• Bayerische Landtagswahl 2023

bt-Special zur Landtagswahl:
Die Bayreuther Kandidaten stellen sich vor

Bayern wählt am 8. Oktober seinen neuen Landtag.

Zehn Direktkandidaten treten für den Bayreuther Wahlkreis an.

Das bt stellt sie vor.

Die Interviews sind im Rahmen einer Serie erschienen. Das bt hat die einzelnen Beiträge über rund zwei Wochen hinweg nach und nach veröffentlicht. Die jetzige Reihenfolge ergibt sich aus dieser zeitlichen Abfolge – das neueste Interview ist oben, das älteste ganz unten.

Die Bayreuther Direktkandidaten im kurzen Video-Porträt:

“dieBasis”-Kandidatin

Angelika Linhardt

FDP-Kandidatin

Luisa Funke-Barjak

ÖDP-Kandidat

Markus Lenk

Bayernpartei-Kandidat

Michael Kandler

Linken-Kandidat

René Liebermann

AfD-Kandidat

Mario Schulze

Freie Wähler-Kandidat

Stefan Frühbeißer

CSU-Kandidat

Franc Dierl

SPD-Kandidat

Halil Tasdelen

Grünen-Kandidat

Tim Pargent

Die Kandidaten im Vergleich

Jeder Direktkandidat musste sieben Fragen beantworten. Hier sehen Sie die Antworten im Vergleich.

1. Kommunen der Region sind durch die vielen Flüchtlinge überlastet. Wie müsste der Freistaat aus Ihrer Sicht helfen?

So haben die Kandidaten diese Frage beantwortet:

“dieBasis”-Kandidatin Angelika Linhardt:

Helfen kann man, indem man den Leuten Arbeit gibt und sie in unsere Gesellschaft einbindet. Solange sie in einer Art Ghetto leben, können sie sich nicht integrieren. Ich würde mir auch mehr Veranstaltungen wünschen, wo die Bevölkerung mit den Flüchtlingen in Kontakt kommt.

FDP-Kandidatin Luisa Funke-Barjak:

Der Freistaat müsste personell und finanziell helfen. Wir müssen sicherstellen, dass wir die Leute, die zu uns kommen, unterbringen und betreuen. Wir brauchen vor allem Sprachkurse, damit wir diejenigen, die bleiben wollen, schnell in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt integrieren können.

ÖDP-Kandidat Markus Lenk:

Es ist wichtig, dass die Kommunen dabei finanziell besser unterstützt werden und dass eine gleichmäßigere Verteilung erfolgt. Ein bedeutsamer Punkt ist aber auch die Kommunikation vor Ort. Den Bürgern muss vermittelt werden, wie es in anderen Kommunen aussieht und welchen Zwängen man gerade ausgesetzt ist, aber auch, dass unter Einbeziehung aller vor Ort einiges machbar ist. Grundsätzlich ist die Problematik sehr vielschichtig und es muss auf allen Ebenen entschiedener nach gemeinsamen Lösungen gesucht werden.

Bayernpartei-Kandidat Michael Kandler:

Man muss sich erst mal fragen, warum gerade Deutschland so viele Leute aufnehmen soll. Wir reden zwar von Fachkräfte-Mangel. Aber das ist beim besten Willen keine Fachkräfte-Welle, die da auf uns zurollt. Ein Lösungsansatz wäre: Die Tore nicht ganz so weit aufmachen. Aber natürlich müssen wir helfen, wenn jemand vor einem Krieg flieht.

Linken-Kandidat René Liebermann:

Was momentan überall gemacht wird, sind diese Container-Siedlungen. Das halte ich für einen Fehler. Die Unzufriedenheit wächst dann auf beiden Seiten. Man sollte sich eine andere Strategie überlegen. Wir müssten den Flüchtlingen menschenwürdige Lebensbedingungen bieten.

AfD-Kandidat Mario Schulze:

Der Freistaat muss ein klares „Nein“ nach Berlin senden. Es muss klargestellt werden, dass das, was verlangt wird, für Kommunen nicht leistbar ist. Wir müssen deutsches Gesetz umsetzen. Das bedeutet: Bayern muss die, die vollziehbar ausreisepflichtig sind, abschieben.

Freie Wähler-Kandidat Stefan Frühbeißer:

Gerade im Landkreis Bayreuth haben wir das Problem, dass es äußerst finanzschwache Kommunen gibt. Etwa ein Drittel der Kommunen sind Stabilisierungs-Gemeinden. Der Bund aber hat die Mittel für die Kommunen gekürzt. Der Freistaat muss im Bund darauf drängen, dass die Kommunen auch vom Bund für übertragene Aufgaben mehr Geld auch für Personal bekommen.

CSU-Kandidat Franc Dierl:

Den Kommunen fehlt es an Geld. Aber der Flüchtlingszustrom ist kein landespolitisches Thema, da ist der Bund gefordert. In Bayern haben wir eine Grenzpolizei. Das wäre auch auf Bundesebene nötig. Aber wir müssen uns generell überlegen, wie wir den Flüchtlingsstrom über die Europäische Union steuern.

SPD-Kandidat Halil Tasdelen: 

Es muss eine gerechte Verteilung unter den Kommunen stattfinden. Man darf die Flüchtlinge nicht mehr auf einen Punkt konzentrieren. Ich kenne es von meiner Migrationsgeschichte. Damals war die Bayreuther Wiesenstraße die „Türkenstraße“. So etwas müssen wir durchbrechen.

Grünen-Kandidat Tim Pargent:

Der Freistaat übernimmt aktuell die Kosten für die Unterkunft. Was noch fehlt, sind weitere Unterstützungsleistungen im Bereich der Integration. Das beginnt bei Sprachkursen und geht über soziale Begegnungen bis hin zum Einstieg in den Beruf. Wenn uns das gelingt, ist es eine Win-Win-Situation, weil wir in unseren Betrieben damit den Fachkräftemangel lindern können.

2. Das Bürgergeld steigt, die Löhne nicht unbedingt. Wie kann Bayern dafür sorgen, dass sich Arbeit wieder mehr lohnt?

So haben die Kandidaten diese Frage beantwortet:

“dieBasis”-Kandidatin Angelika Linhardt:

Für mich lohnt es sich immer zu arbeiten – weil das eine innere Einstellung ist. Arbeit bedeutet für mich: eingebunden sein und zum Wohle der Gesellschaft Wertvolles leisten. Die Löhne sind meiner Meinung nach in vielen Berufen zu niedrig in unserem Land.

FDP-Kandidatin Luisa Funke-Barjak:

Der Mindestlohn schafft ja schon mal den Rahmen, damit jemand, der arbeiten geht, mehr verdient als jemand, der Bürgergeld bezieht. Aber wir brauchen Qualifizierungsmaßnahmen, Fortbildungen und auch eine gute Kinderbetreuung, damit überhaupt alle Menschen die Möglichkeit haben, arbeiten zu gehen und beruflich aufzusteigen.

ÖDP-Kandidat Markus Lenk:

Ich denke schon, dass es in Ordnung ist, dass das Bürgergeld steigt, denn es betrifft ja vor allem die Menschen, die an der unteren Einkommensgrenze leben. Aber natürlich muss man schauen, dass der Anreiz nicht zu groß wird, keine Arbeit aufzunehmen. Wichtig ist es, hier eine Balance zu finden.

Bayernpartei-Kandidat Michael Kandler:

Wenn das Bürgergeld so bleiben soll, ist der einzig mögliche Ausgleich, für einen höheren Netto-Lohn zu sorgen. Das geht durch eine Steuersenkung. Bayern könnte sich das leisten, wenn es nicht den Länder-Finanz-Ausgleich zahlen müsste.

Linken-Kandidat René Liebermann:

Das Bürgergeld ist ganz sicher nicht zu hoch. Meiner Meinung nach reicht der Mindestlohn einfach noch nicht. Aber eine Mindestlohn-Erhöhung ist keine bayerische Maßnahme. Das müsste man bundesweit machen.

AfD-Kandidat Mario Schulze:

Ich finde es nicht in Ordnung, dass man aus der Politik heraus das Signal gibt, dass man ohne Arbeit teilweise mehr verdienen kann als mit Arbeiten. Deswegen muss die bayerische Staatsregierung darauf hinwirken, dass den Leuten mehr Netto vom Brutto bleibt. Es muss geschaut werden, wo Steuerentlastungen möglich sind, es muss geschaut werden, wo Familien entlastet werden können.

Freie Wähler-Kandidat Stefan Frühbeißer:

Wir von den Freien Wählern fordern, dass Monatslöhne bis 2.000 Euro steuerfrei werden. Das wäre ein Anreiz. Außerdem muss es Sanktionen gegen Arbeitsunwillige geben.

CSU-Kandidat Franc Dierl:

Wir als CSU waren von Anfang an gegen das Bürgergeld in dieser Form. Wenn jemand im Niedriglohn-Bereich am Ende des Monats nur 100 Euro mehr verdient als ein Bürgergeld-Empfänger, wird er in Zukunft vielleicht auch lieber ausschlafen. Bürgergeld ist keine Einkommensart, sondern eigentlich eine Übergangslösung bis zur Wiederaufnahme von bezahlter Arbeit.

SPD-Kandidat Halil Tasdelen:

Der Freistaat muss das Tariftreue-Gesetz unterschreiben. Alle Bundesländer außer Sachsen und Bayern haben das schon gemacht. Der Freistaat sollte dann dafür sorgen, dass die Firmen, die öffentliche Aufträge erhalten, Tariflohn bezahlen.

Grünen-Kandidat Tim Pargent:

Die Erhöhung des Bürgergelds ist aufgrund der Inflation nötig. Wir in Bayern sollten dafür sorgen, dass in mehr Branchen nach Tarif bezahlt wird. Bei öffentlichen Aufträgen sollten Firmen zum Zug kommen, die Tarif bezahlen. Davon profitieren die Menschen, die jeden Tag die Ärmel hochkrempeln.

3. Oberfranken ist ländlich geprägt. Doch auf den Dörfer schließen die Wirtshäuser, Bäcker und Metzger. Wie würden Sie sich in München für die Dörfer Oberfrankens einsetzen?

So haben die Kandidaten diese Frage beantwortet:

“dieBasis”-Kandidatin Angelika Linhardt:

Wir müssen das Leben auf dem Land wieder interessant machen. Ich kenne das Beispiel aus Kirchahorn, da haben die Bürger selbst einen neuen Dorfladen eingerichtet. Vielleicht muss man die Initiativen der Bürger stärken.

FDP-Kandidatin Luisa Funke-Barjak:

Es gibt schon viele Kooperationen unter den Gemeinden, wie etwa Dorfladen-Boxen, damit eine wohnortnahe Grundversorgung sichergestellt ist. Ganz wichtig ist aber, dass wir den ÖPNV ausbauen, damit man eine verlässliche Anbindung hat. Dafür braucht es aus München Fördermittel, die zielgerichtet und gerecht auf die Kommunen verteilt werden.

ÖDP-Kandidat Markus Lenk:

Es ist auch für die regionale Identität sehr wichtig, dass man in der Region die grundlegende Infrastruktur erhält. Das beginnt beim öffentlichen Nahverkehr und hört nicht bei der Hausarztpraxis und dem kleinen Versorger vor Ort auf. Hier müssen individuelle Lösungen vor Ort gefunden werden.

Bayernpartei-Kandidat Michael Kandler:

Man kann sich schlicht die regionalen Produkte fast nicht leisten. Aber der Bauer kann nicht weniger verlangen, als er ausgibt. Wir müssen das regionale Bewusstsein wiedererwecken. Aber letztlich entscheidet auch der Preis. Dem müsste man mit Subventionen entgegenwirken.

Linken-Kandidat René Liebermann:

Oberfranken war ja schon immer teilweise strukturschwach, gerade die Gegend nördlich von Bayreuth. Der Freistaat müsste die Fördergelder gerechter verteilen. Die Maßnahmen vor Ort sollten in den Händen von Bezirk, Stadt und Landkreis liegen.

