurück und beschäftigen sich noch einmal mit dem Experiment.” 

Die Stationen locken auch Erwachsene an

Wie einladend die Stationen wirken, erleben wirklich alle, die vorbeikommen. Schulamtsdirektor Michael Hack verriet, dass er selbst vergangene Woche in Versuchung geraten sei die Stationen zu entdecken, als er mit zwei Kollegen für eine Lehrprobe an der Schule gewesen sei.

Auf dem Weg vom Klassenraum zum Besprechungszimmer seien einige Forschungsstationen aufgebaut gewesen, an denen die drei Erwachsenen nicht vorbeigekommen seien, ohne sich wenigstens kurz mit ihnen zu beschäftigen.

Stationen können teilweise in der Schule erhalten bleiben

An 12 Schulen gastieren die 50 Stationen laut bbw jedes Schuljahr und bleiben jeweils für zwei Wochen. Im Anschluss könne jede Schule einen Nachbauantrag stellen. Einzelne Stationen könnten dann von Eltern, Lehrkräften und Kindern nachgebaut werden, sodass sie der Schule erhalten blieben.

Das Material für den Nachbau stelle das bbw bereit, die Sponsoren müssten sich die Schulen aber selbst suchen. 

Erstklässler Paul zeigt seine Lieblingsstationen

An der Kugelbahn soll eine Kugel, wie man sie vom Kegeln kennt, zum Rollen gebracht werden. Sie lagert auf Hüfthöhe auf zwei waagrechten Holzstäben mit Griffen, die eine leichte Neigung haben. An den Griffen lassen sich die Stäbe auseinanderziehen, an den gegenüberliegenden Enden bleiben sie fixiert. Bewegt man die beiden Stäbe auseinander, sollte die Kugel nun ins Rollen kommen, weil die Steigung sich verringert.

Beim Ausprobieren gelingt das nicht sofort. Gottseidank kommt Paul zu Hilfe, der souverän und mit Schwung die Stäbe auseinanderzieht und die Kugel rollen lässt. 

Ob er die Station schon kennt? Na klar, die Kugelbahn ist seine Lieblingsstation, das hat er schon ganz oft gemacht, erzählt er. Paul geht in die erste Klasse und ist mit seinen Geschwistern Theo und Ella und mit seiner Mama Theresa gekommen. Theo und Ella gehen noch nicht zur Schule, interessieren sich aber genauso für die Experimente. 

Dann zeigt Paul noch seine zweite Lieblingsstation. Dafür muss man vom zweiten Stock ins Erdgeschoss und darf sich auf dem Weg nicht zu lange von den anderen Stationen ablenken lassen.

Das Konzept hat Paul verinnerlicht

In einem Klassenraum steht ein orangefarbenes Verkehrshütchen, auf dem ein Luftballon balanciert. Sobald Paul einen Schalter drückt, schwebt der Ballon nach oben und tanzt in der Luft.  Im Hütchen versteckt ist ein Gebläse, das den Ballon nach oben fliegen lässt. Was wohl passiert, wenn man die Hände über das Gebläse legt und die Öffnung des Hütchens verschließt? “Dann fällt der Ballon runter”, vermutet Paul und hat recht. 

Pauls Mama, Theresa Drerup findet das Projekt genauso spannend wie ihre Kinder. “Ich finde es schön, dass das Projekt für alle Kinder ist und nicht nur für eine Klasse”, sagt sie. Paul erzähle viel von den “Miniphänomenta”, er probiere gerne etwas aus und habe keine Berührungsängste. 

Zum Schluss startet Paul noch ein eigenes Experiment. Plötzlich geht im Raum gar nichts mehr. Der Luftballon sinkt auf den Boden, auch die anderen Experimente im Raum kommen zum erliegen. Na, warum ist das wohl so, liebe Erwachsene? Weil Paul die Steckerleiste ausgeschaltet hat. Er hat das Konzept der Miniphänomenta also auf jeden Fall verinnerlicht.