Zuletzt aktualisiert am

Pflege

Pflegekräfte im Kreis Bayreuth: „Es kann nicht sein, dass ich von Hartz 4 teilweise besser lebe“

Um über den Beruf der Pflegefachkräfte zu sprechen, besuchte die SPD-Politikerin Anette Kramme am Mittwoch (18.08.2021) das Pflegezentrum in Bischofsgrün im Landkreis Bayreuth.

Der Beruf der Pflegefachkräfte soll attraktiver werden. Um darüber zu diskutieren, besuchte SPD-Politikerin Anette Kramme am Mittwoch (18.08.2021) das Pflegezentrum in Bischofsgrün im Landkreis Bayreuth.

Dabei sprach sie mit den dortigen Pflegerinnen und Pflegern, was sich ändern muss, um den Beruf ansprechender zu gestalten.

Mehr Geld für Pflegekräfte? Politikerin aus Bayreuth besucht Pflegezentrum im Landkreis Bayreuth

Auf die Frage einer Pflegerin aus dem Pflegezentrum Bischofsgrün, was die Politik tun will, um mehr Fachkräfte zu Pflegeberufen zu bewegen, hat Anette Kramme zwei eindeutige Antworten. Eine davon ist „mehr Geld“. „Wir müssen bei der Vergütung etwas tun und Löhne und Gelder massiv erhöhen“, sagt Kramme mehrfach.

Das könnte sie auch interessieren: Die Uni Bayreuth behandelte im Februar das Thema „Pflegekräfte“ in einem Podcast.

Zusätzlich sei die Digitalisierung wichtig. Der Pflegebereich sei unerlässlich und könne nicht durch Digitalisierung komplett ersetzt werden, aber man könne dadurch einige Bereiche, insbesondere die ermüdende Bürokratie, einfacher gestalten.

Entlastung im Pflegeberuf erforderlich

Die anwesenden Pflegerinnen und Pfleger des Bischofsgrüner Pflegezentrums bestätigen das Verlangen nach mehr Lohn. Insbesondere die Löhne in der Hauswirtschaft kämen völlig zu kurz: „Es kann nicht sein, dass ich teilweise von Hartz IV besser lebe, als in einem Vollzeitjob.“

Thorsten Kiefer, Leiter des Pflegerteams, kritisiert die Notwendigkeit einer zweijährigen Berufsausbildung, bevor man die Ausbildung zur Pflegefachkraft antreten darf: „Das sind Gesetze aus früheren Zeiten, aber die muss man an die Situation anpassen.“

Effizientere Nutzung der Fachkräfte notwendig

Die Verteilung der Freizeit sei ein Problem. Die jüngste Pflegerin im Team betont, dass sie nur 24 Urlaubstage im Jahr habe und es ohnehin schwierig sei, Pause zu machen oder wegen Kopfschmerzen zuhause zu bleiben: „Man hat dann schnell ein schlechtes Gewissen, weil dann jemand anders einspringen muss.“ Angesichts der unausgeglichenen Arbeitszeiten pflichten ihr ihre Kolleginnen und Kollegen bei: „Pflegefachkraft ist definitiv kein familienfreundlicher Beruf.“

Reiner Ebner, Geschäftsführer des Pflegezentrums Bischofsgrün, hält eine Lösung für dieses Problem sehr schwierig, sieht aber eine Zukunft in der effizienteren Nutzung des vorhandenen Personals: „Eine Altenpflegefachkraft ist spezialisiert, auch eine Krankenschwester bringt solche Qualifikationen nicht mit. Die vorhandenen Fachkräfte könnten je einen bestimmten Bereich managen. Eine Altenpflegerin muss zum Beispiel nicht Blutdruck messen, sondern kann schwierigere Aufgaben übernehmen, für die sie spezialisiert ist.“

Corona in Pflegezentrum Bischofsgrün

Im Pflegezentrum in Bischofsgrün sei die Personalsituation verhältnismäßig glimpflich. Laut Thorsten Kiefer habe es viel Stammpersonal. Ein ständiges Kommen und Gehen der Mitarbeiter gebe es kaum. Von richtigem Personalmangel könne man in Bischofsgrün konkret nicht sprechen, aber die Kapazitäten befänden sich an der Grenze.

Wie Anette Kramme erklärt: „Es gab jede Menge Einwanderer aus der EU, von denen auch viele in die Pflege sind, aber das Potenzial ist erschöpft. In Rumänien wurde ich vor einigen Jahren schon fast angegangen, weil es dort kaum noch Pflegekräfte gibt.“

Jetzt müsse man sich nach Möglichkeiten umsehen, den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten, da der Bedarf an Fachkräften nicht mehr abdeckbar sei. Wann höhere Löhne für Pflegerinnen und Pfleger einsetzen werden, und ob sich dadurch ein Zuwachs des Pflegepersonals entwickelt, bleibt abzuwarten.

Die Stadt und der Landkreis Bayreuth suchten dieses Jahr Pflegekräfte und Unterstützer zur Errichtung eines Pflegepools.