AfD-Kandidat Mario Schulze:

Es gibt Möglichkeiten, hochqualifizierte Leute in das schöne Bayreuther Land zu locken. Da brauchen wir aber eine gute Infrastruktur, eine gute Netzanbindung. Da müssen wir die Möglichkeit schaffen, dass sich Firmen ansiedeln können. Das schaffen wir nicht mit Deindustrialisierungs-Trends, wie sie die Grünen voranbringen. Wir sollten es den Firmen möglichst leicht machen, vor Ort etwas zu gründen. Beispielsweise durch Innovationszentren oder durch steuerliche Vergünstigungen. 

Freie Wähler-Kandidat Stefan Frühbeißer:

Wir haben ein krasses Missverhältnis, was die Fördersätze betrifft. Im Landkreis Bayreuth haben wir einige der schwächsten Gemeinden Bayerns. Der Freistaat legt aber einen falschen Berechnungsmodus bei den Förderungssätzen zur Dorferneuerung an. Dadurch haben wir im Landkreis Bayreuth einen Fördersatz von durchschnittlich etwas mehr als 30 Prozent. Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen hingegen liegt der Fördersatz bei knapp 60 Prozent. Jeder merkt: Da passt was nicht. Die gerechte Verteilung werde ich zu einem meiner Themen machen.

CSU-Kandidat Franc Dierl:

In den vergangenen Jahren wurden viele Dorfgemeinschaftshäuser gefördert, aber sie ersetzen nicht das klassische Wirtshaus. Die Kommunen bräuchten zum Beispiel eine größere Handhabe bei ihren freiwilligen Leistungen. Dann könnte eine Gemeinde zum Beispiel ein bestehendes Wirtshaus erwerben und es an einen neuen Wirt verpachten. Das geht aber im Moment bei finanzschwachen Kommunen nicht, da diese über die freiwilligen Leistungen nicht frei verfügen dürfen. Generell ist das Augenmerk auf die kommunalen Finanzmittel zu legen.

SPD-Kandidat Halil Tasdelen:

Die Kommunen müssen besser miteinander kooperieren. Das eine Dorf könnte sich dafür einsetzen, den eigenen Bäcker zu behalten, während sich das Nachbardorf für den eigenen Metzger einsetzt. Auch bei den Schulen sollten die Kommunen sich zusammenschließen, um das Angebot auf dem Land zu erhalten. Die türkische Stadt Antalya schafft es, den ÖPNV für Schüler, Studenten und Rentner kostenlos zu machen. Es kann nicht sein, dass wir das in unserer Industrienation nicht schaffen.

Grünen-Kandidat Tim Pargent:

Mir schweben zwei Sachen vor. Erstens müssen wir die Kommunen finanziell besser ausstatten. Zweitens müssen wir den Zyklus durchbrechen, der darin besteht, dass am Ortsrand große Discounter ansiedeln und dadurch der Ortskern ausstirbt.

4. Mancher Handwerker sucht gerade händeringend nach Lehrlingen. Wie könnte die Politik das Handwerk wieder attraktiver machen?

So haben die Kandidaten diese Frage beantwortet:

“dieBasis”-Kandidatin Angelika Linhardt:

In der Schweiz gehen viel weniger Kinder aufs Gymnasium, der Wert eines handwerklichen Berufs steht dort viel höher als in Deutschland. Auch in der deutschen Gesellschaft sollte wieder der Gedanke ankommen, dass Handwerk sehr wertvoll ist.

FDP-Kandidatin Luisa Funke-Barjak:

Ich glaube, da müssten wir schon in der Schule ansetzen. Wir könnten Praktika verpflichtend machen – über alle Schularten hinweg. Dabei sollte man dringend das Handwerk und die Handwerkskammer mit ins Boot holen.

ÖDP-Kandidat Markus Lenk:

Ich bin zwar Gymnasiallehrer, aber ich finde, dass nicht jedes Kind seine Schullaufbahn automatisch mit dem Abitur beenden muss. Nicht-akademische Berufe müssen in unserer Gesellschaft wieder einen höheren Stellenwert erfahren. Dafür muss man auch an den weiterführenden Schulen den Schülern immer wieder Möglichkeiten bieten, in die Berufswelt hineinzuschnuppern.

Bayernpartei-Kandidat Michael Kandler:

Früher hat’s geheißen: Sei schlau, geh zum Bau. Später hieß es: Sei nicht dumm, dreh wieder um. Jetzt weiß man, dass man im Handwerk eine sichere Arbeit hat. Aber wenn Kinder sehen, dass ihre Eltern beide Vollzeit arbeiten müssen und keine Zeit für Familie bleibt, dann schreckt das ab. Die wollen dann keine Lehre beginnen. Wir müssen dafür sorgen, dass ein Elternteil wieder daheim bleiben kann. 

Linken-Kandidat René Liebermann:

Mit besseren Löhnen wäre vielleicht schon etwas zu erreichen. Und man sollte bei den Menschen, die zu uns kommen, die Abschlüsse schneller anerkennen, damit sie arbeiten dürfen.

AfD-Kandidat Mario Schulze:

Wir haben viele Handwerker bei uns in der Partei, die von den Problemen berichten. Das eine Problem ist die fehlende Wertschätzung. Aber es gibt auch ein Problem bei den Löhnen. Viele Jugendliche sehen nur, dass es harte Arbeit ist, für die sie vergleichsweise wenig kriegen. Gute Arbeit muss gut bezahlt werden.

Freie Wähler-Kandidat Stefan Frühbeißer:

Wir müssen in den Schulen anfangen, Schüler für Handwerksberufe zu interessieren. Der Werkunterricht kam in den letzten Jahren viel zu kurz. Wir haben durch die wachsenden Ganztagsangebote die Chance, Kinder wieder mehr kreativ bauen, basteln und reparieren zu lassen.

CSU-Kandidat Franc Dierl:

Wir brauchen mehr Praktika im Rahmen der schulischen Ausbildung. Auch an Gymnasien wäre das wichtig. In unserem Architekturbüro ermöglichen wir seit Jahren Praktika für Schüler unterschiedlicher Schularten. Im Ergebnis haben wir eigenen Nachwuchs im Betrieb. Das sollten so viele Betriebe wie möglich machen.

SPD-Kandidat Halil Tasdelen:

Wir brauchen ein positives Bild vom Handwerk. Hier muss die gesamte Gesellschaft mitwirken. Und die Jugendlichen sind zu verweichlicht. Das habe ich als Ausbildungsleiter gemerkt. Ich hatte schon Praktikanten, die an einem Tag einfach nicht mehr kamen, ohne sich abzumelden. Da ist auch das Elternhaus gefragt.

Grünen-Kandidat Tim Pargent:

Ich komme selbst aus Handwerksfamilien. Deswegen ist mir das ein wichtiges Anliegen. Ich bin der Meinung, wir sollten in der Schule ab einer bestimmten Klasse jährlich ein Berufspraktikum vorsehen. Und zwar an allen Schularten. Insbesondere am Gymnasium ist der Weg in Richtung Studium zu oft vorgezeichnet.

5. In Bayreuth fehlt es an Wohnraum für den kleinen Geldbeutel. Der von Markus Söder angekündigte soziale Wohnungsbau schafft bisher kaum Abhilfe. Wie kann es endlich vorangehen?

So haben die Kandidaten diese Frage beantwortet:

“dieBasis”-Kandidatin Angelika Linhardt:

Das geht, indem Gelder freigeschaufelt werden von der Regierung. Aber das sind Dinge, die werden im Wahlkampf versprochen, und hinterher wird es nicht gehalten. Wie es funktionieren kann, sieht man zum Beispiel in Wien. Das ist eine Weltstadt – aber sie haben fantastisch günstige Wohnungen. Aus Bayreuther Sicht würde ich sagen: Wir nehmen mal Kontakt mit Wien auf und fragen, wie es dort gegangen ist.

FDP-Kandidatin Luisa Funke-Barjak:

Prinzipiell muss das Bauen wieder attraktiver werden. Wir brauchen schnellere Genehmigungsverfahren, wir brauchen weniger Bürokratie, wir brauchen die Ausweisung von Baugebieten.

ÖDP-Kandidat Markus Lenk:

Da sollte man auch bei Herrn Söder nochmal nachfragen. Der Staat muss hier den Kommunen dringend genügend Möglichkeiten schaffen.

Bayernpartei-Kandidat Michael Kandler:

Man müsste das ländliche Wohnen finanziell attraktiver machen, denn auf dem Land gibt es genügend Wohnungen. Da müsste die Politik auch den Vermietern helfen, statt ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen, wenn man sie beispielsweise zu neuen Heizungen zwingt.

Linken-Kandidat René Liebermann:

Es stehen so viele Gebäude leer, in manchen Städten sind es ganze Straßenzüge. Wäre es nicht sinnvoll, dort Wohnungen einzurichten? Das wäre auch schneller und günstiger, als wenn man erst etwas baut. Wenn leerstehende Gebäude als Spekulationsobjekte genutzt werden, sollte man sie enteignen. Aber natürlich sollte man bei Enteignungen den Gegenwert dafür bezahlen.

AfD-Kandidat Mario Schulze:

Da sind wir wieder bei der Asyl-Frage. Man sagt den Flüchtlingen: Wir haben Platz. Aber offensichtlich haben wir den nicht. Also müssen wir das Signal klar nach außen senden: Wir haben keinen Platz mehr. Dafür steht die AfD: 100 Prozent Abschiebequote bei allen vollziehbar Ausreisepflichtigen.

Freie Wähler-Kandidat Stefan Frühbeißer:

Die öffentliche Hand müsste mehr machen. Man muss aber für jeden Ort das richtige Konzept finden. Es könnten Tiny-House-Siedlungen entstehen, es könnten WG-Modelle entstehen. Im ländlichen Raum gibt es viele Gebäude, die vom Wohnraum her nicht ausgenutzt werden. Oft wohnt die ältere Generation alleine in einem Haus, wenn die Jungen ausgezogen sind. Eventuell kann man hier Wohngruppen-Modelle entwickeln.

CSU-Kandidat Franc Dierl:

Was dem Wohnungsmarkt momentan schadet, ist die Diskussion um das sogenannte Heizungsgesetz (Interview fand vor der Entscheidung statt, Anm. d. Red.). Ich erlebe als Architekt tagtäglich, dass Menschen sagen: In bestehende Gebäude investieren wir nicht, weil wir nicht wissen, was kommt und wie es wird. Sie investieren dann lieber in Neubauwohnungen der gehobenen Klasse. Außerdem müssen wir den ländlichen Raum stärken, attraktiver machen, in der Folge haben wir auch nicht den Drang, in Ballungsräume zu ziehen.

SPD-Kandidat Halil Tasdelen:

Ein Beispiel: Die Stadt Bayreuth hat im Jahr 2017/18 einen Bebauungsplan auf den Weg gebracht, damit der Freistaat soziale Wohnungen in der Ludwig-Thoma-Straße bauen kann. Wieso braucht der Freistaat ewig, um mit dem Bau loszulegen? Wieso können wir nicht Baugenehmigungen beschleunigen? Wenn ich auf einem Gebiet die gleichen Häuser mit gleicher Statik baue, würde doch eine Baugenehmigung für den Bautyp reichen.

Grünen-Kandidat Tim Pargent:

Markus Söder hat die Wohnungsbaugesellschaft „Bayernheim“ mit großen Worten gegründet. Sie ist gefloppt. In Bayreuth war ein Wohnprojekt am Röhrensee geplant, das sich aber ewig hinzieht. Wir müssen mit der „Bayernheim“ endlich Tempo aufnehmen. Zweitens muss Bayern die Förderung für Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften ausbauen.

6. Noch immer leiden Unternehmen und Bürger unter den hohen Energiepreisen. Wie kann der Freistaat für günstige Energie sorgen?

So haben die Kandidaten diese Frage beantwortet:

“dieBasis”-Kandidatin Angelika Linhardt:

Warum ist überhaupt die Energie so teuer geworden? Man müsste erst mal die Ursachen erforschen.

FDP-Kandidatin Luisa Funke-Barjak:

Bayern hat bei den erneuerbaren Energien ja einen enormen Nachholbedarf. Die Genehmigungsverfahren sind bisher sehr langwierig. Noch dazu haben wir in Bayern die unsägliche 10H-Regelung, die den Ausbau der Windkraft komplett gebremst hat. Erst wenn wir schaffen, das aufzuholen, kann sich was am Preis ändern. 

ÖDP-Kandidat Markus Lenk:

Mittelfristig ist es wichtig, dass die Energiewende noch intensiver vorangetrieben wird. Kurzfristig ist es vielleicht schon hilfreich, befristet Subventionen zu zahlen. Aber gleichzeitig sollte noch mehr Anreize geschaffen werden, den Energieverbrauch weiter zu reduzieren. Das hat im industriellen Bereich in den letzten Jahren schon geklappt.

Bayernpartei-Kandidat Michael Kandler:

In erster Linie müsste Bayern mit den Steuern ein wenig runtergehen. Der Preis hat sich aber auch erhöht, weil man die Atomkraftwerke abgeschaltet hat. Die Bayernpartei ist an sich gegen Atomkraft. Aber wir brauchen gerade alle Möglichkeiten. Es gebe ja jetzt den Ansatz von Flüssigsalz-Reaktoren. Die sind nicht so groß, sie können die Region vor Ort versorgen. Vielleicht wäre Oberfranken damit autark.

Linken-Kandidat René Liebermann:

Ich denke, dass das eher ein bundesweites Problem ist. Ich weiß nicht, ob Bayern wirklich einen Alleingang machen kann. Der Strompreis-Deckel war ein Schritt in die richtige Richtung. Aber die einfachen Bürger müssten noch stärker entlastet werden

AfD-Kandidat Mario Schulze:

Die Kernkraft hat zuverlässig günstigen Strom geliefert. Natürlich ist das erst mal auf Bundesebene zur regeln. Aber Bayern als großer Netto-Zahler im Bund kann Einfluss in Berlin geltend machen. Das hätte schon die ganze Zeit passieren müssen. Wir brauchen die Kernkraft. Wind- und Solarkraft werden das Problem nicht lösen.

Freie Wähler-Kandidat Stefan Frühbeißer:

Es ist fatal, dass Windräder stillstehen, wenn sie einen „Überertrag“ haben. Da brauchen wir Speichertechnologien, damit die Windräder weiterlaufen können. Der Freistaat könnte außerdem mehr Pilotprojekte insbesondere für regionale Stromversorger fördern.

CSU-Kandidat Franc Dierl:

Ich bin der Meinung, wir waren einen Schritt zu schnell mit dem Komplettausstieg aus der Atomenergie. Wir hätten grundlastfähigen Strom gehabt. Jetzt steigen die Preise, da weniger Strom produziert wird. Bedauerlicherweise haben wir als Land Bayern keinen direkten Einfluss auf den europäischen Strommarkt.

SPD-Kandidat Halil Tasdelen:

Bayern hat die erneuerbaren Energien in den letzten Jahrzehnten gestoppt. Es muss klare Richtlinien geben, die beispielsweise den Bau von Windrädern erleichtern. Man muss aber auch sagen: Wir könnten mehr sparen – ohne zu frieren.

Grünen-Kandidat Tim Pargent:

Das schaffen wir, indem wir mehr Strom produzieren. Und der günstigste Strom, den wir produzieren können, kommt von den Erneuerbaren. Der Freistaat ist das größte Flächenland in Deutschland. Bayern muss seine Hausaufgaben machen und den Ausbau beschleunigen.

7. Wenn Sie in den Landtag gewählt werden: Wie würden Sie Ihren Alltag verändern, um genügend Zeit für das Amt aufzubringen?

So haben die Kandidaten diese Frage beantwortet:

“dieBasis”-Kandidatin Angelika Linhardt:

Meinen Beruf als Waldgesundheitsexpertin würde ich nicht ganz aufgeben, weil mir besonders die Kinder am Herzen liegen. Aber ich würde natürlich viel Zeit für den Landtag aufbringen. Wenn ich was mache, mach ich es ordentlich.

FDP-Kandidatin Luisa Funke-Barjak:

Selbstverständlich müsste ich beruflich und privat einiges umorganisieren. Aber ich bin ein Mensch, der ganz gut organisiert ist und alles gut durchtaktet. Das krieg ich hin.

ÖDP-Kandidat Markus Lenk:

Da werden wir vor allem in der Schule nach Lösungen suchen müssen. Im Privaten lässt es sich vermutlich ganz gut organisieren: Meine Kinder sind inzwischen „aus dem Gröbsten ‘raus“, da kann ich auch mal mehrere Tage am Stück nicht zuhause sein.

Bayernpartei-Kandidat Michael Kandler:

Das würde bedeuten, dass ich meine Hauptarbeitsstelle niederlege. Vielleicht würde ich nur noch als Berater fungieren. Ansonsten würde ich meine volle Aufmerksamkeit in mein Amt investieren.

Linken-Kandidat René Liebermann:

Die Planungen sind nicht sehr weit fortgeschritten, weil ich es für sehr unwahrscheinlich halte, dass wir auf die letzten Meter die Fünf-Prozent-Hürde reißen. Wenn das Wunder passieren sollte, leg ich mir einen neuen Tagesablauf zurecht.

AfD-Kandidat Mario Schulze:

Meine berufliche Tätigkeit würde dann natürlich ruhen, dadurch würde genug Zeit frei werden.

Freie Wähler-Kandidat Stefan Frühbeißer:

Das Bürgermeisteramt müsste ich per Gesetz abgeben. Der Wohnsitz wird selbstverständlich hier bleiben. Ich bin momentan mit meinen Aufgaben im Bezirk und Kreistag und den verschiedenen Verbänden aber eh öfters in München. Ich muss mich da also gar nicht groß umstellen. Einige klassische Bürgermeister-Temine werden wegfallen, beispielsweise bei den kleinen Vereinen vor Ort. Das werde ich schon bedauern.

CSU-Kandidat Franc Dierl:

Wer ein solches Amt ernst nimmt, muss sein Leben umkrempeln. Es ist nicht mit den Sitzungen im Landtag und den Ausschüssen getan in München. Außerhalb der Sitzungsperioden ist umfangreiche Präsenz im Stimmkreis notwendig. Der Beruf des Architekten tritt in den Hintergrund. In unserem kleinen Büro haben wir diesen Fall intensiv besprochen, mein Team wird auch ohne meine Präsenz weiterarbeiten, unter Führung eines langjährigen Mitarbeiters.

SPD-Kandidat Halil Tasdelen:

Ich stehe morgens um 5 Uhr auf und wenn es sein muss, arbeite ich bis Mitternacht. Ich organisiere vieles im Vorbeigehen, das ist vielleicht eine Gottesgabe. Am Wochenende bin ich in jeder freien Minute auf meinen Baustellen unterwegs – oder in meinem Garten. Mit dieser Energie werde ich mich für Oberfranken einsetzen.

Grünen-Kandidat Tim Pargent:

Ich bin ja bereits seit 2018 im Landtag. Das Amt ist ein Full-Time-Job. Ich pendle zwischen Bayreuth und München, bin viel in meinem Wahlkreis unterwegs, auch am Wochenende bin ich erreichbar. Wenn ich manchmal bei anderen Abgeordneten sehe, welche Nebeneinkünfte sie vorweisen, frage ich mich, ob deren Tag mehr als 24 Stunden hat.

“dieBasis”-Kandidatin Angelika Linhardt im bt-Interview

Landtagswahl 2023, SPD-Kanditat Halil Tasdelen

Ein aktuelles “dieBasis”-Wahlplakat

Name: Angelika Linhardt

Partei: dieBasis

Alter: 64 Jahre

Beruf: Waldgesundheitsexpertin

Geboren in: Chemnitz

Familienstand: zwei Kinder, geschieden

“Jeder, der eine andere Meinung hat, wird sofort in die rechte Ecke gestellt”

bt-Redaktion: Frau Linhardt, Ihre Partei hat einen schlechten Ruf. Mitglieder gelten als Verschwörungstheoretiker, als Rechtsextremisten, als Antisemiten.

Angelika Linhardt: Jeder, der eine andere Meinung hat, wird sofort in die rechte Ecke gestellt. Das stört mich tierisch in diesem Land – gerade durch Corona hat sich das extrem gezeigt. Das hat für mich wenig mit Demokratie zu tun.

Was bedeutet es für Sie, dass Ihre Partei immer wieder negative Schlagzeilen macht?

Mir wurde einmal etwas Wichtiges gesagt: „Bei allen Informationen, die Sie in den Medien lesen, nehmen Sie bitte das Gegenteil an. Und dann bilden Sie sich Ihre eigene Meinung.“ So lebe ich. Das hat mir sehr geholfen.

Aus dem Loch im Tisch steigen die Lösungen auf

Was hat Sie an der Basis überzeugt?

Unsere Werte. Wir haben vier Säulen: Achtsamkeit. Freiheit. Machtbegrenzung. Schwarmintelligenz.

Wie ich gelesen habe, stehen Sie innerhalb der Partei für die Säule der Schwarmintelligenz. Für was genau setzen Sie sich da ein?

Schwarmintelligenz bedeutet, dass viele mehr wissen als einer. Ich bringe Menschen in Kontakt zueinander und ermutige sie, ihre Meinung frei zu äußern. Ich gebe Ihnen dazu ein Bild: Stellen Sie sich einen großen runden Tisch vor, wie bei König Arthur und der Tafelrunde. In der Mitte des Tisches ist ein Loch. Jetzt setzen sich alle um diesen runden Tisch und sagen offen ihre Meinung. Wenn alle sich darauf einlassen und offen und tolerant sind, kann es durchaus sein, dass aus dem Nichts eine Lösung kommt, an die vorher keiner gedacht hat. Das kann auch für die parteiübergreifende Zusammenarbeit in Zukunft sehr hilfreich sein.

Für was würden Sie sich im Landtag konkret einsetzen?

Ich würde dafür sorgen wollen, dass es Volksentscheide gibt wie in der Schweiz. Die Leute müssen wieder das Gefühl haben: Unsere Probleme interessieren die da oben.

“Viele geben die Verantwortung für die eigene Gesundheit an den Arzt ab”

Was brennt denn den Leuten unter den Nägeln, worum sich die Politik nicht kümmert?

Eigenverantwortung in Bezug auf die Gesundheit. Viele geben die Verantwortung für die eigene Gesundheit an den Arzt oder die Krankenkasse ab. Corona hat mir gezeigt, dass es keine Lösungen für die Leute gibt, sondern nur Angst, Angst, Angst. Wenn mir jemand bezüglich meiner Gesundheit und generell Angst machen will, dann bin ich der Meinung, der will mir was verkaufen.

Sie meinen, die Menschen sollten sich bei ihrer Gesundheit eher selbst helfen?

Ja, natürlich. Ich bin Waldgesundheitsexpertin. Der Wald ist heilsam. Er strömt ganz viele Stoffe aus, die unser Immunsystem derart pushen, dass er uns gesund erhält. Dazu gibt es bereits viele wissenschaftliche Studien. Japan ist darin Vorreiter mit Shinrin Yoku.

Die Gesellschaft sei von der Natur entfremdet

Sie bieten Waldtherapie an. Wie stellen Sie sich den Umgang mit der Natur vor?

Ich leite jahresübergreifend mehrere Kindergruppen, um den Kindern Naturliebe und Wertschätzung auch für den Wald zu vermitteln. Was wir lieben und wertschätzen, zerstören wir nicht. Sie lernen auch die Verwendung von Wildkräutern und mehr. Unsere Gesellschaft ist naturentfremdet. Gar nicht so wenige Zivilisationskrankheiten kommen daher.

Zum Beispiel?

Depressionen. Wer sich mit dem Wald verbindet, lernt, wieder seine eigenen Bedürfnisse zu spüren. Unsere Vorfahren, die Germanen und die Kelten, haben im Wald gelebt. In unseren Genen ist das noch verankert. Ich sag mal provokant: Wir brauchen die Natur, aber die Natur braucht uns nicht.

Eine Übung der Waldtherapeutin

Wie sieht eine solche Übung aus, die Sie als Waldtherapeutin machen?

Gehen Sie im Frühling in den Wald und suchen Sie sich einen schönen Laubbaum, zum Beispiel eine Buche. Legen Sie sich mit einer Isomatte zwanzig Minuten unter den Baum und schauen Sie nach oben in das Blätterdach. Das ist etwas ganz Wundervolles, wenn man sich darauf einlässt. Man fühlt sich geborgen.

Groß- statt Kleinfamilie

Sie wohnen in einem umgebauten Lkw in einer Gemeinschaft bei Neudrossenfeld.

Es ist mir wichtig, in Gemeinschaft zu leben. Wir kommen aus Sippen und sind soziale Wesen. Alleine hätten uns in grauer Vorzeit die wilden Tiere zerfetzt. Ich finde es wertvoll und wohltuend, sich gegenseitig zu unterstützen.

Die Sippe hat sich zur Kleinfamilie entwickelt.

Die Kleinfamilie ist glaube ich mit der Grund, warum so viele überfordert sind. Ich bin noch mit drei Generationen im Haus aufgewachsen. Da kann man sich gegenseitig helfen.

Politik für den Frieden

Sie werden wie gesagt oft in die rechte Ecke gestellt. Wie ist denn Ihre Haltung zur Asylpolitik?

Jeder, der Asyl braucht, weil er in einer Extremsituation ist, muss Hilfe bekommen. Ich würde mich aber als Politikerin dafür einsetzen, die Kriege zu beenden, damit die Menschen in ihre Heimat zurückkehren können. Ich möchte mich für den Frieden und das Gemeinsame-Verbindende einsetzen.

FDP-Kandidatin Luisa Funke-Barjak im bt-Interview

Landtagswahl 2023, SPD-Kanditat Halil Tasdelen

FDP-Kandidatin Luisa Funke-Barjak

Name: Luisa Funke-Barjak

Partei: FDP

Alter: 40 Jahre

Beruf: Diplom-Kirchenmusikerin und Lehrstuhlsekretärin an der Universität Bayreuth

Geboren in: Bad Windsheim

Familienstand: verheiratet, ein Kind

Was sie für Bayerns Familien erreichen will

bt-Redaktion: Frau Funke-Barjak, Sie wollen sich in Bayern für Familien einsetzen. Sie selbst sind Mutter einer zehnjährigen Tochter. Wo liegen denn aus Ihrer Erfahrung heraus die Probleme?

Luisa Funke-Barjak: Die erste Herausforderung ist schon mal, einen Krippen- oder Kindergartenplatz zu bekommen. Das Betreuungsangebot muss besser sein, gerade für die ganz Kleinen. Damit die Eltern überhaupt die Möglichkeit haben zu wählen, ob sie auf die Arbeit gehen oder daheimbleiben. Bei den Angeboten an den Schulen ist es genauso.

Ist es für Sie erstrebenswert, dass beide Elternteile Vollzeit arbeiten gehen?

Jeder muss es für sich selbst entscheiden. Mir geht es um die Wahlfreiheit. Auch an den Öffnungszeiten können wir was machen. Wenn ich bis 17 Uhr arbeiten muss, darf die Kita nicht um 16 Uhr zumachen. Und auch da braucht es eine Fachkräfte-Offensive, damit wir die nötigen Erzieherinnen und Betreuer haben.

“Die Einwanderung brauchen wir – ich glaube, das kann keiner leugnen”

Wo sollen die Fachkräfte herkommen?


Es ist ganz schwierig, Kita-Fachkräfte zu kriegen. Die Vergütung muss besser werden, auch schon in der Ausbildung.

Welche Rolle sollte die Einwanderung bei den Fachkräften spielen?

Die Einwanderung brauchen wir – ich glaube, das kann keiner leugnen. Wir müssen schauen, dass wir ausländische Fachkräfte anwerben und sie schnell in den Arbeitsmarkt integrieren. Dazu brauchen wir Sprachkurse, dazu brauchen wir Weiterbildung und unbürokratische Verfahren.

Wie die Kirchenmusikerin auf den Islam in Deutschland blickt

Soll die Einwanderung auch der Überalterung unserer Gesellschaft entgegenwirken? Oder müsste die Politik auch einheimische Familien stärker fördern?

Man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen. Wenn man die Voraussetzungen für die Familien verbessert, ist das ein Schritt. Aber das reicht nicht. Wir brauchen trotzdem die Fachkräfte aus dem Ausland.

Sie haben Kirchenmusik in Bayreuth studiert und arbeiten nebenbei noch in dem Bereich. Wie sehen Sie die Vereinbarkeit von Christentum und Islam in Deutschland?

Mit unserem Grundgesetz haben wir da eigentlich die Antwort. Die Religionsfreiheit garantiert, dass es für jeden eine persönliche Entscheidung ist. Glaube ist für mich etwas ganz Persönliches.

Das Bayreuther Bahnproblem

Gehen wir zurück zum Thema Wirtschaft. Welche Anreize bräuchte die Industrie in Oberfranken?

Ein großer Punkt, der unserer Wirtschaft unter den Nägeln brennt, ist die Bahnanbindung. Bayreuth wäre schon mit einer besseren Taktung nach Nürnberg geholfen. Die Geschäftspartner von Unternehmern kommen mit dem Flugzeug nach Nürnberg und reisen mit der Bahn in Bayreuth an. Und unsere Unternehmen müssen auch ihre Güter in die Welt bringen. Die Anbindung an die A9 ist gut, aber über die Schiene passiert bisher wenig.

Welche Zukunft hat das Auto in Bayern?

Mir ist wichtig, dass wir nicht Verkehrsteilnehmer gegeneinander ausspielen. Man sieht ja, wie in Bayreuth die Diskussion um die Erlanger- und die Bismarckstraße hochgekocht ist. Außerdem kann man gerade im ländlichen Raum derzeit schwer aufs Auto verzichten.

Gegen den geplanten Bayreuther Radweg

Ist der Radweg dort eine gute Idee?

Ich bin aktuell dagegen, Ich nutze den Radweg am Mistelbach eigentlich täglich, für mich ist der ausreichend. Ich weiß, dass es schwierig ist, dort mit Kindern spazierenzugehen, weil Fahrradfahrer durchbrausen. Aber wenn man die Bismarckstraße einspurig macht, hat das Folgen für die Pendler aus dem ganzen Landkreis. Als die Testphase war, hatten wir massiven Ausweichverkehr über Meyernberg und die Altstadt. Da sind die Wohngebiete als Umgehungsstrecke genutzt worden. Das hilft uns auch nicht.

Privatisierung könne funktionieren – auch bei Kliniken

Manche Bayreuther befürchten zurzeit eine Privatisierung des Klinikums. Ihre Fraktion im Stadtrat hat den Antrag gestellt, eine Privatisierung zu prüfen. Ist es für Sie prinzipiell ein guter Weg, mehr Kliniken in Bayern in private Hand zu geben?

Das kann man pauschal nicht sagen. Man muss den Einzelfall genau prüfen und abwägen. Dafür muss man aber erst mal alle Zahlen auf dem Tisch haben. Aber dass Privatisierung funktionieren kann, sieht man an den Beispielen Hof und Pegnitz.

Worin sie sich mit den Grünen einig ist

Im Bund koaliert Ihre Partei mit den Grünen. Wollen Sie auch eine grüne Energiewende vorantreiben?

Wir sind uns mit den grünen Kollegen einig, dass die bayerische 10H-Regel bei Windkrafträdern gebremst hat. In dem Bereich wollen wir pragmatische Lösungen – wenn vom Naturschutz her nichts dagegen spricht.

Heißt pragmatisch, dass man auch mal in Wohnhausnähe ein Windrad bauen kann?


Wenn alle einverstanden sind, ja.

ÖDP-Kandidat Markus Lenk im bt-Interview

Landtagswahl 2023, SPD-Kanditat Halil Tasdelen

Ein Wahlplakat der ÖDP

Name: Markus Lenk

Partei: ÖDP

Alter: 54 Jahre

Beruf: Lehrer

Geboren in: Athen

Familienstand: verheiratet, zwei Kinder

Was unterscheidet die ÖDP von den Grünen?

bt-Redaktion: Herr Lenk, es gibt doch schon die Grünen. Wieso braucht man auch noch die ÖDP?

Markus Lenk: Jetzt, da die Grünen in Regierungsverantwortung sind, müssen sie natürlich viele Kompromisse eingehen. Ich denke, dass es viele Grünen-Wähler gibt, denen mancher Kompromiss zu weit geht. Deswegen braucht es eine „grüne“ Alternative.

Welche Kompromisse der Grünen können Sie nicht vertreten?

Auf Bundesebene passiert in den Bereichen Energie und Verkehrswende aus meiner Sicht noch zu wenig. Und nicht optimal ist einfach die Kommunikation mancher durchaus guter Ideen.

“Ich halte es grundsätzlich nicht für den richtigen Weg, Heizungen, die noch gut funktionieren, herauszureißen”

Apropos schlechte Kommunikation: Was sagen Sie zum umstrittenen Heizungsgesetz?

Medial wurde es sehr negativ dargestellt. Ich denke schon, dass es in die richtige Richtung geht. Man muss Anreize schaffen, veraltete Heizungen mit fossilen Brennstoffen auszutauschen. Aber es lässt sich natürlich über Fristen und Ausnahmen streiten. Ich halte es grundsätzlich nicht für den richtigen Weg, Heizungen, die noch gut funktionieren, herauszureißen. Das ist sicher in vielen Fällen ökologisch nicht besser.

Welche Regelung würden Sie sich für Gas- und Ölheizungen wünschen?

Wir müssen schon schauen, dass wir bald von fossilen Energieträgern wegkommen. Aus ökologischen Gründen, aber auch, um unabhängiger zu sein. Das sollte sobald wie möglich geschehen, ohne dass ich persönlich dafür konkrete Fristen nennen kann. Aber man sollte mehr Anreize für einen Heizungstausch schaffen.

In Oberfranken gibt es viele Privatwald-Besitzer, die mit dem eigenen Holz heizen. Ist das aus Ihrer Sicht eine gute Energieform?

Ich finde das eigentlich eine gute Sache. Denn Holz ist ein regionaler, nachwachsender Rohstoff. Aber die Holzheizung muss so ausgestattet sein, dass nicht zu viel Feinstaub in die Luft geblasen wird. Und die Forstwirtschaft sollte eben nachhaltig sein – es darf nur so viel Holz aus dem Wald genommen werden, wie auch nachwächst. Noch wichtiger ist es, das Holz als Bau- und Werkstoff zu nutzen. Dadurch wird CO2 viel länger gespeichert.

Wie sich der Verkehr in Bayreuth verändern sollte

Welcher Punkt unterscheidet die ÖDP besonders von den Grünen?

Die ÖDP ist die einzige Partei, die ehrlich anspricht, dass ein unbegrenztes Wachstum auf einem begrenzten Planeten nicht möglich ist. Hier müssen unbedingt Wege hin zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise gefunden werden und zwar auf allen Ebenen. Weniger ist dabei oft mehr.

Wie sollte sich der Verkehr in Bayreuth und Umgebung verändern?

Was ich schon mal gut finde, ist, dass man versucht, die Taktung der Busse auf dem Land zu verbessern. Ich komme aus Eckersdorf, da fahren die Busse mittlerweile in einem engeren Takt. Insgesamt wird der ÖPNV auf dem Land aber selbst mit solchen Verbesserungen noch viel zu wenig angenommen. Da müssen weitere Anreize für den Umstieg geschaffen werden und es muss auch ein Mentalitätswechsel bei der Bevölkerung stattfinden.

“Man sollte den Radfahrern mehr Platz einräumen”

Wo fehlen denn die Anreize – zum Beispiel ganz konkret in Bayreuth?

Beispielsweise muss das Radwegenetz noch besser ausgebaut werden: Man sollte den Radfahrern mehr Platz einräumen. Und an kritischen Stellen das Konfliktpotential vermindern. Ein Beispiel: Wenn ich als Radfahrer beim ZOH vom Mühltürlein reinkomme, darf ich offiziell auf dem Fußgängerweg fahren. Aber dabei fahre ich natürlich zwischen den Leuten, die in die Busse einsteigen. Da erntet man schon ab und zu böse Blicke. Wenn man den Radweg vorher schon auf den geteerten Bereich umleiten würde, wo auch die Busse fahren, könnte man diese Situation entschärfen. Um Radfahren attraktiv zu machen, muss es auch die Möglichkeit geben, sich mit dem Rad zügig durch die Stadt fortbewegen zu können.

“Grundsätzlich ist E-Mobilität für mich auch nur eine Zwischenlösung”

Fahren Sie ein E-Auto?

Nein, aktuell nicht. Grundsätzlich ist E-Mobilität für mich auch nur eine Zwischenlösung. Aus meiner Sicht sollte es im Bereich der Antriebstechnik eher in Richtung Wasserstoff-Technologie gehen. Denn bei den E-Autos sind sowohl die ökologischen Probleme bei der Herstellung als auch dem Recycling der Batterien und bei der Bereitstellung der nötigen Mengen an regenerativ erzeugtem Strom noch nicht vollständig geklärt. Ein noch viel wichtigerer Beitrag, den jeder leisten kann, ist aber, einfach weniger mit dem Auto zu fahren.

Welche anderen Forderungen sind Ihnen wichtig – außerhalb vom Umweltschutz?

Die ÖDP unterstützt auch die Einführung eines Erziehungs- und Pflegegehaltes, damit Familien die Entscheidungsfreiheit haben, wie sie ihre Kinder in den ersten Lebensjahren betreuen oder Angehörige pflegen lassen. Diese Familienleistungen müssen sich auch in der Rente widerspiegeln. Ein solches Gehalt könnte auch unser überlastetes Pflege- und Betreuungssystem entlasten.
Die ÖDP setzt sich für eine stärkere Gemeinwohlorientierung in unserer Gesellschaft ein. Außerdem haben wir eine klare Linie beim Thema Lobbyismus.

Gegen Lobbyismus in der Politik

Welchen Umgang mit Lobbyisten fordern Sie?

Wir setzen uns für mehr Transparenz ein. Es muss klar sein, welcher Politiker von wem Spenden bekommt und welche Lobbyisten mit welchen Politikern sprechen. Die ÖDP geht dabei noch weiter und nimmt grundsätzlich keine Unternehmensspenden an. Das ist zwar ein großer Nachteil im Wahlkampf, da wir dadurch deutlich weniger Geld für Wahlwerbung einsetzen können als viele andere Parteien. Aber uns ist es wichtig, dass Parteien unabhängig von äußerer Einflussnahme arbeiten können.

Bayernpartei-Kandidat Michael Kandler im bt-Interview

Landtagswahl 2023, SPD-Kanditat Halil Tasdelen

Bayernpartei-Kandidat Michael Kandler

Name: Michael Kandler

Partei: Bayernpartei

Alter: 39 Jahre

Beruf: Selbständig in der Lüftungs- und Klimatechnik

Geboren in: Weiden

Familienstand: ledig, ein Kind

Forderung: Bayern soll eigener Staat werden

bt-Redaktion: Herr Kandler, wieso soll Bayern aus der Bundesrepublik austreten?

Es geht so viel bayerisches Geld durch den Länder-Finanz-Ausgleich verloren. Wenn die vielen Milliarden in einem Topf bleiben würden, dann würde das viele Probleme lösen. Wir könnten Steuern senken, vom Netto-Lohn würde mehr übrig bleiben, vielleicht müssten die Leute nicht mehr so lange arbeiten.

Gibt es neben den wirtschaftlichen noch andere Gründe?

Wir haben über die Jahrzehnte hinweg gesehen, dass es mit Bayern und der Bundesrepublik nicht funktioniert. Auch das Bildungssystem ist nicht kompatibel. Bayern ist halt ein bisschen weiter als andere Bundesländer. Das führt zu Problemen, wenn beispielsweise jemand aus Sachsen in Bayern studieren will. Aber passt es wirtschaftlich, dann passt der Rest. Zum Beispiel auch beim Thema Familie.

Ein Elternteil sollte daheimbleiben können

Was würde das für die bayerischen Familien bedeuten?

Die Eltern müssen zurzeit all ihre Mühe ins finanzielle Einkommen stecken. Das erzeugt eine Schlüsselkind-Generation. Die Kinder kommen heim und müssen sich selbst ihr Essen in der Mikrowelle aufwärmen. Wenn die Kinder merken: Die Arbeit nimmt die Familie weg, dann ist das abschreckend. Deswegen gibt es wohl immer mehr Schüler, die keinen Bock auf eine Ausbildung haben.

Müsste man es den Familien erleichtern, dass ein Elternteil wieder daheimbleiben kann?

Das wäre der Wunschgedanke. Es muss nicht die Frau sein, die daheimbleibt. Aber wäre dieses Problem behoben, wären viel mehr junge Menschen bereit, etwas zu leisten. Dann müssten wir auch nicht ins Ausland fahren, um nach Fachkräften zu werben. Wir haben ja das Potential im Land, aber über diese Menschen wird konsequent hinweggesehen.

Der Absturz der Bayernpartei – welche Rolle spielte die CSU?

Die Bayernpartei ist aktuell nicht im Landtag. Wieso hat sie scheinbar so wenig Erfolg?

In den ersten Jahren war die Bayernpartei im Landtag, damals lief es richtig gut. Aber dann ist es so gekommen wie jetzt beim Hubert Aiwanger – kurz vor der Wahl wird man halt geschröpft. Bei der Bayernpartei war es damals die Spielbanken-Affäre. Da ging es darum, dass Politiker der Bayernpartei Lizenzen zum Betreiben von Spielbanken an Privatpersonen vergeben hatten. Die CSU hat behauptet, dass die Spielbank-Interessenten Schmiergelder an die Bayernpartei gezahlt hätten. Beweise hat es zwar nicht gegeben, aber die CSU hat es irgendwie glaubwürdig dargestellt. Es ist auch zu einer Verurteilung gekommen. Das hat das Image der Bayernpartei geschädigt. Und seitdem ist sie irgendwie in Vergessenheit geraten.

“Ich erlebe auch oft, dass die Leute sagen: ‘Mensch, so verkehrt seid ihr gar nicht’”

Machen Sie sich dann überhaupt Hoffnungen, dass Sie als Direktkandidat gewählt werden?

Natürlich ist die Hoffnung da. Es wäre aber eine stolze Leistung. Wir haben bei der letzten Wahl mit 1,1 Prozent abgeschlossen. Allerdings sind nach der Corona-Zeit die Faktoren anders. Während dieser Zeit haben viel mehr Leute begonnen, sich für Politik zu interessieren. Ich erlebe auch oft, dass die Leute sagen: „Mensch, so verkehrt seid ihr gar nicht, wieso hört man denn von euch nix?“

Wenn Bayern eigenständig werden sollte: Müsste man als Franke nicht befürchten, dass der Norden zugunsten von Altbayern benachteiligt wird?

Die Sorge ist berechtigt. Aber das heißt ja nicht, dass alles von München aus vorgeschrieben wird. Denn in einer Demokratie soll ja das Volk bestimmen. Die Mehrheit muss zählen.

Es soll also weiter Bezirke und Bezirkstage geben?

Genau.

Für den Dialekt

In Bayern spielt traditionell die Kirche eine große Rolle, vor allem die katholische Kirche in Südbayern. Wie blickt die Bayernpartei auf das Thema?

Meine persönliche Meinung ist: Die Kirche hat ihren festen Platz, sie gehört zum kulturellen Leben. Aber ich kann nachvollziehen, dass viele die Kirche nicht mehr als elementar betrachten.

Würde sich die Bayernpartei denn auch mehr für die Dialekte einsetzen?

Es gab ja mal den Ansatz, dass Lehrkräfte im Unterricht ein sehr klares Hochdeutsch sprechen müssen. Das hat viel kaputtgemacht. Das Problem ist aber: In der Arbeitswelt versteht nicht jeder den Dialekt, gerade in der Großstadt. Deswegen muss man sich halt anpassen – es ist ein notwendiges Übel. Aber die Bayernpartei ist an sich für den Erhalt von Dialekten. Wer Dialekt spricht, gilt gleich als Bauer. Wir müssen klarmachen, dass es unsere Heimatsprache ist.

Was den typischen Bayern ausmacht

Was zeichnet denn eigentlich einen typischen Bayern aus?

Der Bayer ist ziemlich gradraus. Eine Diskussion mit einem Bayern wird lebhaft. Aber der Bayer ist auch offen für eine Gegenmeinung, er nimmt das nicht bös.

Linken-Kandidat René Liebermann im bt-Interview

Landtagswahl 2023, SPD-Kanditat Halil Tasdelen

Linken-Kandidat René Liebermann

Name: René Liebermann

Partei: Linke

Alter: 55 Jahre

Beruf: Antiquar

Geboren in: Bayreuth

Familienstand: verheiratet, ein Kind

Wieso er Hammer und Sichel auf dem T-Shirt trägt

bt-Redaktion: Herr Liebermann, auf Ihrem T-Shirt steht „Red Action Antifa“. Manche Antifa-Anhänger gehen mit Gewalt gegen Andersdenkende vor.

René Liebermann: Ich war schon immer Pazifist, das weiß jeder, der mich kennt. Ich bevorzuge andere Methoden: demonstrieren, Kommentare abgeben, Präsenz zeigen, die Lügen der Rechten aufdecken. Dafür braucht es die Antifa. Der Eindruck, der in der Öffentlichkeit entsteht, ist völlig falsch. Es sind Einzelne, die meinen, sie müssten den Rechten eins auf die Mütze hauen. Für die meisten, die sich mit der Antifa identifizieren, gilt das nicht.

Auch Hammer und Sichel prangen auf Ihrem T-Shirt. Das Symbol steht für ein System, unter dem zig Millionen Menschen gestorben sind.

Das ist ein bisschen Provokation. Aber ich will nicht die DDR zurück. Ich würde mich auch nicht als Kommunist bezeichnen, sondern als Sozialist. Das ist ein großer Unterschied. Ich bin aber auch nicht der Meinung, dass die DDR oder die Sowjetunion kommunistische Staaten gewesen wären. Das war Staatskapitalismus.

Wenn Sie für den Sozialismus sind, ist das nicht anti-demokratisch?

Überhaupt nicht. Das bedeutet letztlich, dass uns der soziale Aspekt sehr wichtig ist.

Macht die AfD falsche Versprechen?

Sie sagen, Sie wollen die Lügen der Rechten aufdecken. Wie belügt die AfD aus Ihrer Sicht die Wähler?

Die meisten Leute würden die AfD nicht wählen, wenn sie wüssten, was im Wahlprogramm steht. Die AfD ist von vorne bis hinten wirtschaftsliberal. Das ist eine Politik, die die Reichen reicher macht und die Armen ärmer. Nach außen hin treten sie auf, als ob sie der Anwalt des kleinen Mannes wären. Aber das sind sie nicht. Das ist eine Lüge.

Die AfD hat bei der letzten bayerischen Landtagswahl 10,2 Prozent der Stimmen bekommen. Laut Umfragen sollen es diesmal mehr werden. Die Linken hingegen könnten wieder an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Was macht Ihre Partei denn falsch?

Das eine ist die Causa Wagenknecht. Ich höre in Bayreuth andauernd von Leuten: “Ich kann euch nicht wählen, solange die Wagenknecht noch bei euch ist.” Wenn sie weg wäre, würden vielleicht viele Wähler zurückkommen.

Ob er jemals einem AfD-Antrag zustimmen würde

Nehmen wir an, Sie sitzen im Landtag. Die AfD bringt einen Antrag ein, dem Sie inhaltlich zustimmen. Wie würden Sie sich verhalten – würden Sie dem Antrag Ihre Stimme geben?

Es ist schwierig. Die Frage ist auch, aus welchen Gründen man etwas will. Die AfD will auch keine Waffenlieferungen an die Ukraine. Aber sie wollen es aus egoistischen Gründen, um Deutschland zu schützen. Wir sind gegen Waffenlieferungen, damit nicht noch mehr Menschen sterben. Bis jetzt habe ich noch nie etwas von der AfD gehört, wo ich gesagt hätte: Da haben sie recht.

Wie kann Integration aus linker Sicht gelingen?

Wie soll denn die Integration von Flüchtlingen aus Ihrer Sicht gelingen?

Eine einfache Antwort habe ich darauf auch nicht. Aber wenn man fast schon Ghettos bildet, bei denen die Flüchtlinge keinen Kontakt zu Deutschen haben, kommt es zu Frustration. Eine bessere Durchmischung wäre wünschenswert.

Wie sollte aus Ihrer Sicht der öffentliche Nahverkehr in der Region künftig aussehen?

Ich würde den öffentlichen Nahverkehr kostenlos machen. Das würde auch für das Klima was bringen. Und man müsste die Bahn wieder in staatliche Hand geben. So etwas ist nicht zum Geldverdienen da. Die Bürger zahlen schon Steuern dafür, dass ihnen sowas zur Verfügung gestellt wird.

“Ich bin wahrscheinlich der einzige in meiner Partei, der gerne Wagner hört”

Werfen wir einen Blick auf die Bayreuther Kultur. Der Freistaat hat angekündigt, die Förderung für die Bayreuther Festspiele zu erhöhen. Setzt Bayern bei der Kultur-Förderung die richtigen Schwerpunkte?

Ich bin wahrscheinlich der einzige in meiner Partei, der gerne Wagner hört. Die Festspiele werden aber schon recht großzügig gefördert. Bei anderen Sachen zeigt die Regierung weniger Interesse.

Was sollte man fördern?

Das Angebot für jüngere Leute. Man bräuchte zum Beispiel in Bayreuth eine Konzertstätte, in der auch mal unbekanntere Sachen spielen können. Punk-Bands zum Beispiel, oder auch Techno.

Letzte Generation und bayerische Tradition

Welchen Umgang mit der Letzten Generation wünschen Sie sich vom Freistaat?

Die Politik sollte einfach das machen, was sie fordern. Die Forderungen sind nicht so radikal. Ein Tempolimit auf Autobahnen und ein 9-Euro-Ticket sind sowieso überfällig.

Aber ist wirklich die Mehrheit der Bayern für ein Tempolimit?

Die Mehrheit ist manchmal ein bisschen auf dem falschen Dampfer. Es gibt immer noch viele, die den Klimawandel für einen ausgemachten Witz halten.

Die CSU stellt sich als die Partei dar, die das traditionelle Bayern vertritt. Wie stehen Sie zum Thema bayerische Tradition?

Ich bin überhaupt nicht gegen das Traditionelle. Jeder muss für sich selbst entscheiden, wie er leben will.

AfD-Kandidat Mario Schulze im bt-Interview

Landtagswahl 2023, SPD-Kanditat Halil Tasdelen

AfD-Kandidat Mario Schulze

Name: Mario Schulze

Partei: AfD

Alter: 25 Jahre

Beruf: Unternehmensberater und Jura-Student

Geboren in: Dresden

Familienstand: ledig

“Ich rede gern mit Leuten, die mir respektvoll ihre Meinung sagen”

bt-Redaktion: Herr Schulze, was genau versprechen Sie sich von der kommenden Wahl?

Mario Schulze: Ich will für die Themen der AfD sensibilisieren. Ich habe meine Telefonnummer auf die Wahlplakate gedruckt, um den Bürgern wieder einen Ansprechpartner vor Ort zu geben. Das wird gut angenommen.

Wie oft rufen Bürger bei Ihnen an?

Aktuell sind es etwa fünf, sechs pro Tag. Teils sind es auch Leute mit kritischer Stimme. Aber das ist in Ordnung, ich rede gerne mit Leuten, die mir respektvoll ihre Meinung sagen. Was ich nicht mag, sind Unverschämtheiten und Unterstellungen.

Wurden Sie auch schon am Telefon beleidigt?

Am Telefon nicht, aber gestern hatten wir zum Beispiel in Ahorntal einen Vorfall, wo ein Herr vor unseren Augen eines unserer Wahlplakate heruntergeschnitten und mich beleidigt hat. Ich habe ihn dabei gefilmt, er hat mir das Handy aus der Hand geschlagen.

Warum Bürger bei ihm anrufen

Mit welchen Problemen rufen Bürger bei Ihnen an?

Oft sind es kleine Sachen: Wenn jemand zum Beispiel seit Jahren immer durch das gleiche Schlagloch in der Straße fahren muss. Die Politik ist auch für solche Themen da. Denn wenn man merkt, dass es diese Schlaglöcher auf vielen Straßen gibt, dann ist es eben doch ein großes Problem. So etwas erfährt man nur durch den Bürgerkontakt.

Da wir gerade bei regionalen Problemen sind. In Bayreuth hat kürzlich die Diskussion um eine mögliche Privatisierung des Klinikums für Aufregung gesorgt. Was halten Sie davon?

Wenn ich mir die Zahlen ansehe, ist mir schleierhaft, wie sich Stadt und Landkreis das leisten können sollen. Gerade in Hinblick auf den geplanten Neubau oder Umbau. Aber ich würde mir auch mehr Transparenz wünschen. Solche Themen werden oft in nicht-öffentlicher Sitzung verhandelt. Das finde ich nicht gut, die Öffentlichkeit sollte informiert werden.

Wie könnte eine Lösung aussehen?

Es ist auf jeden Fall wichtig für Bayreuth, dass wir hier einen Vollversorger haben. Wenn es keinen passenden privaten Betreiber gibt, muss sich der Freistaat damit beschäftigen. Das ist eine wichtige staatliche Aufgabe. Genau dafür muss Geld ausgegeben werden.

Den Autoverkehr weiter fördern

Wie soll sich denn der öffentliche Nahverkehr in Bayreuth und Umgebung Ihrer Ansicht nach entwickeln?

Hier gibt es zwei Interessen. Das eine Interesse ist, eine gute Beförderung für die Menschen sicherzustellen. Das andere Interesse ist das ideologische. Man versucht, in gewissen Punkten unbedingt klimaneutral zu werden – ganz egal, ob das wirtschaftlich sinnvoll ist. Diese ideologische Seite lehne ich ab. Wir müssen unsere Infrastruktur so ausrichten, dass die Verkehrsmittel gefördert werden, die am meisten genutzt werden.

Sie sagen also: Man muss das fördern, was oft genutzt wird. Verfechter der Verkehrswende würden vielleicht sagen: Oft genutzt wird das, was am meisten gefördert wird.

Das ist der Unterschied zwischen Freiheit und Bevormundung – oder, weiter gedacht, dem Sozialismus. Ob die Bürger mit dem Bus fahren oder mit dem Auto, ist ihre Entscheidung. Der Staat sollte nicht aus ideologischen Gründen bestimmte Technologien subventionieren.

Gegen Windräder im Wald

Aber ist der Klimaschutz nicht ein Staatsziel?

Ich glaube nicht, dass wir im Landkreis die Welt retten. Aufgabe des Staates wäre es eher, unsere Umwelt zu schützen.

Was würde Umweltschutz in der Region bedeuten?

Zum Beispiel der Schutz von unangetasteten Naturräumen. Wir dürfen keine Windräder im Wald bauen.

Was ist die deutsche Leitkultur?

Die AfD fordert eine konsequente Abschiebung von ausreisepflichtigen Flüchtlingen. Aber wie sollen aus Ihrer Sicht diejenigen integriert werden, die hier Asyl bekommen?

Integration braucht Leitkultur. Es ist zum Beispiel keine gute Idee, auf einem Amt die Infoblätter auf Arabisch auszulegen. Es muss stattdessen gute Angebote zur Sprachförderung geben. Aktuell scheitert die Integration meiner Meinung nach daran, dass keinerlei Integrationsdruck da ist. Es darf auch keine Kuscheljustiz geben, die Gesetze gelten für alle.

Was gehört zur deutschen Leitkultur – neben der Sprache und den Gesetzen?

Dazu gehört unser aufgeklärter Ansatz: Dass man sich seines eigenen Verstandes bedient und nicht einfach die Meinung der Mehrheit übernimmt. Das hat Deutschland früher groß gemacht.

Für Volksentscheide in Bayern

Die AfD fordert Volksentscheide. Würden Sie sich dafür im Landtag einsetzen?

Ja. Ich würde Volksentscheide gerade über grundlegende Sachen fordern: Abschaffung der CO2-Steuer – ja oder nein? Netzausbau – ja oder nein? Es ist ein Grundsatz unserer Partei, die Demokratie nach dem Schweizer Vorbild umzusetzen. Dazu gehört übrigens auch maximale Transparenz. Dass zum Beispiel Mitgliedschaften in Vereinen oder Lobby-Organisationen von Politikern offen gelegt werden.

In welchen Vereinen sind Sie denn Mitglied?

Ich bin in keinem Verein Mitglied. Außer im ADAC.

Freie Wähler-Kandidat Stefan Frühbeißer im bt-Interview

Landtagswahl 2023, SPD-Kanditat Halil Tasdelen

Freie Wähler-Kandidat Stefan Frühbeißer

Name: Stefan Frühbeißer

Partei: Freie Wähler

Alter: 54 Jahre

Beruf: Bürgermeister (Pottenstein)

Geboren in: Pottenstein

Familienstand: in Partnerschaft, eine Tochter

Wieso er von Pottenstein nach München will

bt-Redaktion: Herr Frühbeißer, Sie sind seit etwa 21 Jahren Bürgermeister von Pottenstein. Wieso wollen Sie überhaupt in den Landtag wechseln?

Stefan Frühbeißer: Als ich in Pottenstein angetreten bin, stand die Kommune wirtschaftlich sehr schlecht da. Wir hatten in der Spitze 9,6 Millionen Euro Schulden. Damals haben mich Bekannte angesprochen, ob ich nicht als Bürgermeister antreten will. Mittlerweile sind wir bei 2,5 Millionen Euro Schulden, Pottenstein hat sich nicht schlecht entwickelt. Ähnlich wie damals baten mich nun enge Freunde, ob ich nicht auch im Landtag gute Arbeit machen will.

Einer Ihrer Schwerpunkte ist der Tourismus. Wie könnte der Freistaat den Tourismus im Bayreuther Land fördern?

Wir haben im Landkreis Bayreuth viele finanzschwache Kommunen. Da gibt es das Problem, dass Stabilisierungs-Gemeinden keine touristischen Investitionen als sogenannte freiwillige Leistungen tätigen dürfen. Der Freistaat muss den Tourismus bei Gemeinden, die darauf angewiesen sind, als Pflichtaufgabe anerkennen. Aber wir müssen auch mehr mit privaten Investoren zusammenarbeiten.

“Oberfranken ist so schön, dass man gar nicht viel mehr Großprojekte bauen müsste”

Welche Vorteile haben private Investoren?

Bei einem privaten Investor geht es mitunter schneller, weil er keine unzähligen Gremien-Sitzungen braucht. Wir haben in Pottenstein mit der Erlebnismeile einen riesengroßen Erfolg, weil überwiegend professionelle Privatbetreiber dabei sind.

Welche Tourismusprojekte im Bayreuther Land wären Ihrer Ansicht nach wichtig?

Oberfranken ist so schön, dass man gar nicht viel mehr Großprojekte bauen müsste. Das Problem ist eher die grundlegende Infrastruktur, wie Radwege und Beherbergungsbetriebe. Die Gaststätten machen zu, es gibt immer weniger Zimmer für Übernachtungen.

Die Zeit der großen Wellness-Hotels ist vorbei

Braucht die Region also mehr Hotels?

Nicht mehr Hotels. Wir brauchen mehr Unterkünfte, aber die Zeit der großen Wellness-Hotels wie etwa im Bayerischen Wald ist vorbei. Was ganz wichtig sein wird, ist naturnaher Tourismus. Ferienhäuser im Chalet-Stil beispielsweise. In Püttlach haben wir bereits ein schönes Beispiel mit dem Hüttendorf.

Wie ist es mit Einkaufsmöglichkeiten vor Ort?

Wir wollten in Elbersberg einen Dorfladen einrichten. Zuerst war die Begeisterung groß. Aber dann haben wir mal ausgerechnet, was jeder Haushalt dort kaufen müsste, damit es sich lohnt. Letzten Endes haben viele gesagt: Wir fahren sowieso für die Arbeit nach Pegnitz, dann kaufen wir dort auch ein. Das zeigt, dass der Druck größerer Einzelhandelszentren nicht aufzuhalten ist.

Bewusstsein fürs Heimische schaffen

Kann man den Trend also nicht umkehren?

Wohl nicht – aber wir müssen in den Schulen das Bewusstsein wecken. Wenn beispielsweise Eltern im Auto den Gurt nicht angelegt hatte, sagten wir ihnen das Kind, dass sie sich anschnallen müssen. Weil wir das in der Schule gelernt haben. Die Schulen sollten mit den Kindern heimische Betriebe und Landwirtschaft ansehen, und zeigen, wie wichtig regionale Produkte sind.

Damit die Kinder dann zum Beispiel sagen: „Mama, kauf lieber beim Metzger im Dorf statt im Supermarkt“?

Ja, genau; Bewusstseinsbildung beginnt bei den Kindern.

“Viele Länder schauen sehr genau auf Deutschland”

Der hiesigen Natur setzt zurzeit der Borkenkäfer zu. Sie gehen selbst privat öfters mal ins Holz. Wie kann der Freistaat die Waldbesitzer unterstützen?

Es gibt seit vielen Jahren Förderprogramme für den Waldumbau. Aber wichtig wäre, dass man die Absatzmärkte stärkt und mehr heimische Hölzer für öffentliche Bauten nutzt.

Wie stehen Sie allgemein zum Thema Klimaschutz? Manche sagen, auf regionaler Ebene könne man eh nichts verändern.

Das sehe ich anders. Viele Länder schauen sehr genau auf Deutschland und speziell auf Bayern. Wir vom Wirtschaftsband „A9 Fränkische Schweiz“ wurden vor einigen Jahren zu einem Kongress in China eingeladen. Sie wollten erfahren, wie ländliche Entwicklung in Bayern funktioniert. Wir müssen mit gutem Beispiel vorangehen.

Was halten Sie denn von Photovoltaik-Anlagen auf landwirtschaftlichen Feldern? Sollte der Freistaat mehr darauf setzen?

Ich sehe das überwiegend skeptisch. Wenn wir von Flächenverzehr sprechen, können wir nicht zigtausend Hektar mit Photovoltaik-Anlagen zupflastern. Wir müssten eher den Strom produzieren, wo er gebraucht wird. Photovoltaik-Anlagen an Pendlerparkplätzen und Rastanlagen wären zum Beispiel sinnvoll, dort könnten E-Autos laden. Wir haben außerdem unzählige Gebäude, die wir für Photovoltaik-Anlagen nutzen könnten. Nicht nur die Dächer, auch die Fassaden.

Der Blick auf den Flugblatt-Skandal

Sie treten bei der Landtagswahl für die Freien Wähler an. Wie bewerten Sie die Flugblatt-Diskussion rund um Hubert Aiwanger?

Ich urteile nicht öffentlich über andere. Für mich war es befremdlich, dass das ausgerechnet zum Wahlkampf-Auftakt durch die Medien getrieben worden ist. Das haben auch viele in der Bevölkerung so gesehen.

CSU-Kandidat Franc Dierl im bt-Interview

Landtagswahl 2023, SPD-Kanditat Halil Tasdelen

CSU-Kandidat Franc Dierl

Name: Franc Dierl

Partei: CSU

Alter: 53 Jahre

Beruf: Architekt

Geboren in: Marktredwitz

Familienstand: verheiratet, zwei Kinder

Wie ist die Stimmung im Bayreuther Land?

bt-Redaktion: Herr Dierl, wir leben in einer Zeit der Krisen, heißt es immer wieder. Wie nehmen Sie die Atmosphäre in der Bayreuther Region wahr?

Franc Dierl: In der Tat sagen mir viele: „Eine so schlechte Zeit hatten wir schon lange nicht mehr.“ Ich stelle dann immer die Frage, wo sie denn tatsächlich betroffen sind. Wir leben in einer der sichersten Regionen der Erde, wir leben in einer der wirtschaftlich stärksten Regionen. Aber natürlich ist die Sicherheit trügerisch, wenn man den Krieg in der Ukraine anschaut.

Eindeutige Haltung gegenüber der AfD

Wie wollen Sie Wähler für sich und die CSU gewinnen, die gerade zur AfD tendieren?

Ich versuche den Menschen zu erklären, dass es in Deutschland nie wieder rechtes Gedankengut in Entscheidungsfunktionen geben darf. Ich sage immer: Fahrt nach Flossenbürg, schaut euch an, was dort passiert ist. Das hat mit Populismus und der Diskriminierung von Menschen begonnen. Und das passiert jetzt erstaunlicherweise wieder.

Ist der Zuspruch für die AfD für Sie wirklich mit dem Beginn der Nazi-Zeit vergleichbar?

Es hat alles irgendwo seinen Anfang genommen. Und wenn man mit Populismus spielt, wenn man Minderheiten verunglimpft, dann ist das eine Form der Diskriminierung, wie sie die Nationalsozialisten auch betrieben haben. Wenn man genau hinhört, merkt man, welches Gedankengut in dieser Partei vertreten ist.

Wie volksnah ist die CSU noch?

Hat die CSU zu wenig für ihre konservativen Wähler getan?

Die Ampelregierung in Berlin hat so massiv an Akzeptanz verloren, wie es noch bei keiner vorherigen Bundesregierung der Fall war. Da wäre es ungerecht, nur zu sagen, die Konservativen müssten sich um den rechten Rand kümmern.

Aber die CSU hat an Zustimmung in Bayern verloren. Die Zeiten mit über 50 Prozent der Stimmen sind wohl vorbei.

Die Volksparteien verlieren in ganz Europa an Zustimmung. Auch die Rechten nehmen europaweit zu. Die CSU wird immerhin bei um die 40 Prozent gehandelt. Wir sind damit eine der letzten Volksparteien in Europa.

Wahlkampf mit Franz Josef Strauß

Bei uns in der Region hängen einige CSU-Plakate, auf denen ganz groß Franz Josef Strauß zu sehen ist. Hat die CSU nicht mehr genug ansprechende aktuelle Gesichter?

Ich bin immer noch Strauß-Fan. Kann man nicht mit einer historischen Person werben, die für dieses Land Unglaubliches geleistet hat? Strauß hat viele Sachen gesagt, die sich immer wieder bewahrheiten.

Zum Beispiel?

Von Strauß kann man lernen, wie man mit den politischen Konkurrenten umgeht. Man darf den Rechten gegenüber keine Handbreit nachgeben. Ich dulde da keine Aussagen, auch nicht im Freundeskreis. Auf Grund eindeutiger Positionierung in Richtung der AfD haben ich bereits eine Freundschaft beendet.

Bayern hat mehr regenerative Energie als oft behauptet

Die CSU steht auch dafür in der Kritik, dass sie angeblich den Ausbau der Erneuerbaren Energien verschlafen hat.

Ich frage mich, wo dieses Argument immer herkommt. Wir haben im Vergleich zu Baden-Württemberg das Doppelte an grundlastfähiger Energie. Und Baden-Württemberg ist grün regiert. In meiner Heimatgemeinde Speichersdorf erzeugen wir 3,5-mal mehr regenerative Energie, als wir brauchen. Windkraft ist dabei nur ein kleiner Teil. Das meiste kommt aus der Biomasse, Photovoltaik und Wasserkraft. Allgemein liegen wir in Bayern bei in diesen Bereichen vorne. Nur bei der Windkraft hängen wir etwas hinterher.

Reicht das aus, um eine stabile Grundlast herzustellen?

Dazu müssen wir Energie speichern. Der grüne Wasserstoff ist hier wichtig. Wir haben eine hervorragende Anlage in Wunsiedel, die Modellcharakter hat. Das wollen wir vorantreiben, dafür müssen wir weiter Gelder bereitstellen.

Was halten Sie von Windrädern im Wald?

Kommunen müssen 1,8 Prozent ihrer Fläche für Windkraft zur Verfügung stellen. Wir haben in Oberfranken einen Windatlas, der uns zeigt, wo Windräder funktionieren. Aber die Probleme erlebe ich in Speichersdorf. Die drei windreichsten Gebiete liegen in Waldgebieten, da habe ich dann Bauchschmerzen. Die Windräder brauchen nicht nur große Fundamente, sondern die Bauteile müssen auch in den Wald transportiert werden. Das heißt, es muss abgeholzt werden, damit die Lkws mit den langen Bauteilen überhaupt reinfahren können. Da muss man schon genau überlegen und abwägen ob man das überall machen will.

Die Zukunft der Dörfer Oberfrankens

Die Landwirtschaft sorgt sich um das auch von der CSU geplante Verbot der Anbindehaltung. Was droht den oberfränkischen Bauern? Hier gibt es ja wenig Weidehaltung.

Die Gefahr, dass durch das Verbot die Landwirtschaft den Bach runtergeht, sehe ich nicht. Ich habe mir neulich bei einem befreundeten Landwirt angesehen, wie die Offenstall-Haltung funktioniert. Ich war fasziniert. Die Kühe können sich frei bewegen, gehen selbständig in die Melkanlage. Das heißt: Wenn ein Landwirt in die Zukunft investiert, kann das auch seinen Arbeitsalltag erleichtern. Was allerdings dringend gebraucht wird ist Rechtssicherheit für Investitionen.

Gerade im ländlichen Raum spielen Vereine eine große Rolle. Muss auch hier die Politik helfen, damit sie nicht aussterben?

Man muss unterscheiden: Gesangsvereine beispielsweise sind tatsächlich in der Krise, aber bei den Feuerwehren haben wir dieses Probleme in der Form nicht. Das höre ich immer wieder, wenn ich im Landkreis unterwegs bin. Grundsätzlich ist eine Vereinsförderung natürlich wichtig, besonders bei Vereinen die für das Allgemeinwohl unerlässlich sind. Dies betrifft insbesondere unsere freiwilligen Feuerwehren. Zu kurz kommen darf auch nicht eine Unterstützung der Sportvereine, hier leisten oft die Kommunen Schützenhilfe. Ein wichtiger Teil unserer ländlichen Kultur sind unsere Vereinsfeste. Überrascht bin ich von der Vielzahl an Festen nach Corona in der Region. Oftmals wird hier umorganisiert, in Nemmersdorf zum Beispiel haben sich sechs Vereine zusammengetan, um die Kerwa zu stemmen.

SPD-Kandidat Halil Tasdelen im bt-Interview

Landtagswahl 2023, SPD-Kanditat Halil Tasdelen

SPD-Kandidat Halil Tasdelen

Name: Halil Tasdelen

Partei: SPD

Alter: 50 Jahre

Beruf: Bautechniker, aktuell freigestellter Betriebsrat

Geboren in: Savur, Türkei

Familienstand: zwei Kinder, getrennt lebend

Wie Integration gelingen kann

bt-Redaktion: Herr Tasdelen, Sie sind in den frühen 80ern aus der Türkei nach Bayreuth gekommen. Wie können wir die heutigen Flüchtlinge Ihrer Erfahrung nach integrieren?

Halil Tasdelen: Ich habe mich nur integrieren können, weil man mich sofort in den BSV 98 gesteckt hat. Nach drei Monaten ist die „Gosch’n“ genauso gegangen wie jetzt. Deswegen ist einer meiner Schwerpunkte die Sportstätten-Förderung. Wir müssen Plätze fürs Miteinander schaffen und das Vorhandene sanieren.

Viele Einwanderer sind Muslime. Bayern ist traditionell katholisch geprägt. Welche Rolle sollen die Religionen im Bayern der Zukunft spielen?

Die Religionen sind verdammt wichtig, sie sind Nahrung für den Geist. Ich bin praktizierender Moslem. Ich bete fünfmal am Tag. Einmal im Jahr setze ich mich hin, rechne mein Vermögen aus und spende 2,5 Prozent an die Armen.

Welchen Einfluss sollen Kirche und Islam in der Politik haben?

Die Religionsgemeinschaften sollten sich nicht in die Politik einmischen. Ich brauche auch keinen Muezzin-Ruf in Bayern. Und die Kirchenglocken stören mich auch nicht – das gehört dazu, das ist die Tradition.

“Da muss viel saniert werden”

Wie Sie sagen, geht die Integration auch über die Sportstätten. Wie gut ist die Bayreuther Region da aufgestellt?

Wir waren mal sehr gut aufgestellt. Aber die ganzen Sportstätten sind in den 50er- und 60er-Jahren gebaut worden. Da muss viel saniert werden – hier muss die Politik dem Ehrenamt unter die Arme greifen.

Wie sieht es mit dem Nachwuchs bei den Vereinen aus?

Es ist viel schlechter geworden. Die Jugendlichen haben nicht mehr viel für Sport übrig. Aber für die soziale und emotionale Bildung sind Vereine und Sport verdammt wichtig.

Was kann man da machen?

Der Sportunterricht in der Schule muss einen höheren Stellenwert haben – und darf nicht ständig ausfallen.

Der Ärger über das Heizungsgesetz

Im Wahlkampf kommt man viel rum. Wie ist denn die Stimmung in der Bayreuther Region?

Die Leute sind tatsächlich unzufrieden. Ich muss ehrlich sagen: Die Planlosigkeit der Politik bei gewissen Themen kotzt auch mich an – etwa beim Gebäudeenergie-Gesetz, dem Heizungsgesetz. Damit hat man die Menschen der AfD in den Schoß gepeitscht. Nicht getrieben, sondern gepeitscht.

Das Gesetz wurde von Ihrer SPD mitbeschlossen. Was hat die Regierung falsch gemacht?

Ich hätte mir vom Genossen Scholz gewünscht, dass er beim Heizungsgesetz auf den Tisch gehauen und gesagt hätte: Lieber Robert Habeck, das müssen wir nochmal besprechen.

Richten wir den Blick nach Bayreuth: Was könnte man denn hier für die Energiewende machen?

Die Stadtwerke müssten schauen, wo Fernwärme möglich ist. Außerdem könnten wir festschreiben, dass jedes Haus eine Zisterne haben muss. Ich habe eine Zisterne und gieße daher das ganze Jahr mit Regenwasser. Deswegen ist meine Stockrose nicht 1,80 Meter groß sondern 3,50 Meter.

Berufspolitiker sollten mindestens fünf Jahre gearbeitet haben

Sie sind gelernter Tiefbaufacharbeiter, arbeiten bei der Baufirma Markgraf. Was halten Sie von Politikern, die nie in einem normalen Beruf gearbeitet haben?

Meine größte Forderung ist: Ein Berufspolitiker sollte ein abgeschlossenes Studium oder eine Ausbildung und mindestens fünf Jahre Berufserfahrung vorweisen müssen. Es kann nicht sein, dass jemand von der Uni oder von der Schule in den Landtag oder Bundestag geht. Einem solchen Menschen fehlt doch die Lebenserfahrung.

Einer Ihrer Schwerpunkte ist das Thema Bauen und Wohnen. Nun steht zurzeit das Einfamilienhaus in der Kritik: Mancher Grüne sagt, man solle lieber in die Höhe bauen, um weniger Fläche zu versiegeln. Wie stehen Sie dazu?

Ich bin nicht gegen Einfamilienhäuser. Wir sollten aber auch wagen, in die Höhe zu gehen. Man könnte doch zum Beispiel mehr Büros auf Supermärkten bauen.

Mehr Industrie, weniger Bürokratie

In Oberfranken spielt die Industrie eine große Rolle. Was kann die Politik unternehmen, um neue Betriebe anzuziehen und die alten zu erhalten?

Es gibt Millionen Fördergelder, die wir abgreifen können. Wenn ich in den Landtag gewählt werde, stelle ich mit Sicherheit einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin ein, der oder die sich nur um das Beschaffen von Fördergeldern kümmert. Und wir müssen mehr auf die Wirtschaft zugehen, ihnen die Rahmenbedingungen schaffen. Wenn jemand mit dem Geldkoffer nach Oberfranken kommt, sagt der vom Bauamt vielleicht: Kommen Sie in drei Wochen wieder, ich hab jetzt Urlaub. Wir müssen aktiv auf die Gewerbetreibenden zugehen.

Das bringt uns zum Thema Bürokratie. Für welche Veränderungen wollen Sie sich da stark machen?

Die Behandlung von Baugenehmigungen muss schneller vorangehen. Wenn hier zusätzliches Personal gebraucht wird, dann müssen eben neue Mitarbeiter eingestellt werden. Nutzungsänderungen müssen erleichtert werden. Wenn du in Bayreuth aus einem indischen Restaurant ein Fisch-Restaurant machen willst, musst du erneut deine Statik und deinen Brandschutz nachweisen. Obwohl das alles schonmal erstellt worden ist.

Wie geht für Sie das Leben weiter, wenn Sie nicht gewählt werden?

Dann denke ich mir: Halil, Gott hat wohl was Besseres mit dir vor.

Grünen-Kandidat Tim Pargent im bt-Interview

Landtagswahl 2023, SPD-Kanditat Halil Tasdelen

Grünen-Kandidat Tim Pargent

Name: Tim Pargent

Partei: Grüne

Alter: 30 Jahre

Beruf: Landtagsabgeordneter

Geboren in: Pegnitz

Familienstand: verheiratet

Kann Bayern das Klima retten?

bt-Redaktion: Die Grünen stehen vor allem für Klima- und Umweltschutz. Können solche globalen Probleme überhaupt regional gelöst werden?

Tim Pargent: Weltweit haben sich Staaten dem Klimaschutz verpflichtet, insbesondere im Pariser Klimaabkommen. Da müssen auch die Kommunen mithelfen. Deswegen kämpfen wir Grünen dafür, dass Klimaschutz für die bayerischen Kommunen zur Pflichtaufgabe wird. Das vereinfacht es für die Kommunen, Maßnahmen zu finanzieren. Denn solange es freiwillige Leistungen sind, kann die Regierung sie streichen.

Welche Klimaschutzmaßnahmen wären denn aus Ihrer Sicht in der Bayreuther Region nötig?

Stadt und Landkreis könnten zum Beispiel Vorranggebiete für Windräder ausweisen. Die Bayreuther Stadtwerke könnten mehr erneuerbare Energie selbst produzieren. Natürlich muss vieles davon im Landkreis passieren, denn für Windräder und Photovoltaik-Anlagen brauchen wir Flächen. Die Stadtwerke könnten hier als Scharnier zwischen Stadt und Land fungieren.

Wo der Strom für die E-Autos herkommen soll

Wie soll der Verkehr der Zukunft in Bayern aussehen?

Im städtischen Raum wie in Bayreuth müssen wir den Radverkehr und den ÖPNV stärken. Im ländlichen Raum ist der ÖPNV auch wichtig, aber wir können den Verkehr nicht komplett darauf verlagern. Dort müssen wir die Elektro-Mobilität ausbauen. Indem wir beispielsweise schauen, ob die Netze schon gut genug ausgebaut sind, um den nötigen Strom bereitzustellen. Außerdem sollten die Kommunen auf ihren Gebäuden mehr Photovoltaik-Anlagen installieren.

Wo sind dabei die Grenzen? Wäre beispielsweise eine Solaranlage auf dem Festspielhaus für Sie denkbar?

Auf dem Festspielhaus wahrscheinlich nicht. Aber wir haben Turnhallen, große Industriedächer oder auch Supermärkte. Da könnten wir ganz einfach Flächen finden. Auch die Überdachung von Parkplätzen wäre eine Idee. Denn dann können direkt darunter E-Autos laden. Auch im Denkmal-Bereich muss es einfacher werden, Photovoltaik-Anlagen zu installieren. Das betrifft aber vor allem Privatleute, denen es erleichtert werden soll, Anlagen auf ihren denkmalgeschützten Gebäuden zu installieren.

Solaranlagen auf landwirtschaftlichen Feldern?

Was halten Sie davon, landwirtschaftliche Felder für Solaranlagen zu verpachten?

Wir müssen da steuernd eingreifen. Die Anlagen sollten nicht auf die fruchtbarsten Böden kommen. Sondern auf Flächen, die für die Landwirtschaft nicht allzu ertragreich sind. Bei der Windkraft schauen wir ja auch nicht nur, dass genug Wind da ist, sondern dass das Windrad einen guten Standort hat, der beispielsweise nicht zu nah neben Wohnhäusern liegt.

Wie ist es mit Windrädern im Wald?


Das kann ich mir grundsätzlich vorstellen. Unter den Erneuerbaren Energien haben Windräder den geringsten Flächenverbrauch. Ein Windrad braucht nicht mal einen halben Hektar Fläche. Natürlich sind dann Ausgleichspflanzungen an anderer Stelle nötig. Aber wir sollten uns nicht zu sehr auf den Wald konzentrieren. Und in sensiblen Waldbereichen bin ich gegen Windräder.

Wird es einen “Veggie-Tag” in Bayern geben?

Werden die Grünen einen verpflichtenden vegetarischen Tag pro Woche in Bayern einführen?

Nein, das wollen wir nicht. Aber wir wollen ein kostenloses Mittagessen an allen Schulen in Bayern finanzieren. Damit wollen wir die Verbreitung von regionalen Lebensmitteln an Schulen verbessern. Und die Kinder würden sich mit dem Thema gesunde Lebensmittel mehr auseinandersetzen.

Welche anderen Hilfen für sozial Schwache würden die Grünen in Bayern gerne umsetzen?

Uns schwebt vor, staatliche Leistungen sozial zu staffeln, beispielsweise das Familiengeld. Bisher kriegen bei manchen Leistungen alle gleich viel – ob Zahnarzt oder Krankenschwester. Wenn wir die Leistungen staffeln, werden Mittel frei, die wir anderweitig im Sozialbereich einsetzen können.

“Cannabis ist keine harmlose Droge”

Die Ampel-Regierung will Cannabis legalisieren, die bayerische Regierung ist dagegen. Wie stehen Sie dazu?

Ich halte die Cannabis-Legalisierung für grundsätzlich richtig. Wir brauchen nichts beschönigen: Es ist keine harmlose Droge. Aber das Totalverbot bringt keinen Jugendschutz. Der Dealer fragt nicht nach dem Ausweis. Und das Cannabis, das im Umlauf ist, ist verunreinigt. Wir brauchen eine vernünftige Legalisierung verbunden mit Kontrolle und Aufklärung.

Grüne Politik steht im Ruf, der Industrie zu schaden. Wie könnte man aus Ihrer Sicht in Oberfranken die Industrie stärken?

Wir haben in Oberfranken die größte Industriedichte in Bayern. Es geht erst mal darum, die Betriebe hier am Standort zu halten. Ein Problem sind die fehlenden Fachkräfte. Neben der Integration von Flüchtlingen müssen wir dafür sorgen, dass die Betreuung von Kindern verbessert wird. Denn wir haben viele Eltern, die mehr arbeiten wollen, aber nicht können. Auch günstigere Energie ist wichtig. Da haben wir grad in Oberfranken großes Potential, besonders für Windkraft.

Der Blick auf den Flugblatt-Skandal

Der Wahlkampf war zuletzt von der Aiwanger-Diskussion dominiert. Wie blicken Sie darauf?

Ich blicke fassungslos darauf. Nicht aufgrund dessen, was Hubert Aiwanger vielleicht in seiner Schulzeit gemacht hat. Sondern aufgrund dessen, wie er jetzt damit umgeht. Ich habe keine glaubhafte Entschuldigung gehört, sondern nur ein Schimpfen auf die Medien. Das hat großen Schaden am Ruf des Freistaats angerichtet. Er ist als stellvertretender Ministerpräsident nicht mehr haltbar.